Dieser hilfreiche Parasit heißt Heligmosomoides polygyrus (Hpb). Die Larven dieses Rundwurms können nur in der Darmschleimhaut von Nagetieren zu geschlechtsreifen Würmern heranwachsen. Doch dazu müssen sie zuerst an dem Immunsystem des Wirts vorbei. Dieses wehrt sich durch Entzündungsreaktionen, Sekretion von Flüssigkeit und Muskelkontraktionen. Eigentlich ein unmögliches Unterfangen, aber die Larven besitzen einen besonderen Wirkstoff: Mit ihm können sie die Immunantwort des Wirts gezielt regulieren. Das fanden Forscher der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München nun heraus.
Larvenprotein hemmt Entzündungen
Zusammen mit ihrem Team will Dr. Julia Eßer-von Bieren, Forscherin am Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) der TUM, diesen Wirkstoff für die Therapie von chronischen Entzündungskrankheiten nutzen. Sie isolierten das Protein Hpb-Glutamat-dehydrogenase, das verschiedene immunregulatorische Stoffwechselwege aktiviert. Durch dieses Protein bilden sich in den Immunzellen des Wirts entzündungshemmende Botenstoffe, während gleichzeitig entzündungsfördernde Botenstoffe reduziert werden.
Diese Fähigkeit mache das Protein zu einem vielversprechenden Kandidaten im Hinblick auf Therapien von chronischen Atemwegserkrankungen, so Eßer-von Bieren. Allergisches Asthma und Astmaanfälle würden zum Beispiel durch eine Überproduktion von entzündlichen Botenstoffen, den Leukotrienen, ausgelöst. Herkömmliche Medikamente wie Kortison wirken jedoch kaum auf diese Botenstoffe.
Wirksamer als Kortison
Mausmodelle und Untersuchungen an menschlichen Zellkulturen zeigen erste Ergebnisse: Mit den Larven-Proteinen lässt sich eine Entzündungsreaktion dämpfen. Besonders im Hinblick auf menschliche Immunzellen, die Makrophagen, zeigt sich die Forscherin positiv. Durch eine dauerhafte Aktivierung der Makrophagen entstünden chronische Entzündungen. Aber durch Zugabe des Larven-Proteins konnte diese pro-entzündliche Aktivität deutlich abgesenkt werden. Diese zeige eine bessere Wirksamkeit der Substanz als Kortison.
Bis ein fertiges Medikament vorliege, werde es jedoch noch einige Zeit dauern. Zuvor müsse noch geklärt werden, wie zum Beispiel das Wurmprotein von Zellen in den Atemwegen aufgenommen werde und wie es sich insgesamt auf das menschliche Immunsystem auswirke.
Literatur:
M. de los Reyes Jiménez, A. Lechner, F. Alessandrini, et al.: An anti-inflammatory eicosanoid switch mediates the suppression of type-2 inflammation by helminth larval products. In: Science Translational Medicine, 22 April 2020. DOI: 10.1126/scitranslmed.aay0605.
Quelle: TUM
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