Labor 4.0 – Das Labor der Zukunft

Digitalisierung
Anke Urban
Labor 4.0 – Das Labor der Zukunft
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Die Digitalisierung hat Einzug in unser Leben gehalten. Zu Hause ruft man nur noch in den Raum „Spiele Musik“, und ein IT-System spielt prompt die Lieblingsmusik des Anwenders ab. Heizungsanlagen werden über das Smartphone gesteuert, Kaffeemaschinen über den Computer bedient und Herzschrittmacher sind mit dem Internet verbunden.

Smarte Assistenten finden sich heutzutage in allen Lebensbereichen. Auch in der Industrie gibt es längst vernetzte Strukturen – Menschen und Maschinen interagieren miteinander und optimieren so die Arbeitsprozesse. Aufgrund der Digitalisierung der Gesellschaft und der Industrie erfährt auch das medizinische Laboratorium einen Wandel [1]. Laborprozesse werden immer komplexer – in kürzester Zeit, bei steigenden Patienten/-innen-Zahlen, kostengünstig verlässliche Befunde für die medizinische Versorgung zu erstellen ist für medizinische Laboratorien und deren Personal eine große Herausforderung.

Im Hinblick auf die neuen Trends Internet of Things, Big Data und der digitalen Transformation müssen im Labor der Zukunft verschiedene Prozesse und Strukturen aneinander angepasst werden [2]. Im Labor 4.0 sind sämtliche Abläufe digitalisiert und aufeinander abgestimmt – manuelle Arbeitsschritte, Sensoren, Analysengeräte, IT-Systeme und riesige Mengen an Daten (Big Data) sind im Labor der Zukunft miteinander über intelligente IT-Managementsysteme vernetzt und eröffnen medizinischen Laboratorien bisher ungeahnte Chancen und Herausforderungen [1]. Robotiksysteme übernehmen so viele Routinetätigkeiten wie möglich. Beispielsweise wird Probenmaterial über Order Entry zugewiesen, automatisch in das Labor über intelligente Versandsysteme transportiert und an verschiedene Analysengeräte unterverteilt. Die Analysengeräte führen selbstständig die angeforderten Untersuchungen durch, wiederholen oder verdünnen bei Bedarf die Probe und geben die Analysenergebnisse in digitaler Form über interaktive Datenmanagementsysteme an den Probeneinsender weiter. Das spart Zeit, Patienten/-innen-Verwechslungen sind so gut wie ausgeschlossen und die Ergebnisse sind besser reproduzierbar. Im Labor 4.0 interagieren Mensch und Maschine über verschiedenste Kommunikationswege wie beispielsweise über Virtual-Reality-Brillen, multifunktionale Touchscreens oder innovative Sprachsteuerungssysteme miteinander und tragen somit intensiv zu einem Wandel in der Laboratoriumsmedizin bei. Ebenfalls voll im Trend sind modulare Bauweisen, die zum einen für die Optimierung räumlicher Ressourcen sorgen und zum anderen eine flexible Optimierung der Funktion von Analysengeräten erlauben. Eine automatisierte Grenzwertüberwachung, ein innovatives Warnsystem bei Gefahren und eine zentrale Steuerung, Überwachung von Analysengeräten sowie die digitalisierte Visualisierung von Analysenergebnissen sind aus dem Labor 4.0 nicht wegzudenken.

Zum jetzigen Zeitpunkt steckt das Labor 4.0 noch in den Kinderschuhen, deshalb warten moderne Laboratorien auf eine innovative systemübergreifende Lösung zur Qualitätsverbesserung und Optimierung der Arbeitsprozesse, um die vielfältigen Anforderungen, die an ein heutiges Labor gestellt werden, effektiv und effizient bewältigen zu können [3]. Benötigt werden dazu ein intelligentes Prozessmanagement sowie die Vernetzung des Internet of Things mit dem Wisdom of Crowds (Wissen von Experten/-innen). Betroffen davon sind alle Teilgebiete der Laboratoriumsdiagnostik wie Hämatologie, Hämostaseologie, Immunhämatologie, Klinische Chemie, Mikrobiologie, Virologie, Serologie, Zytologie, Histologie und Molekulare Diagnostik.

Laborbefunde bilden auch im Labor der Zukunft eine wesentliche Grundlage für diagnostische und therapeutische Entscheidungen anderer Berufsgruppen wie zum Beispiel von Ärzten/-innen und Akademikern/-innen. Die Laborergebnisse werden von Medizinisch-technischen Laboratoriumsassistenten/-innen (MTLA) beziehungsweise Biomedizinischen Analytikern/-innen (BMA) in Eigenverantwortung mithilfe modernster IT- und Medizintechnik und mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz erstellt. Die Kernhandlungsfelder erstrecken sich dabei über die gesundheitliche Versorgung, die Forschung, die Wissenschaft und Bildung bis hin zum Qualitätsmanagement im Laboratorium sowie bei der qualitätsgesicherten POCT-Diagnostik (Point-of-Care-Testing, patientennahe Sofortdiagnostik) und der Funktionsdiagnostik. Hierbei rücken die IT- und Medizintechnik sowie gesundheitsbezogene Dienstleistungen in den Vordergrund.

