Etwa 15 Prozent der Krankheitstage von Erwerbstätigen sind auf psychische Störungen zurückzuführen, und noch immer bekommen psychische Erkrankungen in Deutschland nicht die Aufmerksamkeit, die eigentlich notwendig wäre, um längeren Ausfällen und frühzeitigen Verrentungen vorzubeugen. Der Gesetzgeber hat auf diese alarmierende Entwicklung reagiert: Er verpflichtet Arbeitgeber, eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich psychischer Faktoren durchzuführen und geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützten Projekt „EmmA“ arbeiten in Augsburg, Köln und Saarbrücken Partner aus Wissenschaft und Industrie an einem digitalen Coaching-Assistenten, der hier helfen soll.
„Uns geht es darum, ein interaktives, mobiles Assistenzsystem zu entwickeln, das bei psychischer Belastung individuell berät und darüber hinaus zur Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz sowie zur betrieblichen Wiedereingliederung nach einer psychischen Erkrankung genutzt werden kann“, erläutert Prof. Dr. Elisabeth André, Inhaberin des Lehrstuhls für Multimodale Mensch-Maschine-Interaktion der Universität Augsburg und Verantwortliche für den Augsburger Beitrag zum „EmmA“-Projekt.
Mangel an psychologisch qualifiziertem Fachpersonal
Aktuell verfügen weniger als ein Viertel aller Betriebe über eine ausreichende Gefähr-dungsbeurteilung – nicht zuletzt, weil psychologisches Fachpersonal in Unternehmen bislang eine Seltenheit ist. Die Entwicklung eines interaktiven Assistenzsystems, das Erwerbstätige bei psychischer Be- bzw. Überlastung individuell berät, wäre im Arbeitsalltag hilfreich, um die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen zu können.
Multimodale Echtzeitsensorenanalyse via Smartphone
Aus technischer Sicht soll „EmmA“ eine multimodale Echtzeitsensoranalyse mit Hilfe von Sensoren im Smartphone durchführen, bei der die physiologischen und sozialen Signale des jeweiligen Nutzers aufgezeichnet und interpretiert werden. Darauf aufbauend wird ein sozio-emotionales Verhaltensmodell entwickelt und an einen virtuellen Avatar gekoppelt, der kontextabhängig bei schwierigen Situationen Hilfe anbietet.
Reaktion auf explizites und implizites Nutzerverhalten
An der Universität Augsburg konzentriert sich Andrés Lehrstuhl für Multimodale Mensch-Technik-Interaktion auf die Entwicklung neuer Ansätze und Verfahren zur automatischen Erkennung und Analyse des Nutzerverhaltens. Dazu werden die aus dem Projekt resultierenden Algorithmen und Softwarekomponenten zur multimodalen Verhaltensanalyse weiterentwickelt und in das quelloffene SSJ Framework integriert (hcm-lab.de/ssj). SSJ erlaubt es, komplexe Prozesse zur multimodalen Echtzeitverhaltensanalyse direkt auf mobilen Geräten auszuführen. Dank SSJ kann der Avatar auf explizites (Sprache) und auch auf implizites (Gesten, Gesichtsausdrücke, emotionaler Zustand) Verhalten reagieren und sich selbstlernend kontinuierlich an den Nutzer anpassen.
Projektvolumen beträgt 1,57 Mio. Euro
Unter Leitung der Kölner Charamel GmbH kooperieren das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI GmbH), Saarbrücken, der Lehrstuhl für Multimodale Mensch-Technik-Interaktion der Universität Augsburg, die SemVox GmbH, Saarbrücken, und das Weiterbildungsinstitut für Psychotherapie (WIPS GmbH), Saarbrücken, um in den kommenden drei Jahren, die Ziele zu erreichen, die sie sich mit „EmmA“ gesetzt haben. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen von „KMU-innovativ“ mit Schwerpunkt Mensch-Technik-Interaktion gefördert. Das Projektvolumen beträgt 1,57 Mio. Euro, der Förderanteil des BMBF umfasst 73 Prozent dieses Volumens.
Eckdaten:
• Projektname: „EmmA“ (Emotionaler mobiler Avatar als Coaching-Assistent)
• Projektvolumen: 1,57 Mio. Euro (ca. 73% Förderanteil durch BMBF)
• Projektlaufzeit: 1. September 2018 bis 30. September 2021
• Projektpartner:
– Charamel GmbH, Köln (Projektleitung)
– Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH, DFKI, Saarbrücken
– Lehrstuhl für Multimodale Mensch-Technik-Interaktion der Universität Augsburg
– SemVox GmbH, Saarbrücken
– WIPS GmbH, Saarbrücken
Quelle: idw/Universität Augsburg
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