Neue Medikamente gegen die Infektionskrankheit

Tuberkulose
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Kavitäre Tuberkulose
Kavitäre Tuberkulose Yale Rosen, CC BY-SA 2.0, Ausschnitt
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Tuberkulose (TB) ist weltweit ein großes Problem – oft als Co-Infektion bei AIDS-Kranken. Nicht nur in Entwicklungs- und Schwellenländern, auch beispielsweise in einigen östlichen Staaten der EU sind viele Menschen von Tuberkulose betroffen.

Verursacht wird Tuberkulose durch Mycobacterien, die vor allem die Lunge befallen, aber auch in andere Organe eindringen können. Unbehandelt ist Tuberkulose meist tödlich. Rund ein Drittel der Weltbevölkerung trägt Tuberkulose-Bakterien mit sich; die Krankheit bricht jedoch erst aus, wenn das Immunsystem eines Infizierten – etwa durch HIV oder Mangelernährung – geschwächt ist. Zwar sinken laut WHO global die Fallzahlen, aber vielfach resistente Stämme der TB-Bakterien breiten sich aus. Neue Medikamente werden benötigt.

Tuberkulose ist heilbar, jedoch nur mit einer langwierigen Arzneimittelkombinationstherapie. Schon wenn die Tuberkulosebakterien suszeptibel sind, müssen ohne Unterbrechung drei Medikamente über sechs Monate angewendet werden, so der vfa. Noch schwieriger sei aber die Behandlung vielfach resistenter Tuberkulose-Stämme (multi drug resistant TB, MDR-TB, und extensively drug resistant TB, XDR-TB). Dann müssten Medikamente zum Einsatz kommen, die – insbesondere hinsichtlich ihrer Verträglichkeit – nicht erste Wahl seien; und die Therapie dauere weit über ein Jahr.

HIV und TB erschwert die Behandlung

Viele Patienten halten diese Therapie jedoch nicht durch. Ein weiterer – leider nicht seltener – Sonderfall für die Therapie sei gegeben, wenn die Patienten sowohl gegen HIV als auch gegen TB behandelt werden müssten; ohne dass sich die dafür jeweils eingesetzten Medikamente gegenseitig stören. Als viertes müssten auch Kinder in altersgerechter Weise behandelt werden, betont der vfa.

Für alle diese vier Therapiesituationen werden dringend Therapien gebraucht, mit denen sich die Krankheit schneller und mit weniger Nebenwirkungen als bisher ausheilen lässt. Und dafür sei es nicht nur erforderlich, die vorhandenen Mittel noch geschickter zu kombinieren und optimal zu dosieren, dafür würden laut vfa auch noch neue Medikamente gebraucht.

Neuerungen der letzten Jahre

Seit der Jahrhundertwende haben forschende Pharma-Unternehmen und akademische Forschungseinrichtungen ihre Forschung auf diesem Gebiet wieder ausgeweitet. 2014 wurden dann erstmals seit 1995 wieder neue TB-Medikamente (Wirkstoffe: Bedaquilin und Delamanid) zugelassen und im Markt eingeführt. Zudem kam auch eine neue Darreichungsform für einen älteren Wirkstoff (magensaftresistentes Granulat mit Para-Aminosalicylsäure) heraus. Alle drei Medikamente könnten in Kombination mit weiteren Mitteln gegen vielfach resistente TB-Bakterien eingesetzt werden, so der vfa.

Rifabutin: der letzte Neuzugang im 20. Jahrhundert
Zwischen den aktuellen Zulassungen für neue TB-Medikamente und dem letzten Mittel davor liegen rund 18 Jahre: Im November 1994 wurde ein TB-Medikament mit dem Wirkstoff Rifabutin zugelassen und im Januar 1995 in Deutschland eingeführt.

Bedaquilin und Delamanid konnten allerdings bislang nur daraufhin getestet werden, ob sie Resistenzen überwinden, wenn sie zusätzlich zu bisherigen Medikamenten verabreicht werden. So gegeben verbessern sie laut vfa die Zuverlässigkeit der Therapie, aber nicht ihre Verträglichkeit und auch nicht ihre Dauer. Das jedoch könnte vielleicht ebenfalls mit ihnen erreicht werden, wenn sie in einer optimalen Kombination mit anderen Medikamenten eingesetzt würden, betont der vfa. Studien, in denen neue Kombinationen erprobt werden, laufen derzeit.

