Das intrahepatische Cholangiokarzinom (ICC) entsteht innerhalb der Leber. Mit ein bis zwei Fällen pro 100.000 Einwohnern in Deutschland zählt das ICC zwar insgesamt zu den seltenen Erkrankungen, ist aber der zweithäufigste Leberkrebs. Der aggressive Gallengangtumor bleibt lange klinisch unauffällig, sodass er oft erst spät erkannt wird. Weil der Tumor zudem nur eingeschränkt auf Chemotherapie anspricht, haben Betroffene oft eine schlechte Prognose. Für einige Patientinnen und Patienten gibt es jedoch neben der „herkömmlichen“ Chemotherapie einen weiteren therapeutischen Ansatz. Bei ihnen liegen bestimmte genetische Veränderungen vor, die als „Krebstreiber“ die Tumorentwicklung fördern, die jedoch gleichzeitig auch Zielstrukturen für personalisierte Therapien darstellen. Aber auch bei diesen Betroffenen hat die maßgeschneiderte Präzisionsonkologie nicht in jedem Fall Erfolg. Warum das so ist und durch welche Strategien sich die Resistenz gegen die molekulare Behandlung überwinden lässt, hat eine Forschungsgruppe um Professor Dr. Arndt Vogel, leitender Oberarzt an der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), und seine Kollegin Dr. Anna Saborowski untersucht.
Fusionspositive ICC-Patienten behandeln
Das therapeutische Ziel für die zielgerichtete Behandlung des Gallengangtumors trägt den Namen Fibroblasten-Wachstumsfaktor-Rezeptor-2 (fibroblast growth factor 2, FGFR2). Bei etwa 15 Prozent der Patientinnen und Patienten mit ICC ist FGFR2 aufgrund einer genetischen Fehlbildung mit anderen Genen sozusagen verschmolzen. Diese Fusionsumlagerungen führen zu einer dauerhaften Aktivierung von Signalwegen, die signifikant zum Tumorwachstum beitragen. „Wir können solche fusionspositiven ICC-Patienten durch genetische Tests am Tumormaterial zuverlässig identifizieren und mit Medikamenten behandeln, die FGFR2 blockieren“, erklärt Dr. Saborowski. Solche FGFR2-Inhibitoren sind beispielsweise in den USA bereits bei ICC-Patienten mit FGFR2-Fusion zugelassen, auch von der europäischen Zulassungsbehörde gibt es ein positives Votum, und es ist mit einer zeitnahen Zulassung zu rechnen.
Weitere genetische Veränderungen angeschaut
Ein durchgreifendes Therapieansprechen erreichen diese Medikamente jedoch nur bei 35 Prozent der Behandelten. „Um besser zu verstehen, welcher Tumor auf den Inhibitor anspricht oder resistent dagegen ist, haben wir uns weitere genetische Veränderungen bei den Patienten angeschaut“, erklärt die Medizinerin. Im Mausmodell haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Hinweise gefunden, dass weitere Gen-Mutationen das Ansprechen auf gezielte FGFR-Inhibitoren durchgreifend verändern können und so zu einem Versagen der Therapie führen.
Wirksamkeit soll überprüft werden
„Indem wir die genetischen Grundlagen der Tumorentwicklung aufklären, können wir mit Hilfe von Biomarkern die Patienten herausfinden, bei denen solche Begleitmutationen den Behandlungserfolg mit FGFR2-Inhibitoren verhindern, bzw. die Patienten identifizieren, für die die Therapie eine vielversprechende Option darstellt“, erklärt Professor Dr. Vogel. Eine Kombinationstherapie gegen diese Genveränderungen könnte die Krebszellen wieder anfällig für den FGFR2-Blocker machen und den Gallengangtumor stoppen. Die von der Forschungsgruppe entwickelten Konzepte müssen nun zunächst in weiteren präklinischen Tests bestätigt werden. Dann wollen die Forscher/-innen in einer klinischen Studie die Wirksamkeit an ICC-Patientinnen und -Patienten in Deutschland überprüfen.
Gajanan Kendre, Silke Marhenke, Georgina Lorz, et al.: The co‐mutational spectrum determines the therapeutic response in murine FGFR2 fusion‐driven cholangiocarcinoma. Hepatology, 2021, DOI: doi.org/10.1002/hep.31799.
Quelle: idw/MHH
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