Die digitale Transformation von Informationen sowie eine Vernetzung von Laborsystemen mit den unterschiedlichsten Funktionen schafft für alle Labormitarbeiter/-innen neue Handlungsfelder und Tätigkeitsbereiche im Bereich der Biomedizinischen Analytik. Dies fordert Gesundheitsunternehmen mit medizinischen Laboratorien und deren Mitarbeiter/-innen zu einem Bewusstseinswandel heraus. Hinzu kommen die Herausforderungen, die sich aus Überschneidungen mit anderen am Biomedizinischen Analyseprozess beteiligten Berufsgruppen im Rahmen der Laboratoriums-, der POCT- oder der Funktionsdiagnostik ergeben. Dies kann aufgrund von Kompetenzverschiebungen für MTLA beziehungsweise BMA eine Übernahme neuer Tätigkeiten wie beispielsweise die Übernahme von betriebswirtschaftlichen Komponenten (Personal- und Risikomanagement, Klärung berufsrechtlicher Fragen, Investitionsplanung, interprofessionelle Kommunikation und vieles mehr) zur Folge haben. Ebenso bekommt die Mensch-Maschine-Interaktion in der Zukunft eine zentrale Rolle zugeschrieben. Kenntnisse, Fähig- und Fertigkeiten in Gesundheitsbetriebswirtschaft und der IT- und Medizintechnik werden künftig bei dem Berufszweig der MTLA beziehungsweise BMA Voraussetzung sein, um in einem modernen Laboratorium interagieren zu können.

Um den Möglichkeiten und dem Fortschreiten der Digitalisierung gerecht zu werden, müssen wir unsere Vorstellungen von Laboratoriumsdiagnostik radikal überdenken. Unsere bisherigen Denkweisen erlauben es nicht, mit dem exponenziellen Veränderungstempo mitzuhalten. Ferner darf nicht einfach nur abgewartet werden, was die Zukunft bringt, sondern es muss gehandelt werden.

Um die rasanten Entwicklungen im medizinischen Laboratorium auffangen zu können, benötigt es berufsspezifische Weiter- und Fortbildungen. Über Spezialisierungen und Fachqualifikationen bis hin zu einem Masterstudium in Biomedizinischer Analytik können sich die heutigen MTLA beziehungsweise BMA beim DIW-MTA – dem Deutschen Institut für Weiterbildung für Technologen/-innen und Analytiker/-innen in der Medizin e.V. – für das Zukunftslabor qualifizieren und neueste Methoden, Verfahren und Techniken erlernen, um den wachsenden Anforderungen und notwendigen Umstrukturierungen in einem technikaffinen Laboratorium standzuhalten. Auch 2019 bietet das DIW-MTA einen staatlich anerkannten Lehrgang „Gesundheitsbetriebswirtschaft/Medizinalfachpersonen für leitende Funktionen“ mit dem Fokus auf Qualitäts-, Risiko- und POCT-Management an und darüber hinaus werden eine Großzahl weiterer Seminare angeboten, damit auch Sie auf dem neusten Stand der Wissenschaft und Technik bleiben.

Nutzen Sie Ihre Chance – die Zeit ist reif.

Literatur

1. Kals B: Trendbericht. Digitale Transformation. Der Weg in das Labor der Zukunft 2018.
2. Lackes R, Sieperman, M: Internet der Dinge 2018.
3. Frank J: Das Labor wird zur Denk- und Datenfabrik 2018.
4. Kals B: Trendbericht. Digitale Transformation. Der Weg in das Labor der Zukunft 2018. www.analytica.de/presse/trendberichte/labor-der-zukunft/index.html. (last accessed on 17 October 2018).
5. Lackes R., Siepermann M: Internet der Dinge 2018. wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/internet-der-dinge-53187/version-276282. (last accessed on 17 October 2018).
6. Frank J: Das Labor wird zur Denk- und Datenfabrik. In: Spectaris – Trend-report 2018 Analysen-, Bio- und Labortechnik – Märkte, Entwicklungen, Potenziale. Berlin: Deutscher Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien e.V. 2018. www.spectaris.de/fileadmin/Infothek/Analysen-Bio-und-Labortechnik/ABL_Trendreport_2018.pdf. (last accessed on 26 October 2018).

Entnommen aus MTA Dialog 12/2018

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