Pseudomonas aeruginosa besser bekämpfen?

Neuen Ansatzpunkt entdeckt
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Pseudomonas aeruginosa mit dem Elektronenmikroskop aufgenommen.
Pseudomonas aeruginosa mit dem Elektronenmikroskop aufgenommen. © HZI/Muesken
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Ein Forschungsteam hat gezeigt, wie ein Enzym die Pathogenität des gefürchteten Erregers reguliert. Dies könnte den Weg zu neuen Behandlungsmöglichkeiten ebnen.

Laut RKI zählt Pseudomonas aeruginosa weltweit zu den häufigsten Ursachen von nosokomialen Lungenentzündungen bei Beatmung, Wund- und Harnwegsinfektionen. Die Bakterien können auch eine Sepsis auslösen. Es handelt sich somit um einen gefährlichen Krankenhauskeim. Für Personen mit geschwächtem Immunsystem oder schweren Atemwegserkrankungen kann eine Infektion mit dem Bakterium lebensbedrohlich sein. Wirksame Behandlungsmöglichkeiten gibt es bislang nicht. Forscherinnen und Forscher vom TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung in Hannover, sowie des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig konnten nun zeigen, dass ein Enzym die krankmachende Wirkung des Erregers durch Modifikation von tRNA-Molekülen kontrolliert. Die Wissenschaftler/-innen hoffen, dass sie mit ihren Ergebnissen den Weg für die Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten ebnen können.

Man kann P. aeruginosa nicht wirklich aus dem Weg gehen

Eine Ansteckung mit Pseudomonas aeruginosa kann von Mensch zu Mensch erfolgen. Sie ist aber auch in Bad, Küche oder in der Natur möglich, da sich das Bakterium überall wohlfühlt, wo es feucht ist: in Leitungswasser, Spülmaschine, Waschbecken, Dusche oder Toilette. Auch in Böden und Gewässern kommt es vor. „Das Problem ist: Man kann Pseudomonas aeruginosa nicht wirklich aus dem Weg gehen“, sagt Prof. Susanne Häußler, Leiterin des Instituts für Molekulare Bakteriologie am TWINCORE und der gleichnamigen Abteilung am HZI. „Hinzu kommt, dass die Bakterien im Körper einen gemeinschaftlichen Biofilm ausbilden, der sie schützt. Das ist eine Art Schleimschicht, hinter der sie sich vor Immunzellen und Antibiotika verschanzen.“ Auf diese Weise ist P. aeruginosa von Natur aus gegenüber einer Vielzahl von Antibiotika unempfindlich und gehört deshalb zu den problematischen Krankenhauskeimen. Mit Hochdruck wird an der Entwicklung sogenannter Pathoblocker geforscht, die anders als Antibiotika nicht das Abtöten des Erregers zum Ziel haben, sondern seine krankmachende Wirkung (Pathogenität) zu verhindern oder zu schwächen.

GidA als Angriffspunkt für Pathoblocker?

Aus Studien ist bereits bekannt, dass ein Enzym namens GidA bei P. aeruginosa an der Kommunikation (Quorum Sensing) zwischen den Bakterienzellen sowie der Ausbildung des Biofilms maßgeblich mitbeteiligt ist. Könnte GidA womöglich auch für die Pathogenität von P. aeruginosa zentral und somit ein möglicher Angriffspunkt für künftige Pathoblocker sein? Dieser Frage ist das Team um Susanne Häußler in seiner aktuellen Studie nachgegangen. GidA ist ein Enzym, das sogenannte tRNA-Moleküle modifiziert. tRNA-Moleküle sind durch ihre Fähigkeit, den genetischen Code zu entschlüsseln, an der Proteinproduktion beteiligt – und GidA gibt einigen von ihnen dafür quasi den letzten Schliff. „Wir untersuchten, was passiert, wenn GidA keine Veränderungen mehr an tRNA-Molekülen vornehmen kann, und zwar mit Blick auf die Pathogenität von Pseudomonas aeruginosa“, sagt HZI-Wissenschaftler Dr. Nicolas Oswaldo Gomez, der einer der Erstautoren der Studie ist.

Biofilm-Schutzwall wird durchlässig

Mithilfe genetischer Verfahren stellten die Forscherinnen und Forscher einen Bakterienstamm von P. aeruginosa her, der nicht mehr in der Lage war, das Enzym GidA herzustellen. Mittels Zellkulturen und Tiermodellen verglichen die Wissenschaftler/-innen die Pathogenität der genetisch veränderten Bakterien mit der des Wildtyps. „In allen Versuchen war die Pathogenität im Vergleich zum Wildtyp deutlich reduziert. Ist GidA nicht vorhanden, werden einige tRNA-Moleküle nicht mehr verändert, was offensichtlich dazu führt, dass für die Pathogenität entscheidende Proteine nicht mehr hergestellt werden“, sagt Gomez. „So konnten wir in weiteren Untersuchungen zum Beispiel feststellen, dass die Struktur des Biofilms verändert war, und dass ein Chinolon-Antibiotikum deutlich effektiver wirkte als beim Wildtyp.“ Häußler ergänzt: „Können tRNA-Moleküle nicht durch GidA modifiziert werden, verliert Pseudomonas aeruginosa deutlich an Schlagkraft, und der Biofilm-Schutzwall wird durchlässig. Mit Blick auf neue mögliche Ansatzpunkte für die Entwicklung von Pathoblockern sind das äußerst vielversprechende Ergebnisse!“

Fahndung nach weiteren Enzymen

Die Forscherinnen und Forscher konnten mithilfe verschiedener OMICS-Methoden und bioinformatischer Analysen zudem zeigen, welche Typen von tRNA-Molekülen an welchen Stellen wie genau durch GidA verändert werden. Und dass diese veränderten tRNA-Moleküle nur bei der Synthese bestimmter Proteine und dabei entweder am Anfang oder am Ende der zu entschlüsselnden Gene zum Zug kommen. „Die Ergebnisse unserer Studie machen deutlich, dass die Pathogenität von Pseudomonas aeruginosa einem spezialisierten epigenetischen Steuerungsprozess unterliegt, bei dem GidA wie eine Art übergeordneter Schalter funktioniert“, sagt Häußler. „Und diesen können und sollten wir nutzen – als Ansatzpunkt für die Entwicklung wirksamer Pathoblocker gegen Pseudomonas aeruginosa und andere hochproblematische bakterielle Erreger.“ In nachfolgenden Studien will das Forschungsteam nach weiteren Enzymen fahnden, die an der Modifikation von tRNA-Molekülen beteiligt sind. An der Studie waren neben dem Forschungsteam von TWINCORE und HZI weitere Kooperationspartnerinnen und -partner aus mehreren Forschungseinrichtungen beteiligt, unter anderem die Medizinische Hochschule Hannover, die Universität Würzburg und die Universität Hamburg.

Literatur:
Kruegera J, Preusse M, Oswaldo Gomez N, et al.: tRNA epitranscriptome determines pathogenicity of the opportunistic pathogen Pseudomonas aeruginosa. PNAS, 121 (11) e2312874121, March 7, 2024, DOI: doi.org/10.1073/pnas.2312874121.

Quelle: idw/TWINCORE

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