Warum scheitern Antibiotika-Therapien bei nicht-resistenten Keimen?

Gängiges Konzept der Persister auf dem Prüfstand
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Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Salmonella-Bakterien
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme von Salmonella-Bakterien. © Universität Basel, Biozentrum/Swiss Nanoscience Institute, Nano Imaging Lab)
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Ohne Antibiotika geht es in der modernen Medizin nicht. Doch warum sind sie manchmal unwirksam, selbst wenn die Bakterien nicht resistent sind? Dies hat eine Studie untersucht.

Es ist ein Phänomen, das ernsthafte Konsequenzen für den Patienten haben kann. Bei einigen bakteriellen Erkrankungen wirken Antibiotika nicht so gut wie erhofft. Ein Beispiel sind Infektionen mit Salmonellen, die Krankheiten wie Typhus verursachen. Das Hauptproblem, so nahm man lange Zeit an, seien einige wenige Bakterien, die sich in einem schlafähnlichen Zustand befinden. Diese sogenannten „Persister“ wären zwar nicht resistent im klassischen Sinne, könnten aber die Behandlung mit Antibiotika überleben und später Rückfälle verursachen. Forschende weltweit arbeiten daher an neuen Therapieansätzen, die gezielt diese „Schläfer“ angreifen und eliminieren sollen. Doch ist das wirklich des Rätsels Lösung?

Irreführende Ergebnisse bei Labortests?

Das Team um Prof. Dr. Dirk Bumann vom Biozentrum der Universität Basel hinterfragt in einer neuen Studie nun diese Erklärung für unwirksame Therapien. „Entgegen der weit verbreiteten Auffassung ist nicht eine kleine Gruppe von Persistern für das Scheitern von Antibiotika-Behandlungen verantwortlich. Vielmehr sind nahezu alle Salmonellen im infizierten Gewebe nur schwer und langsam abzutöten“, erklärt Bumann. „Wir konnten zeigen, dass die üblichen Labortests irreführende Ergebnisse liefern und somit ein falsches Bild von einzelnen widerstandsfähigen Persistern vermitteln.“

Langsames Bakterienwachstum als Problem

In ihrer Studie untersuchten die Forschenden die Antibiotika-Wirkung sowohl in Mäusen, die mit Salmonellen infiziert waren, als auch in Labormodellen, die die Bedingungen im Körper simulieren. Der Körper verringert zur Abwehr von Bakterien zum Beispiel die Verfügbarkeit von Nährstoffen. Wie die Forschenden nun herausfanden, ist offenbar ausgerechnet dieser Nährstoffmangel der entscheidende Faktor für die begrenzte Wirksamkeit von Antibiotika gegen Salmonellen Dies könnte auch für andere bakterielle Krankheitserreger zutreffen. „Bei einem Mangel an Nährstoffen wachsen die Bakterien nur langsam“, sagt Bumann. „Das klingt zwar gut, ist aber ein Problem, da die meisten Antibiotika langsam wachsende Bakterien auch nur langsam abtöten.“ Weil die Medikamente deutlich schlechter wirken, könne es dann selbst nach längerer Therapie zu Rückfällen kommen.

Fehleinschätzung der bisherigen Forschung?

Die Entdeckung machten die Forschenden dank einer innovativen Methode (Einzelzell-Echtzeittests), mit der sich die Wirkung der Antibiotika auf einzelne Bakterien live und direkt verfolgen lässt. „So konnten wir nachweisen, dass fast die gesamte Salmonellen-Population eine Antibiotika-Therapie für längere Zeit übersteht und nicht nur einige wenige widerstandsfähige Persister“, sagt Dr. Joseph Fanous, Erstautor der Studie. Das Problem der seit Jahrzehnten weltweit verwendeten Standardtests ist, dass sie das Überleben der Bakterien nur indirekt und verzögert messen. Dies führt zu verzerrten Resultaten. „Die herkömmlichen Tests unterschätzen die tatsächliche Zahl der überlebenden Bakterien“, so Fanous. „Und sie suggerieren fälschlicherweise eine kleine Gruppe von widerstandsfähigen Persistern, die in der Realität so nicht existiert.“ Diese Fehleinschätzung habe die Forschung über viele Jahre hinweg beeinflusst.

Künftig wirksamere Therapien?

Diese Erkenntnisse könnten die Antibiotika-Forschung grundlegend verändern, hoffen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. „Unsere Arbeit zeigt, wie wichtig es ist, das Verhalten von Bakterien und die Wirkung von Antibiotika unter realistischen Bedingungen live zu untersuchen“, unterstreicht Bumann. „In einigen Jahren sind moderne Methoden wie die Einzelzell-Analyse in Echtzeit hoffentlich Standard.“ Dass sich der Fokus von den Persistern auf das Problem des Nährstoffmangels verschiebe, sei ein wichtiger Schritt hin zu wirksameren Therapien gegen hartnäckige, schwer zu behandelnde Infektionen.

Literatur:
Fanous J, Claudi B, Tripathi V, et al.: Limited impact of Salmonella stress and persisters on antibiotic clearance. Nature (2025), DOI: 10.1038/s41586-024-08506-6.

Quelle: idw/Uni Basel

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