Weitere Medikamente befinden sich in unterschiedlichsten Erprobungsphasen (siehe pdf). Sie basieren laut vfa teils auf neuen Wirkstoffen, teils auf solchen, die gegen andere bakterielle Infektionen schon zugelassen sind (wie etwa Linezolid). Die Medikamente in Entwicklung seien für die genannten unterschiedlichen Therapiesituationen vorgesehen.

Die zugelassenen und die kommenden TB-Medikamente wirken auf unterschiedliche Weise, gibt der vfa zu bedenken. Beispielsweise hemmen Rifampicin und Rifabutin die RNA-Bildung der Bakterien, Bedaquilin blockiere ihre Energiegewinnung, Moxifloxacin solle sie an der DNA-Verdoppelung hindern (siehe Grafik). Einige andere Wirkstoffe blockieren die Prozesse der Zellwandbildung.

Neue Medikamente: meist aus Kooperationsprojekten

Viele Unternehmen arbeiten bei ihrer Tuberkulose-Forschung mit der Organisation TB Alliance (www.tballiance.org) zusammen, die als Public-Private Partnership verschiedene Stiftungen sowie staatliche und nicht-staatliche Organisationen mit Forschungsgruppen und Unternehmen zusammenbringt und nach strengen Regeln Fördermittel für die Medikamentenentwicklung bereitstellt. Von den vfa-Unternehmen sind es AstraZeneca, Daiichi Sankyo, GlaxoSmithKline, Janssen, Novartis, Roche, Sanofi und Takeda. Einige neue Medikamente gegen Tuberkulose werden aber auch von Unternehmen ohne Partner oder mit anderen Partnern entwickelt, beispielsweise kooperiert Bayer bei der Wirkstoffoptimierung mit den Universitäten von Dundee und Capetown und Otsuka Pharma optimiert den Einsatz seines erst seit wenigen Jahren verfügbaren Delamanid allein. Umgekehrt entwickelt die TB Alliance auch einige Medikamente im Alleingang.

Zudem haben 2012 sieben Pharmafirmen, vier akademische Forschungseinrichtungen und die Bill and Melinda Gates Foundation die Gründung der Product Development Partnership TB Drug Accelerator (TBDA) bekannt gegeben. Die beteiligten Partner wollen ihre bisherigen Erfahrungen mit dem TB-Erreger und ihre Ressourcen zur Wirkstofferfindung bündeln, so dass neue Medikamente gegen Tuberkulose schneller entwickelt werden können. Von Industrieseite sind die Unternehmen AstraZeneca, AbbVie, Eli Lilly, Bayer, GlaxoSmithKline, Sanofi und MSD beteiligt. Erklärtes Ziel ist die Entwicklung neuer Wirkstoff-Kandidaten, mit denen sich die TB-Therapie weiter verkürzen lässt, möglichst auf nur vier Wochen.

Aussichtsreiche Wirkstoff-Kandidaten, die aus der Zusammenarbeit hervorgehen, sollen dann ohne Ansprüche auf Marktexklusivität von jeder interessierten Einrichtung zu Medikamenten entwickelt und vertrieben werden können, betont der vfa.

Nachhaltiger Einsatz der neuen Medikamente

Auch die neuen TB-Medikamente sind von der Möglichkeit bedroht, dass sich gegen sie bald Resistenzen entwickeln und verbreiten. Deshalb sei es wichtig, dass sie in allen Ländern – ob reich, ob arm – so eingesetzt werden, dass es bis dahin möglichst lange dauert, so der vfa. Einen Beitrag dazu leistet ein Fortbildungszentrum für Tuberkulose-Ärzte aus aller Welt, dass das Koch-Metschnikow-Forum – eine deutsch-russische medizinische Gesellschaft – zusammen mit dem vfa in Berlin gegründet hat. (vfa, red)

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