Welche Rolle spielen Immunzellen bei der Blutplättchen-Reifung?
Die Blutplättchen (Thrombozyten) sind lebenswichtige Akteure in der Wundheilung und Blutstillung. Eine zu geringe Anzahl kann verheerende Blutungen verursachen, während eine Überproduktion das tödliche Risiko von Thrombosen erhöht. Die Konstanthaltung (Homöostase) der Thrombozytenzahl im Blut ist daher von zentraler Bedeutung für den Körper. Thrombozyten werden kontinuierlich von den Megakaryozyten (MKs) gebildet und ans Blut abgegeben. Forschende des LMU-Klinikums und des Biomedizinischen Zentrums (BMC) haben nun entdeckt, dass Zellen des angeborenen Immunsystems (plasmazytoide Dendritische Zellen; pDCs) maßgeblich die Ausreifung neuer MKs steuern und damit auch die Bildung der Blutplättchen. Zudem passen pDCs die Menge der MKs präzise an den Bedarf des Körpers an.
Blick auf das Knochenmark
Um herauszufinden, wie MKs entstehen (Megakaryopoese), hatten die Erstautoren bestehend aus Florian Gärtner, Hellen Ishikawa-Ankerhold, Susanne Stutte und Wenwen Fu einen Blick auf den Entstehungsort der MKs, das Knochenmark, geworfen. Dabei haben sie herausgefunden, dass die Vorläuferzellen der MKs bei der Blutplättchenbildung (Thrombopoese) vollständig verbraucht und ständig ersetzt werden. Dieser entscheidende Prozess wird von Zellen des angeborenen Immunsystems, den pDCs reguliert. Bisher waren pDCs dafür bekannt, in geringen Mengen im Blut zu patrouillieren, um als eine der ersten Immunzellen eine virale Abwehr einzuleiten.
Zusammenhang zu Infektionen
„Hier haben wir einen neuen Vorgang identifiziert, bei dem pDCs auch innerhalb des Knochenmarks patrouillieren und jederzeit ‚messen‘, wie groß der Bestand der verbrauchenden Megakaryozyten ist“, sagen die Erstautoren. Durch eine Freisetzung ihrer Botenstoffe regen pDCs bei Bedarf die Megakaryopoese aus Vorläuferzellen an. Hier steuere demnach das Immunsystem die Homöostase der MKs. Da pDCs außerdem eine Rolle bei der Abwehr viraler Erreger spielen und entsprechend bei Virusinfektionen aktiviert werden, könnte sich hier die bisher unbekannte Verbindung zwischen Infektionen wie z.B. COVID-19 und Influenza und deren Auswirkungen auf die Blutplättchenbildung finden. „Bei Patienten mit schwerem COVID-19-Krankheitsverlauf konnten wir eine Anhäufung von aktivierten pDCs im Knochenmarkgewebe feststellen“, sagt Gärtner. „Die pDCs standen in engem Kontakt mit MKs, was zudem bei diesen Patienten mit einer übermäßigen MK-Anzahl korrelierte.“
Thrombozyten-Produktion beeinflussen?
Die Forschenden vermuten, dass eine pharmakologische Modulation des pDC-vermittelten homöostatischen Kreislaufs für diese Patienten von Nutzen sein könnte. Die Aufdeckung dieses Mechanismus könnte die Grundlage zur Erforschung neuer Behandlungsmethoden von COVID-19 und anderen Erkrankungen sein, welche mit einer deregulierten Blutplättchen-Produktion einhergehen. „Die gezielte Beeinflussung der pDC-gesteuerten Megakaryopoese bietet Möglichkeiten zur Steigerung oder Unterdrückung der Thrombozyten-Produktion in verschiedenen klinischen Szenarien“, erklärt Gärtner.
Quelle: idw/LMU
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