Sepsis: Vorteile durch therapeutisches Drug-Monitoring?
Es wird geschätzt, dass mehr als 75.000 Menschen in Deutschland jedes Jahr an einer Sepsis sterben. Die Dunkelziffer ist unbekannt, weil Sepsis-Fälle oft nicht als solche erkannt und erfasst werden. Mindestens 15.000 bis 20.000 durch Sepsis bedingte Todesfälle pro Jahr gelten allein in Deutschland als vermeidbar (Quelle: Deutschland erkennt Sepsis). Die frühzeitige und ausreichende Gabe von Antibiotika ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie gegen eine Sepsis. Bei dieser lebensbedrohlichen Erkrankung schädigt die Immunreaktion auf eine Infektion die eigenen Organe so, dass deren Funktion schwer beeinträchtig ist. Jedoch liegen bei etwa der Hälfte der Patientinnen und Patienten mit Sepsis die Antibiotikaspiegel zu hoch oder zu niedrig, wenn die Dosierung nach Empfehlung in der Fachinformation durchgeführt wird. Das haben schon frühere Studien gezeigt. Die Ursachen hierfür sind zum Beispiel die Funktionsstörungen von Leber oder Nieren, die die Antibiotika nicht mehr ausreichend abbauen bzw. ausscheiden können. Ebenso kann die häufig zur Stabilisierung des Blutdrucks bei der Sepsisbehandlung erforderliche Flüssigkeitstherapie zu einer „Verdünnung“ der Antibiotika führen. Damit steigt die Gefahr für die ungenügende Bekämpfung der Infektion oder aber für Vergiftungserscheinungen.
Therapeutisches Drug-Monitoring eingesetzt
Das Center for Sepsis Control and Care am Universitätsklinikum Jena, das als Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum vom Bundesforschungsministerium gefördert wurde, initiierte deshalb die Target-Studie, deren Ergebnisse gerade erst veröffentlicht wurden. Die randomisierte, multizentrische Studie testete den Erfolg einer mit Hilfe von therapeutischem Drug-Monitoring optimierten Antibiotikabehandlung. Dazu nahm das Studienteam von Januar 2017 bis Dezember 2019 an neun Zentren in Deutschland insgesamt 249 erwachsene Patientinnen und Patienten mit Sepsis oder septischem Schock in die Studie auf, die zufällig zwei Gruppen zugeordnet wurden.
Tägliche Messung der Wirkstoffkonzentration
Eine Gruppe erhielt eine kontinuierliche Infusion mit dem Wirkstoffkombination von Piperacillin und Tazobactam als Breitbandantibiotikum entsprechend der Herstellerdosierungsempfehlung. Die zweite Gruppe wurde mit demselben Medikament behandelt, wobei täglich die Wirkstoffkonzentration im Blutplasma gemessen und die Dosis, wenn nötig, angepasst wurde, um eine festgelegte Zielkonzentration zu erreichen. Rückstellproben ermöglichten später für die Auswertung auch die taggenaue Spiegelbestimmung in der Kontrollgruppe.
Exakte Zielanpassung bleibt schwierig
Den Behandlungserfolg hat das Studienteam an der Organfunktion beim Verlassen der Intensivstation oder am zehnten Behandlungstag gemessen. Verglichen wurde zudem die Sterblichkeit nach 28 Tagen und der Erfolg der Erregerbekämpfung. In der Monitorgruppe musste an mehr als der Hälfte der Behandlungstage die Dosis korrigiert werden, etwa gleich häufig nach oben und nach unten. Der Wirkstoffspiegel erreichte dadurch häufiger den Zielwert als in der Kontrollgruppe. „Allerdings konnte auch mit der Monitoring-gesteuerten Dosierung nur bei einem Drittel der Patienten die angepeilte Wirkstoffkonzentration erreicht werden“, so Studienleiter PD Dr. Stefan Hagel. „Bei Sepsispatienten treten so große Schwankungen in der Pharmakokinetik auf, dass eine exakte Zielanpassung sogar mit Wirkstoffmonitoring schwierig ist.“
Nicht statistisch signifikante Vorteile
In Bezug auf die Organfunktion konnte die Studie keinen Unterschied zwischen den Gruppen feststellen Die Monitoringgruppe zeigte eine leicht geringere Sterblichkeit und eine höhere Heilungsrate, diese Unterschiede waren jedoch nicht statistisch signifikant. Für CSCC-Sprecher Prof. Dr. Michael Bauer weist das Ergebnis auf künftigen Forschungsbedarf: „Um zu klären, welche Patienten vom einer Medikamentenspiegel-gesteuerten Antibiotikatherapie profitieren, brauchen wir weitere, größere Studien. Mit den großen intensivmedizinischen Studien im CSCC haben wir gezeigt, dass wir auch in Deutschland solche multizentrischen Projekte erfolgreich umsetzen können.“
Quelle: idw/Universitätsklinikum Jena
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