Kopf- und Halstumoren: Überlebensprognose

Sind fünf Gene entscheidend?
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Kopf-Hals-Tumoren
© fotoliaxrender, stock.adobe.com
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Sie zählen zu den tödlichsten Krebsarten überhaupt: Lokal fortgeschrittene Kopf- und Halstumore. Forscherinnen und Forscher haben nun fünf Gene gefunden, deren Aktivität möglicherweise vorhersagen kann, welche Patientinnen und Patienten mit diesen Tumoren gute oder weniger gute Überlebensaussichten haben.

Metastasen sind die große Gefahr. Oft sterben Krebspatientinnen und -patienten nicht wegen ihres ursprünglichen „Erst-Tumors“ in einem bestimmten Organ. Zur tödlichen Bedrohung wird dieser häufig erst, wenn sich einzelne Zellen aus ihm so verwandeln, dass sie wandern und andere Gewebe besiedeln und lebensbedrohliche Metastasen bilden. Wie das bei Tumoren im Hals-Nasen-Ohren-Bereich passiert, untersucht ein Team um Prof. Olivier Gires von der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde des LMU Klinikums. Die Forscherinnen und Forscher haben nun fünf Gene gefunden, deren Aktivität möglicherweise vorhersagen kann, welche Patientinnen und Patienten mit diesen Tumoren gute oder weniger gute Überlebensaussichten haben. Und wer womöglich schon in früheren Krankheitsstadien als heute das Medikament Cetuximab bekommen sollte. Zum Kooperationsteam gehören neben der HNO-Klinik die Klinik für Strahlentherapie des LMU Klinikums sowie Forscherinnen und Forscher vom Helmholtz-Zentrum München.

Tödliche Bedrohung

Fünf Jahre nach der Diagnose eines lokal fortgeschrittenen Kopf- und Halstumores leben weniger als 35 Prozent der Patientinnen und Patienten. Meist erleiden sie nach der ersten Therapie Rückfälle – entweder an der gleichen Stelle des Ersttumors oder in den benachbarten Lymphknoten. Chemo- und Strahlentherapie können dann kaum noch helfen. In diesem späten Stadium der Erkrankung bekommen die Patientinnen und Patienten zusätzlich Cetuximab. Es bremst die Aktivität des sogenannten EGF-Rezeptors (EGFR) – ein Molekül, das auf der Oberfläche der Krebszellen „sitzt“ und molekulare Signalwege in den Tumorzellen anstößt, die Tumorzellen „wanderlustig“ werden lassen, was die Gefahr von Metastasen erhöht. Aber auch Cetuximab hat bei den Patientinnen und Patienten im Spätstadium nur noch einen limitierten Effekt. „Wir wollten deshalb wissen, was der EGFR und die mit ihm verbundenen Signalwege im Zuge der Therapie machen“, sagt Prof. Olivier Gires von der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde des LMU Klinikums.

Epitheliale-mesenchymale Transition

Zunächst hatten die Forscherinnen und Forscher gezeigt, dass der Rezeptor sowohl die Vermehrung der Krebszellen anschieben kann als auch einen Prozess, in dem die Zellen gewissermaßen ihre Natur ändern. Dieser Prozess heißt epitheliale-mesenchymale Transition (EMT). Tumorzellen in EMT brechen ihre Zell-zu-Zell-Kontakte auf und lösen sich aus einem Verbund, um neues Gewebe zu besiedeln.

Dann fanden die Wissenschaftler/-innen in Zellkultur-Versuchen mit EMT-Zellen um die 170 Gene, die nach der Aktivierung des EGFRs reguliert werden. Mit diesem Wissen fahndeten sie in großen Datenbanken, in denen alle möglichen wissenschaftlichen und klinischen Informationen über Patientinnen und Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren verzeichnet sind. Durch den Vergleich ihrer Zellkultur-Daten mit den Patienten-Daten zeigte sich: 5 der 170 Gene gaben Aufschluss darüber, ob ein/e Patient/-in lange überlebt oder nicht. „Mit dem Aktivitätsmuster dieser fünf Gene kann man das Überleben der Patient/-innen am besten ablesen“, sagt Gires.

Integrin als neuer Ansatzpunkt zur Bekämpfung?

Eines dieser Gene trägt die Bauanleitung für ein Integrin, ein Oberflächenmolekül, das für das Wanderverhalten der Krebszellen wichtig ist. In einem dreidimensionalen Labormodell haben die Forscherinnen und Forscher das lokale Invasionsverhalten der Tumorzellen simuliert. „Da haben wir gezeigt, dass die EMT dazu führt, dass die Zellen invasiv wachsen und auch Kontakt zueinander haben. Wenn wir dann das Integrin beta 4 blockieren, wird auch die Invasion der Zellen gehemmt.“ Das Integrin könnte also ein Ansatzpunkt für ein neues Medikament sein, das das Wanderverhalten der Tumorzellen bremst.

Weitere Forschung notwendig

Last but not least hat das Team um Gires mit Hilfe von Datenbanken überprüft, welche Patientinnen und Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren von Cetuximab profitieren. Das Ergebnis war, dass Patientinnen und Patienten mit hoher Aktivität des Integrins das Medikament am meisten geholfen hatte.

Alle Resultate müssen in größeren Patientenstudien auf ihren Wert getestet werden. Laut Wissenschaftlern lauten die zu klärenden Fragen: Taugt die Aktivität von EGFR bzw. der fünf „Prädiktor-Gene“ wirklich zur Vorhersage, welche Patientinnen und Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren wann und wie am besten von Cetuximab profitieren? Und welche nicht? Letzteren ließe sich dadurch eine Behandlung mit etlichen Nebenwirkungen ersparen.

Literatur:
Schinke H, Shi E, Lin Z, et al. (2022): A transcriptomic map of EGFR-induced epithelial-to-mesenchymal transition identifies prognostic and therapeutic targets for head and neck cancer. Mol Cancer 21(1): 178, DOI: 10.1186/s12943-022-01646-1.

Quelle: idw/Klinikum der Universität München

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