Strahlentherapie: Wie lässt sich Dermatitis vermeiden?

Kann Ernährung Einfluss nehmen?
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Linearbeschleuniger für Strahlentherapie
© Thomas Hecker/stock.adobe.com
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Eine Strahlentherapie kann zu einer sogenannten Radiodermatitis führen. Neue Daten zeigen auf, dass es neben den bereits bekannten Möglichkeiten weitere Optionen geben könnte, das Risiko zu senken.

Etwa 50 Prozent der an Krebs erkrankten Menschen bekommen eine Strahlentherapie. Dabei kommt es häufig als Nebenwirkung zu einer akuten Radiodermatitis, doch in den meisten Fällen ist diese nur sehr gering ausgeprägt. Es handelt sich dabei um eine Hautreizung, die mit einer Rötung einhergeht, oft begleitet von Überwärmung, Juckreiz, Brennen und Schmerz. Im Verlauf kann die betroffene Hautstelle auch schuppen. Dazu kommt es, wenn die Zellen der Hautoberfläche so schwer geschädigt sind, dass sie absterben, neue Zellen aber nicht schnell genug nachwachsen: Die Haut wird so dünn, dass die Hautoberschicht bricht. Kommt es zu einer Radiodermatitis, sollen laut Leitlinie [1] Maßnahmen zur Kühlung der betroffenen Hautstelle erfolgen, z. B. feuchte Umschläge mit Kompressen, die locker aufgelegt werden und mit antiseptischer Lösung getränkt sind (2-3x/Tag für 20 Minuten). Auch steroidhaltige Cremes können zum Einsatz kommen. In sehr wenigen Fällen, z. B. wenn die Haut vor der Behandlung vorgeschädigt war oder nicht ausgeheilte Wunden bestanden, kann es zu einer sogenannten Ulzeration kommen. Das bedeutet, dass nicht nur die oberste Hautschicht geschädigt ist, sondern auch die Basalmembran, unter der das Bindegewebe liegt. Bei solchen tiefen Wunden muss immer eine intensive und professionelle Wundversorgung erfolgen.

Patienten mit Anal-, Vulvakarzinom und Kopf-Hals-Tumor häufig betroffen

„Natürlich ist es ein wichtiges Ziel der radioonkologischen Betreuung, dass es erst gar nicht so weit kommt. Wir empfehlen Patientinnen und Patienten Maßnahmen zur Prophylaxe und zum Hautschutz und haben damit gute Erfolge“, erklärt Universitätsprofessorin Dr. Stephanie Combs, Pressesprecherin der DEGRO. Wie die Expertin weiter ausführt, sei das Risiko für eine Radiodermatitis an den Hautfalten besonders hoch. „Das ist der Fall, weil dort zum einen eine höhere Strahlendosis auf der Hautoberfläche ankommt, während sich ansonsten, wenn sich die Haut nicht faltet, die Strahlendosis erst unterhalb der Haut aufbaut. Außerdem ist die Haut in Falten mechanisch höher belastet, häufig auch feucht und warm, was die Hautreaktion begünstigt.“ Deswegen haben beispielsweise Brustkrebspatientinnen mit größeren Brüsten ein höheres Risiko für eine Radiodermatitis. Am häufigsten trete diese Nebenwirkung aber nach Bestrahlung eines Analkarzinoms oder Vulvakarzinoms auf. Auch Patientinnen und Patienten mit Kopf-Hals Tumoren haben demnach ein etwas erhöhtes Radiodermatitis-Risiko, da das Bestrahlungsziel direkt unter der Haut liegt.

Wie lässt sich einer Radiodermatitis vorbeugen?

„Von besonderer Wichtigkeit ist, dass Patientinnen und Patienten die bestrahlten Hautareale nicht der Sonne aussetzen“, erklärt die Expertin. „Die Haut ist durch die Therapie sehr empfindlich und jede weitere Strahlenexposition stellt eine zusätzliche Reizung dar. Insbesondere in den ersten Wochen nach der Strahlentherapie sollten sich Patientinnen und Patienten vor direkter Sonneneinstrahlung schützen.“ Ebenso wichtig sei es, auf alles, was die Haut mechanisch behindern oder „reizen“ könnte, zu verzichten, wie z. B. auf zu enger oder kratzender Kleidung. Auch von zu langen Bädern und Duschen mit heißem Wasser wird abgeraten. Keinesfalls sollten die Betroffenen die Haut kratzen, auch wenn sie juckt.

Zahlreiche Pflegeprodukte empfohlen

Von besonderer Bedeutung sei die „richtige“ Hautpflege. Die Leitlinie [1] hebt hervor, dass Menschen, die sich einer Strahlentherapie unterziehen müssen, bei der Hautpflege auf Pflegeprodukte ohne allergisierende Substanzen (z. B. Duftstoffe, pflanzliche Inhaltsstoffe) zurückgreifen sollten. Empfohlen werden zum Waschen pH-neutrale Seifen und für die Pflege harnstoffhaltige Cremes. Von Puder wird abgeraten, da es die Haut austrocknet. Darüber hinaus haben einige Hautsalben einen vor Radiodermatitis schützenden Effekt: Silbersulfadiazin-Creme 1 % habe sich in einer Studie an Brustkrebspatientinnen als wirksam in der Prophylaxe gezeigt, so die DEGRO. Auch Calendula-Creme kann, so die Empfehlung der Leitlinie, zur Prävention eingesetzt werden, hat aber per se ein höheres Allergierisiko. Eine aktuell publizierte Studie [3] verglich die Anwendung von Liposomen-Gel mit Kamille und ohne Kamille. Es zeigte sich zwischen beiden Gels kein Unterschied, aber die Ergebnisse deuten darauf, dass beide im Hinblick auf die Dermatitis-Prophylaxe effektiv sein könnten, für eine Empfehlung sei aber noch keine ausreichende Evidenz vorhanden. Auch Kortison-Salben werden in der Leitlinie noch nicht zur Prophylaxe empfohlen, aber eine kanadische Metaanalyse [4] aus dem Vorjahr wies auf einen schützenden Effekt hin. Allerdings weist die DEGRO einschränkend darauf hin, dass die Ergebnisse der in die Analyse eingeflossenen randomisierten Studien heterogen gewesen seien und ihre Vergleichbarkeit durch die unterschiedliche Art und Häufigkeit der Anwendung erschwert worden sei.

