Krankenhauskeime und Hygienemängel

Buchbesprechung
Hardy-Thorsten Panknin
Krankenhauskeime und Hygienemängel – Skandale vermeiden und in der Krise richtig handeln
Das vorliegende Buch verfolgt einen interdisziplinären Ansatz. Die wesentlichen betroffenen Bereiche einer Non-Compliance im Bereich der Hygiene kommen zu Wort.
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Nosokomiale Infektionen sind in Funk, Fernsehen und Presse seit Jahren eines der beherrschenden Gesundheitsthemen. Im Vordergrund der Aufmerksamkeit stehen dabei die multiresistenten Krankenhauskeime, deren Häufigkeit – zu Recht oder zu Unrecht – als ein wichtiger Hygienemarker gilt. In den letzten Jahren beobachtet man bei hospitalisierten Patienten vor allem in großen Kliniken eine Zunahme schwerer nosokomialer Infektionen.

Gerade für Tätige im Gesundheitssektor  ist es wichtig, sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen und sich das notwendige Wissen für gezielte Prophylaxemaßnahmen anzueignen. Die Krankenhausinfektionen sind zu einer der führenden Todesursachen in der westlichen Welt geworden. In den Vereinigten Staaten sterben jährlich 30.000 Patienten an Septikämien und katheterassoziierten Infektionen. Als häufigste im Spital erworbene Infektionen werden Pneumonien, Septikämien und Infektionen durch implantierte Prothesen genannt. In circa sieben Prozent aller westdeutschen Autopsien wird eine im Krankenhaus erworbene Infektion als alleinige, in sechs Prozent als mitverantwortliche Todesursache gefunden. In der NNIS-Study (National Nosocomial Infections Study) der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA wurde geschätzt, dass 0,9 Prozent aller nosokomialen Infektionen ursächlich und weitere 2,9 Prozent mitursächlich für den Tod von Patienten waren.

Aktuell ist von Dr. Tobias Weimer, Fachanwalt für Medizinrecht sowie Strafverteidiger und Gründungspartner der Sozietät WEIMER I BORK – Kanzlei für Medizin-, Arbeits- & Strafrecht mbB und Autor von Fachbüchern sowie Fachpublikationen, Lehrbeauftragter der Universität Münster im LL.M.-Studiengang Medizinrecht sowie Mitglied im Kuratorium der Akkon Hochschule für Humanwissenschaften, unter Mitarbeit von Krankenhaushygienikern und Gesundheitswissenschaftlern eine Monografie erschienen, die sich speziell der Thematik beziehungsweise Problematik von Krankenhauskeimen und Hygienemängeln widmet. Einleitend weist der Herausgeber implizit auf die Herausforderung einer sorgfältigen Krankenhaushygiene hin, die nicht allein im Krankenhaus beginnt. Der Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung und in der ambulanten Humanmedizin, das Reise- und Migrationsverhalten der Bevölkerung, die demografische Entwicklung sowie die aktuelle COVID-19-Pandemie – all das trägt zur Herausforderung einer ordnungsgemäßen Hygiene im Krankenhaus bei. Zu erwähnen sind beispielhaft der Hygieneskandal im Stadtklinikum München oder der Hygieneskandal um unzureichende Aufbereitung von Sterilgut in der Universitätsmedizin Mannheim sowie im Paracelsus Klinikum Karlsruhe. Auch der aktuelle Skandal in dem Ernst-von-Bergmann-Klinikum in Potsdam geht auf vermeintlich unzureichende Maßnahmen der Geschäftsführung im Zuge der COVID-19-Pandemie und damit Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz zurück. Das vorliegende Buch verfolgt einen interdisziplinären Ansatz. Die wesentlichen betroffenen Bereiche einer Non-Compliance im Bereich der Hygiene kommen zu Wort. Von der Geschäftsführung eines Krankenhauses über das Controlling als krankenhausinterne, aber patientenferne Entscheider über den Facharzt für Hygiene äußert auch der Versicherer des Krankenhauses sowie das Krisenmanagement seine/ihre Sicht der Dinge. Die Juristen stellen die rechtlichen Rahmenbedingungen vor, inklusive der arbeitsrechtlichen, zivilrechtlichen und strafrechtlichen Begleiterscheinungen. Darüber hinaus erfährt der interessierte Leser den aktuellen Stand von Compliance-Management im Krankenhaus sowie seine Grundlagen, Planung und Umsetzung. Zu betonen ist, dass neben den Produktivitätsverlusten besonders der Imageverlust als Folge eines Hygieneskandals nicht unterschätzt werden darf. Nicht selten hat dieser nahezu existenzvernichtenden Charakter und hält zeitlich an, so die Autoren. Nosokomiale Infektionen treten besonders häufig bei Patienten mit disponierenden Grunderkrankungen, immunsupprimierender Therapie und in höherem Alter auf. Zur Prophylaxe dieser Infektionen können die Beschäftigten maßgeblich beitragen. Es muss aber auch angemerkt werden, dass diese Infektionen nicht gänzlich vermeidbar sind! Die Beschäftigung mit dem Thema und die gezielte Fortbildung sind hier besonders wichtig. Das Buch kann dazu einen wesentlichen Teil beitragen.

Hardy-Thorsten Panknin

Krankenhauskeime und Hygienemängel: Skandale vermeiden und in der Krise richtig handeln.
Von: Tobias Weimer, W. Kohlhammer, 2020, ISBN: 978-3170382780, Taschenbuch: 59 Euro

Entnommen aus MTA Dialog 11/2021

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