Prof. Dr. med. Frank Ulrich Montgomery, der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), stellte in seiner Eröffnungsrede die Positionen der Ärzteschaft dar und adressierte die Forderungen der Ärzteschaft insbesondere auch an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU).
Prof. Montgomery warnte vor der Einführung einer Bürgerversicherung, da sie zu einer echten Zwei-Klassen-Medizin führen würde. Er plädierte für den Erhalt der freien Arztwahl ebenso wie der ärztlichen Freiberuflichkeit, da diese entscheidende Faktoren seien, um die Qualität und Professionalität des Arztberufes und durch die Einbeziehung der ärztlichen Expertise die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens zu gewährleisten.
Er kritisierte den Investitionsstau in den Krankenhäusern und die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens. Das wirtschaftliche Ergebnis erhalte einen höheren Stellenwert als die medizinische Leistung, mit der Gefahr, dass die medizinische Indikationsstellung aus wirtschaftlichen Gründen optimiert werde. Ärzte dürften nicht zu Erfüllungsgehilfen ökonomischer Optimierungsstrategien gemacht werden. Die Ökonomisierung habe auch zur Folge, dass es zu wenig Personal, zu lange Arbeitszeiten, eine schlechte Organisation, überfüllte Notfallambulanzen und zu viel Bürokratie gebe.
Der BÄK-Präsident begrüßte daher das Gesetzgebungsvorhaben, mit dem die Bundesregierung Personaluntergrenzen für die Pflege vorgeben will. Dies reiche jedoch nicht aus. Notwendig seien Personaluntergrenzen für das gesamte medizinische Krankenhauspersonal.
Der DVTA unterstützt die Forderungen der BÄK. Die Gewährleistung der medizinischen Leistungsfähigkeit durch ausreichendes und qualifiziertes Personal muss Top-priorität des Gesundheitswesens sein. Nur so kann eine optimale Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten garantiert und der Patientensicherheit Rechnung getragen werden.
Gesundheitsminister Hermann Gröhe betonte, dass das Ziel seiner Gesundheitspolitik und der Gesetzgebungsverfahren sei, die vielen guten Spitzenleistungen im deutschen Gesundheitswesen zu einer bestmöglichen Mannschaftsleistung zusammenzuführen, um eine patientenorientierte Weiterentwicklung des Gesundheitswesens zu erzielen. Der verantwortungsvolle Umgang mit den Mitteln der solidarischen Krankenversicherung sei notwendig, müsse aber stets den Patienten und nicht die Ökonomisierung in den Mittelpunkt stellen.
Der Deutsche Ärztetag bekräftigte erneut, dass er eine Substitution ärztlicher Leistungen und Aufgaben durch nicht ärztliche Gesundheitsberufe ablehne und dass die ärztliche Diagnose wie Therapie nicht delegierbar seien, insbesondere auch nicht an Physician Assistants.
Bezüglich des in Deutschland seit 2008 an zehn überwiegend privaten Hochschulen und Fachhochschulen angebotenen Bachelorstudiengangs „Arztassistent“ (Physician Assistant) beschloss der Deutsche Ärztetag proaktiv vorzugehen und Einfluss auf die Inhalte der Ausbildung sowie auf das Niveau der Ausbildung zu nehmen. Der Deutsche Ärztetag forderte den BÄK-Vorstand und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) dazu auf, zu verhindern, dass der Studiengang zum Arztassistenten ein grundständiges Studium wird. Besser wäre eine akademische Weiterbildung, die auf einen vorhandenen Ausbildungsberuf (zum Beispiel Altenpfleger, Krankenpfleger) aufbaut. Dies wurde damit begründet, dass ein grundständiges Studium einen zusätzlichen Gesundheitsberuf in das System einführen und damit die Heterogenität, wie auch die zu erwartenden Schnittstellen- und Kommunikationsprobleme weiter erhöhen würde. ###more###
Das Konzept von BÄK und KBV sieht als Aufgaben von Physician Assistants zum Beispiel die vorbereitende Erhebung der Krankengeschichte sowie ihre Dokumentation, die Einordnung typischer Laborbefunde, die Mitarbeit bei Endoskopien, die Anlage und vorbereitende Auswertung von Langzeitblutdruckmessungen, das Legen peripherer Gefäßzugänge, das Anlegen von Infusionen, die Applikation von Medikamenten, das Vor- und Nachbereiten des OP- und des Instrumententischs sowie die zweite chirurgische Assistenz bei Operationen vor.
Nach diesem Konzept gehören die Anamnese, die Indikationsstellung, die Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Leistungen, das Stellen der Diagnose, die Aufklärung und die Beratung des Patienten, die Entscheidung über die Therapie und die Durchführung invasiver Therapien einschließlich der Kernleistungen operativer Eingriffe nicht zu den Aufgaben des Physician Assistant.
Der DVTA begrüßt, dass sich der Deutsche Ärztetag dafür einsetzt, die bestehende Heterogenität der Gesundheitsberufe zu begrenzen. Der DVTA sieht die Lösung dementgegen darin, dass der Patient im Mittelpunkt stehen muss und dass die notwendigen medizinischen Leistungen von den Gesundheitsberufen ausgeführt werden sollten, die kraft ihrer Ausbildung dafür die notwendige fachliche Kernkompetenz haben, wie zum Beispiel die MTA. Man sollte nicht immer wieder neue Berufe kreieren, wenn bereits bestehende Gesundheitsberufe diese Leistungen qualifiziert erbringen oder durch Weiterbildung dazu in die Lage versetzt werden können.
Dr. med. Ulrich Clever, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, stellte ein Modell der Fernbehandlung vor, in dem zum Beispiel die Anamnese und Befunderhebung per Telefon erfolgten, um den Patienten eine zeitgemäße und allzeit verfügbare Methode der Kontaktaufnahme, der Beratung, der medizinischen und therapeutischen Hilfe zu verschaffen. Wichtig sei es dabei aber, die berufsrechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, die insbesondere geeignet sind, Missbrauch durch einen Genehmigungsvorbehalt der Landesärztekammern zu verhindern. Ein Kriterienkatalog der Landesärztekammer soll die Einhaltung von medizinischen Standards sowie von Datenschutz- und Qualitätsanforderungen sicherstellen. Clever betonte, dass die ausschließliche Fernbehandlung den Arzt nicht ersetzen werde, sondern ein Mittel zur Patientenbindung und zur Vermeidung unnötiger Arztbesuche sein könne.
Der Deutsche Ärztetag befürwortet die Durchführung von Modellprojekten. Die BÄK wurde aufgefordert zu prüfen, ob die (Muster-) Berufsordnung für Ärzte dergestalt ergänzt werden könnte, dass die Ärztekammern in Einzelfällen Ausnahmen für definierte Projekte mit wissenschaftlicher Evaluation zulassen könnten. Dabei sollte insbesondere sichergestellt werden, dass die Patienten der Fernbehandlung zustimmen müssen und die Möglichkeit des direkten Arzt-Patienten-Kontaktes flächendeckend weiterhin zu gewährleisten sei.
Der DVTA unterstützt diese Forderung des Ärztetages. Zudem müsse dafür Sorge getragen werden, dass im Bereich schon bestehender Fernbehandlungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel der Teleradiologie, in der noch zu schaffenden Verordnung zum neuen Strahlenschutzgesetz, die bisherigen Regelungen des § 3 Abs. 4 RöV erhalten bleiben und das Regionalprinzip den Arzt-Patienten-Kontakt weiterhin flächendeckend gewährleistet.
Entnommen aus MTA Dialog 7/2017
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