Kann Ernährung das Radiodermatitis-Risiko beeinflussen?

In jedem Fall sollten Patientinnen und Patienten, wenn eine Radiodermatitis auftritt, Rat bei den behandelnden Radioonkologinnen/-onkologen einholen. „Wir müssen davon abraten, selbst Heilversuche zu starten und mit Hausmitteln zu experimentieren. Im besten Fall bringen sie gar nichts, im schlimmsten Fall können sie die Hautreizungen noch verstärken. Beispielsweise zeigte eine Studie, dass nach Behandlung mit Aloe Vera-Gel häufiger trockene Schuppung und Schmerzen auftraten [5]“, erklärt Prof. Combs. Ende des letzten Jahres wurde eine italienische Studie [6] publiziert, die einen ganz anderen Ansatz der Prophylaxe verfolgte: Sie untersuchte, inwieweit die Ernährung auf das Radiodermatitis-Risiko Einfluss nehmen kann. 161 Brustkrebspatientinnen, die sich einer Strahlentherapie unterziehen mussten, wurden detailliert zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Im Ergebnis habe sich gezeigt, dass die Frauen, die sich kohlehydratreich ernährten, ein höheres Risiko für strahlenbedingte Hautirritationen hatten als jene, die mehr Eiweiß, auch tierisches Eiweiß, zu sich nahmen. „Es handelt sich hier um eine Beobachtungsstudie, die keinen Kausalzusammenhang nachweisen kann und darüber hinaus eine relativ kleine Teilnehmerzahl hatte. Aber das Ergebnis ist interessant, zumal viele Ernährungsexperten bei Krebs ohnehin eine gesunde Mischkost mit viel Gemüse, Obst und Eiweiß empfehlen, aber von übermäßig vielen Kohlehydraten abraten [7]. Insofern können Patientinnen und Patienten mit einer solchen Ernährung nichts falsch machen, auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar ist, ob sie auch vor einer Radiodermatitis schützen kann“, so das Fazit von DEGRO-Generalsekretär Prof. Dr. Wilfried Budach.

Literatur:
[1] Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen - Langversion 1.3, 2020, AWMF Registernummer: 032/054OL, www.leitlinienprogrammonkologie.de/leitlinien/supportive-therapie (Zugriff am 27.02.2025)
[2] Hemati S, Asnaashari O, Sarvizadeh M, et al.: Topical silver sulfadiazine for the prevention of acute dermatitis during irradiation for breast cancer. Support Care Cancer. 2012 Aug; 20 (8): 1613-8, DOI: 10.1007/s00520-011-1250-5. Epub 2011 Oct 19.
[3] Tungkasamit T, Chakrabandhu S, Samakgarn V, et al.: Reduction in severity of radiation-induced dermatitis in head and neck cancer patients treated with topical aloe vera gel: A randomized multicenter double-blind placebo-controlled trial. Eur J Oncol Nurs. 2022 Aug; 59: 102164, DOI: 10.1016/j.ejon.2022.102164. Epub 2022 Jun 17.
[3] Meneses AG, Ferreira EB, Vieira LAC, et al.: Comparison of liposomal gel with and without chamomile to prevent radiation dermatitis in breast cancer patients: a randomized controlled trial. Strahlenther Onkol. 2025 Feb; 201 (2): 115-25, DOI: 10.1007/s00066-024-02293-9. Epub 2024 Sep 12.
[4] Kuszaj O, Day M, Tse SSW, et al.: A critical review of randomized controlled trials on topical corticosteroids for the prevention of radiation dermatitis in breast cancer. Support Care Cancer. 2025 Feb 4; 33 (2): 147, DOI: 10.1007/s00520-025-09178-2.
[5] Heggie S, Bryant GP, Tripcony L, et al.: A Phase III study on the efficacy of topical aloe vera gel on irradiated breast tissue. Cancer Nurs. 2002 Dec; 25 (6): 442-51, DOI: 10.1097/00002820-200212000-00007.
[6] Sharma S, Bracone F, Di Castelnuovo A, et al.: On Behalf Of The Eu-Athena Trial Investigators. Dietary Macronutrient Composition and Risk of Radiation-Induced Acute Skin Toxicity in Women with Breast Cancer: Results from the ATHENA Project. Nutrients. 2024 Dec 31; 17 (1): 136, DOI: 10.3390/nu17010136.
[7] Universitätsklinikum Freiburg: Ernährung nach Krebs gut gestalten. 18.08.2021, www.uniklinik-freiburg.de/presse/publikationen/im-fokus/2021/ernaehrung-nach-krebs-gut-gestalten.html.

Quelle: DEGRO

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