Varizella-Zoster-Virus: Warum funktioniert die Abwehr nur beschränkt?
Das Varizella-Zoster-Virus (VZV) kann Windpocken, aber auch Gürtelrose und schwere Komplikationen verursachen. Bis zur 27. Kalenderwoche 2024 verzeichnete das RKI 11.516 Fälle von Windpocken (Vorjahr: 10.850). Wenn jemand zum ersten Mal mit dem VZV in Kontakt kommt, gelangt das Virus über die Atemwege zu den Schleimhäuten im Nasen-Rachen-Raum und das angrenzende lymphatische Gewebe, von wo aus es die T-Lymphozyten infiziert. In diesen Abwehrzellen breitet sich das VZV im ganzen Körper aus und erreicht so auch die Hautzellen – was zu Windpocken führt – und die Nervenzellen, wo es dauerhaft bleibt. Wenn VZV später im Leben wieder aktiv wird, verursacht es die teils sehr schmerzhafte Gürtelrose.
Virus verstärkt Abwehr
Um sich gegen VZV zu wehren, bildet der Körper unter anderem Interferone. Doch die Abwehr funktioniert nur begrenzt. Forschende unter der Leitung von Professor Dr. Abel Viejo-Borbolla am Institut für Virologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) haben nun analysiert, wie es dem Virus gelingt, diesem Abwehrmechanismus zu entkommen. Das Ergebnis klingt paradox: Das Virus schwächt die Immunantwort nicht ab, sondern verstärkt sie gezielt – zu seinem eigenen Vorteil.
Grundlage für neue Medikamente?
„Das Glykoprotein C von VZV bindet insbesondere an Interferon gamma. Das führt zu einer Modulation der von diesem Interferon ausgelösten Signale, was zu einer erhöhten Produktion bestimmter Proteine führt, beispielsweise des interzellulären Adhäsionsmoleküls 1“, erläutert Dr. Carina Jacobsen, Erstautorin des Artikels, den Mechanismus. Dieses Molekül fördere die Haftung, sodass T-Zellen leichter an die infizierten Hautzellen binden und mehr Virionen von den Hautzellen auf die Immunzellen übertragen werden können. Gewissermaßen habe das Virus es dann geschafft, das trojanische Pferd zu besteigen – um sich im ganzen Körper auszubreiten. Die Forschungsergebnisse könnten die Grundlage für die Entwicklung neuer Medikamente gegen diese und möglicherweise andere Viren bilden, so die Hoffnung der Wissenschaftler/-innen.
Quelle: idw/MHH
Artikel teilen