Wie wichtig eine schnelle Impfstoffentwicklung sein kann, hat die Coronapandemie gezeigt. Am Ende machten die mRNA-Impfstoffe das Rennen. Doch inzwischen haben viele Menschen Bedenken. Diese Impfstoffe zielen auf die sogenannten Spikeproteine – charakteristische Strukturen auf der Oberfläche des Virus. Die mRNA enthält die Sequenz des Spikeproteins, das nach der Impfung im Körper hergestellt wird und dann das menschliche Immunsystem trainiert. Doch es könnte kostengünstige Alternativen geben.
Epitope als Alternative?
Als alternative Methode zur mRNA werden „Epitope“ angesehen – kurze Fragmente von Proteinen des Krankheitserregers, die in der Lage sind, eine Immunantwort auszulösen. Sie gelten als vielversprechend, um schnell, kostengünstig und sicher gezielte Immunantworten zu erhalten. Jeder Mensch besitzt ein individuelles Immunsystem: Je nach Infektionsgeschichte ist die Immunabwehr auf unterschiedliche Eiweißstoffe trainiert und reagiert auf diese. „Dies ist ein grundlegendes Problem von Impfstoffen, die auf Epitopen basieren“, erläutert Prof. Dr. Gunnar Klau, Inhaber des Lehrstuhls für Algorithmische Bioinformatik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Zusammen mit seiner Doktorandin Sara Schulte und Prof. Dr. Alexander Dilthey vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene hat er sich mit einem neuen Ansatz für die Entwicklung solcher Impfstoffe beschäftigt.
Suche nach den geeigneten Epitopen
Prof. Klau vergleicht die Problematik mit einem Koch, der ein neues Gericht für eine große Festveranstaltung kreieren muss: „Manche Gäste haben Allergien, andere mögen bestimmte Zutaten nicht. Der Koch will nun Zutaten auswählen, sodass möglichst viele Gäste mitessen können und es ihnen auch schmeckt.“ Übersetzt auf Impfstoffentwicklung heißt dies: Gesucht sind diejenigen Epitope, die bei möglichst vielen Menschen eine gute Immunreaktion auslösen. Denn man kann nicht beliebig viele der Proteinfragmente in einen Impfstoff packen, damit sich die verschiedenen Immunsysteme die für sie passenden Sequenzen aussuchen; dafür reicht die Kapazität des Trägermediums nicht aus.
Einsatz des bioinformatischen Werkzeugs „HOGVAX“
Das Team der drei Forschenden wählt mit ihrem bioinformatischen Werkzeug „HOGVAX“ einen besonderen Ansatz. Schulte erläutert: „Statt die Epitope für den Impfstoff aneinanderzuhängen nutzen wir identische Sequenzen am Anfang und Ende der Epitope aus, um diese quasi ineinander zu schieben. Der identische Teil, oder ‚overlap‘, wird also nur einmal im Impfstoff repräsentiert. Dadurch sparen wir viel Platz ein.“ Auf diese Weise können viel mehr Epitope in einen Impfstoff gepackt werden.
Test mit SARS-CoV-2
Um die Epitope und deren längste Überlappungen effizient zu verwalten, setzen die Forschenden eine Datenstruktur namens „hierarchical overlap graph“ (kurz HOG) ein. Klau sagt: „Um im Bild des Kochens zu bleiben: HOG entspricht einem komprimierten oder eben geschrumpften Kochbuch, aus dem der Koch nun die Rezepte auswählen kann, die für alle Gäste passen.“ Prof. Dilthey: „Wir haben zum Test HOGVAX auf Daten des SARS-CoV-2-Virus angewandt. Dabei konnten wir deutlich mehr Epitope integrieren als andere Tools. Hiermit wären laut unseren Berechnungen über 98 Prozent der Weltbevölkerung zu erreichen und damit immunisierbar.“ Zu den weiteren Perspektiven ihrer Ergebnisse sagt Schulte: „In Zukunft werden wir daran arbeiten, HOGVAX für den Einsatz in der Krebstherapie abzuwandeln. Hier gilt es, spezifisch für den einzelnen Patienten designte Wirkstoffe zu entwickeln, die gezielt Tumorzellen angreifen.“
Quelle: idw/Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
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