Verhaltenstherapie gegen Adipositas

Fehlendes Sättigungsgefühl
mg
Uni Lübeck
Forscherteam Dipl.-Psych. Ewelina K. Wardzinski, Dr. Uwe H. Melchert, Alina Kistenmacher, M.Sc., Kai Duysen, Prof. Dr. Kerstin Oltmanns (von vorn nach hinten) Uni Lübeck
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Adipositas ist bisher noch nicht von allen Ärzten als Krankheit anerkannt. Es gibt jedoch stets neue Entdeckungen zu dieser Krankheit. Wissenschaftler der Universität Lübeck haben nun festgestellt, dass es im Gehirn von adipösen Menschen eine gestörte Gewinnung der Energie aus Glukose gibt, wodurch sich ein fehlendes Sättigungsgefühl erklären lässt.

Weltweit seien ca. 2,2 Milliarden Erwachsene übergewichtig, 650 Millionen davon litten an Adipositas. Auch 340 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 19 Jahren seien vom Übergewicht betroffen und noch 41 Millionen Kinder unter fünf Jahren. Schon in Deutschland seien 60 Prozent der Bevölkerung übergewichtig, mittlerweile mehr Männer als Frauen. Die bisher gängigen Therapieformen wie Sport, Diäten, Ernährungsumstellungen und Kalorienrechner sind nicht nachhaltig wirksam. Stattdessen führen sie zum allbekannten Jojo-Effekt, wodurch die Anzahl der Übergewichtigen weiter ansteigt.

Wissenschaftler der Sektion Psychoneurobiologie im Center of Brain, Behavior and Metabolism (CBBM) der Universität Lübeck suchten in einer human-experimentellen Studie nun nach Erklärungen für Adipositas. Das Team um Prof. Kerstin Oltmanns hat bereits 2010 nachgewiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen steigendem Körpergewicht und reduziertem Energiegehalt im menschlichen Gehirn gibt. Zu diesem Zeitpunkt gab es jedoch noch keine Ursache.

Übergewichtige berichten häufig, dass sie Sättigung nicht richtig wahrnehmen und häufiger Hunger hätten. Die Forscher sehen daher eine mögliche Ursache für Übergewicht in einer gestörten Energiehomöostase im Gehirn. Unter der Leitung von Oltmanns und Diplom-Psychologin Ewelina K. Wardzinski fügte die Arbeitsgruppe bei adipösen und normalgewichtigen Männern intravenös Glukose hinzu, um den Blutzuckergehalt und somit die Zuckerzufuhr im Gehirn zu erhöhen und Veränderungen im Energiestatus des Gehirns zu beobachten.

Ähnlichkeiten zu psychischen Erkrankungen

In der Gruppe der Normalgewichtigen stieg der Hirnenergiegehalt nach der Glukosegabe direkt an. Bei den adipösen Studienteilnehmern zeigte sich jedoch keine Veränderung. Erst nach einer stärkeren Anhebung des Blutzuckers durch die Infusion konnte ein geringer Anstieg in der Gruppe der Adipösen gemessen werden. Die Ergebnisse belegen somit eine Störung der Energiegewinnung im Gehirn bei Übergewichtigen.

„Möglicherweise erklärt diese Störung den chronisch reduzierten zerebralen Energiestatus bei den Betroffenen und auch, warum Übergewichtige oft kein Sättigungsgefühl spüren. Dann hungert das Gehirn gewissermaßen“, erklärt Wardzinski.

Dieses Ergebnis weist Ähnlichkeiten zu dem niedrigen Hirn-Energielevel von psychischen Erkrankungen auf, welche die Stimmung und Gefühle beeinträchtigen. Eine erste, noch laufende Studie zeigt, dass ähnlich zur Therapie bei psychischen Erkrankungen, eine Verhaltenstherapie Erfolge aufweist.

„Offenbar hängen Psyche, Hirnenergiestoffwechsel und Körpergewichtsregulation eng miteinander zusammen, was berücksichtigt werden muss, wenn man dauerhaft abnehmen will“, so Prof. Oltmanns. Ein eigens für Übergewichtige entwickeltes verhaltenstherapeutisches Lernprogramm führt zu einer Verbesserung der Sättigungswahrnehmung, Reduktion der Nahrungsaufnahme und somit zu Gewichtsverlust. (idw, red)

 

 

Literatur:

Wardzinski EK, Kistenmacher A, Melchert UH, Jauch-Chara K, Oltmanns KM (2018): Impaired brain energy gain upon a glucose load in obesity. Metabolism, March 6, DOI: 10.1016/j.metabol.2018.02.013.

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