Die Gründe für die steigende Anzahl an Antibiotikaresistenzen sind vielfältig. Zum einen werden Antibiotika zu schnell verschrieben, in manchen Ländern sind sie sogar rezeptfrei erhältlich. Auch Reserveantibiotika werden immer häufiger verschrieben, wodurch auch hiergegen immer mehr Resistenzen auftreten. Zum anderen sind Antibiotika in der Massentierhaltung prophylaktisch im Einsatz, um Infektionen zu vermeiden und sie dienen als Leistungsförderer. Die Entwicklung neuer Antibiotika wird dadurch immer wichtiger.
Ein chinesisches Forschungsteam um Yiyun Cheng (East China Normal University, Shanghai) nahm sich dabei die Bakterien selbst zum Vorbild. Die Mikroben nutzen selbst zum Schutz Lipoproteine, kleine Eiweißmoleküle mit Fettsäureketten gegen Konkurrenten. Es gibt bereits Lipoproteine, die als Wirkstoff zugelassen sind. Allen ist gemein, dass sie amphiphil sind: sie enthalten sowohl fett- als auch wasserabweisende Bereiche, was Ihnen die Bindung und den Eintritt in die bakterielle Membran erleichtert.
Eben diesen Effekt haben Cheng und ihr Team verstärkt. Sie ersetzten Wasserstoffatome der Lipidketten durch Fluoratome, welche die Lipidkette ebenfalls amphiphil werden lassen. Hinzukommt, dass sie durch ihre besonders niedrige Oberflächenenergie die Bindung an Zellmembranen verstärken als auch den Zusammenhalt der Membran durch die lipophoben Eigenschaften stören. Die Forschenden entwickelten eine Reihe solcher fluorierter Lipopeptide und testeten die Wirksamkeit gegen MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus), da diese multiresistente Mikrobe gegen fast alle Antibiotika resistent ist.
Effektivität ohne toxische Nebenwirkungen
Am wirksamsten erwies sich das Lipopeptid „R6F“, bestehend aus Arginin-Bausteinen und einer Lipidkette (acht Kohlenstoff- und 13 Fluoratome). Um die Biokompatibilität weiter zu erhöhen, banden die Forschenden R6F in Phospholipid-Nanopartikel ein. Im Mausmodell ließen sich die vorherigen positiven Ergebnisse bestätigen. R6F zeigte sich sehr wirksam gegen Blutvergiftungen und chronische Wundinfektionen durch MRSA – ohne toxische Nebenwirkungen.
Dabei greifen die Nanopartikel die Bakterien an unterschiedlichen Stellen an. Sie hemmen die Synthese wichtiger Zellwand-Bausteine, wodurch der Zerfall ebendieser gefördert wird. Außerdem dringen sie in die Zellmembran, um diese zu destabilisieren. Sie stören die Atmungskette und den Metabolismus und erhöhen den oxidativen Stress bei gleichzeitiger Hemmung des antioxidativen Schutzes des Bakteriums. Die Fülle der Angriff führt zum Absterben von MRSA und auch anderen Bakterienarten. Bisher ließ sich keine Entwicklung neuer Resistenzen entdecken, wodurch diese neue Methode ein vielversprechender Ansatzpunkt zur Entwicklung neuer, hochwirksamer Wirkstoffe gegen multiresistente Keime ist.
Quelle: idw
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