Laut Krebsgesellschaft ist Prostatakrebs mit ca. 26 Prozent die häufigste Krebserkrankung von Männern in Deutschland. Dabei nimmt die Häufigkeit von Prostatakrebs seit fast drei Jahrzehnten stetig zu, was auf den Einsatz neuer Methoden zur Früherkennung zurückgeführt wird. Die perkutane Strahlentherapie in Kombination mit einer hormonablativen Therapie sei eine primäre Therapieoption für Patienten mit lokalisiertem Prostatakarzinom mit intermediärem oder hohem Risikoprofil ohne Metastasen und Lymphknotenbefall. Bei diesen könne auch eine Kombinationstherapie aus Brachytherapie und perkutaner Bestrahlung erfolgen, betont die DEGRO. Klassischerweise wurde bei beiden Optionen bisher die gesamte Prostata mit einer homogenen Dosis bestrahlt. Dank der modernen Bildgebungstechnik ist es nun möglich, den Tumor innerhalb der Prostata genau zu definieren, die Strahlendosis im Tumorgewebe signifikant zu erhöhen und eine bessere Tumorkontrolle zu erreichen. Offen war bisher jedoch, ob diese punktuell höher dosierte Strahlentherapie auf Basis einer kombinierten Bildgebung – mittels multiparametrischer Magnetresonanztomografie (mpMRT) und Positronen-Emissionstomografie mit Tracern gegen das Prostata-spezifische Membran-Antigen (PSMA-PET) – zu mehr unerwünschten Nebenwirkungen führt und die Lebensqualität beeinträchtigt.
HypoFocal Phase II-Studie
Diese Fragestellung wurde nun im Rahmen der zweiarmigen, prospektiven, nicht-randomisierten HypoFocal Phase II-Studie untersucht. 50 Patienten mit lokalem Prostatakarzinom (cN0, cM0) und intermediärem oder hohem bis sehr hohem Risiko nach NCCN-Klassifizierung aus zwei Zentren (Freiburg, Berlin) erhielten entweder eine moderat hypofraktionierte Radiotherapie (n=25; Arm A: 60 Gy in 20 Fraktionen) oder eine Hoch-Dosis-Brachytherapie (HDR-BT; n=25; Arm B: 15 Gy), gefolgt von einer perkutanen Bestrahlung (44 Gy in 20 Fraktionen). Zusätzlich wurden die Tumorläsionen mittels mpMRT und PSMA-PET definiert. Die fokale Dosiseskalation dieser Bereiche erfolgte als simultan integrierter Boost in den Tumorherden bis auf gesamt 75 Gy in Arm A und 19 Gy in Arm B (HDR-BT).
Sehr gute Therapieergebnisse in Nachbeobachtung
Analysiert wurden die gastrointestinale (GI) und urogenitale (GU) Toxizität sowie Bestrahlungsvolumina und -pläne. Auf dem 30. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie, der vom 13.–15. Juni in Kassel stattfand, stellte PD Dr. Simon KB Spohn, Freiburg, den primären Endpunkt – die Rate an Nebenwirkungen nach zwei Jahren - der Studie vor [1]. In Arm A hatten 76 % der Patienten ein mittleres und 24 % ein hohes/sehr hohes Risikoprofil. In Arm B hatten 16 % ein günstiges-intermediäres, 48 % ein ungünstiges-intermediäres und 24 % ein hohes/sehr hohes Risikoprofil. Die mediane Boost-Dosis betrug in Arm A 70 Gy (nach EQD2 99 Gy α/β 1,6 Gy) und in Arm B 19 Gy (kumulativ nach EQD2 155,2 Gy α/β 1,6 Gy). In Arm A zeigte sich keine Grad 3-GU-Toxizität, allerdings erlitten zwei Patienten (8 %) eine Grad 3-GI-Toxizität aufgrund eines multifaktoriellen Geschehens. Im Studienarm B zeigten sich keine Grad 3-Toxizitäten. Die Rate an Grad 2-Nebenwirkungen war gering mit 24 % GU- und 8 % GI-Toxizität in Arm A und 16 % GU- und 0% GI-Toxizität in Arm B. Nach zwei Jahren gab es keine signifikanten Toxizitätsunterschiede im Vergleich zur Ausgangssituation. Gleichzeitig zeigten sich nach median 32 Monaten Nachbeobachtung sehr gute Therapieergebnisse: 96 % der Patienten waren in biochemischer Remission und der mediane PSA-Wert betrug in Arm A und B 0,31 bzw. 0,23 ng/mL.
Verschlechterung von Darm- sowie sexuellen Funktionen
Bei den 50 Patienten erfolgte auch die Erfassung der Lebensqualität zu vorab definierten Zeitpunkten mit EORTC Fragebögen (QLQ-C30 und -PR25). Prostataspezifische Symptome wurden zudem mit dem IPSS („International Prostate Symptom Score“) gemessen und der letzte Wert nach zwei oder drei Jahren („last follow up“) mit den Ausgangswerten verglichen. Die Ergebnisse präsentierte Sophia Louisa Bürkle, Freiburg, auf dem DEGRO-Kongress [2]. Dabei zeigte sich in beiden Armen eine leichtgradige signifikante Verschlechterung von Darm- sowie sexuellen Funktionen. Ein Vergleich beider Gruppen zeigte signifikant günstigere Werte hinsichtlich der Darmbeschwerden für Arm B. Der IPSS zeigte bei der letzten Erhebung nach zwei oder drei Jahren aber keinen Unterschied zum Ausgangswert. „Die HypoFocal Phase II Studie demonstrierte eine gute Verträglichkeit und Durchführbarkeit der fokalen Dosiseskalation auf Basis der mpMRT und PSMA-PET: die Raten akuter und chronischer GI- und GU-Toxizität waren nach zwei Jahren gering – bei aktuell sehr hoher Rezidivfreiheit. Auch die Lebensqualität wurde nicht relevant beeinträchtigt“, schlussfolgert PD Dr. Spohn.
Aktuell läuft die HypoFocal-SBRT Phase III-Studie
Derzeit läuft die HypoFocal-SBRT Phase III-Studie [3], die die Effektivität der stereotaktischen Strahlentherapie (SBRT) mit fokaler Dosiseskalation gegenüber einer homogenen Bestrahlung mittels moderater Hypofraktionierung vergleicht. Bei der SBRT erfolgt die Behandlung mittels hoher Strahlendosis und hochpräziser Technik in nur fünf Bestrahlungssitzungen. „Wir erhoffen uns davon eine noch effektivere Therapie von Prostatakarzinomen bei noch weniger Nebenwirkungen“, erklärte Prof. Dr. Anca-L. Grosu, Ärztliche Direktorin der Klinik für Strahlenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg.
Quelle: idw/DEGRO
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