Vertreten wurde das politische Berlin durch Abgeordnete des Bundestages – mehrheitlich Frauen – sowie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Neben Vertreterinnen der Kranken- und Betriebskrankenkassen waren hochrangige Vertreter/-innen des Gesundheitswesens vor Ort.
Im Januar 2018 reichte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Kleine Anfrage zum „Frauenanteil in der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen“ ein. Die Antwort der Bundesregierung zeigt deutlich: 100 Jahre Frauenwahlrecht geht nicht mit paritätischer Verteilung der Spitzenämter einher. Dennoch scheint ein Umdenken angestoßen. Dr. Kirsten Kappert-Gonther, die diese Kleine Anfrage mitgestaltet und eingereicht hatte, bekommt seit der Veröffentlichung Anrufe und E-Mails, in denen ihr von Kassen und gesundheitspolitischen Initiativen berichtet wird, dass nun eine Frau im Vorstand sei oder dass eine Quotenregelung geschaffen wurde.
Bundesgesundheitsminister Spahn betonte, er sei gerne gekommen, da er auch gerne mit Frauen zusammenarbeite. Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) seien mehr als 60 Prozent der Beschäftigten Frauen, drei von sieben Abteilungsleitungen seien weiblich. Der Bundesgesundheitsminister verwies auf die besondere Situation im Gesundheitswesen, es gebe wenige Bereiche, in denen der Frauenanteil ebenso hoch sei. In den Gesundheitsberufen betrage dieser zum Teil bis zu 70 Prozent, in der Ärzteschaft nähere sich die Zahl berufstätiger Ärztinnen (46,8 Prozent) den Ärzten an. Dennoch fänden sich Frauen in Spitzenpositionen des Gesundheitswesens kaum wieder. Die eine Lösung gebe es nicht, jedoch müssten Rahmenbedingungen den Frauen im Gesundheitswesen Chancengleichheit zur Beteiligung ermöglichen. Dazu gehöre familiengerechte Gestaltung der Arbeitszeiten und Arbeitsorte ebenso wie die Einführung von Modellprojekten zur Kinderbetreuung (sieben Tage/24 Stunden). Planbarkeit von Beruf und Familie, auch gestaltbar durch mobiles Arbeiten, ist Spahn nicht nur in seinem Ministerium wichtig. Dabei spricht er von Müttern und Vätern wie auch von Frauen und Männern, die Angehörige pflegen.
Gleichwohl sei er kein Freund „von Quote konsequent und durch alles durch und schon gar nicht mit Blick auf Parlamentswahlen“, denn er empfindet sich als Abgeordneter des deutschen Volkes und nicht nur der deutschen Männer. Dennoch könne er sich eine Quotenregelung beim GKV-Spitzenverband vorstellen. Denn es bedürfe leuchtender Beispiele, die zeigten, dass es gehe. Das Auditorium begrüßte den Vorschlag als guten Anfang.
2015 wurde eine verpflichtende Frauenquote von 30 Prozent geschaffen. Dies gilt nur für Aufsichtsräte und wird annähernd erreicht. Für Vorstände gilt diese Verpflichtung nicht, dort sieht es deutlich anders aus. Für den FDP-Bundestagsabgeordneten Thomas Sattelberger ist die Gleichberechtigung der Frau selbstverständlich, und er verweist auf die Komplexität der Quotenregelung. Quotenregelung ohne systematisches Talentmanagement von unten und Kulturarbeit im Unternehmen sei nur ein symbolischer Akt. Die Arbeitswelt, Arbeitskultur und das Talentmanagement müssten sich ändern, und diese Themen müssten von der Unternehmensleitung geführt werden. Die Telekom, seinerzeit unter seiner Führung, führte eine freiwillige Frauenquote von 30 Prozent ein.
In den abschließenden Diskussionsrunden bekannten sich hochrangige Frauen aus Politik und Gesundheitswesen als Quotenfrauen. Sie verwiesen auf ihre berufliche Qualifikation, ohne die sie ihre Position nicht ausüben könnten. Sie durchbrechen den Thomas-Kreislauf, der besagt, dass Unternehmen gerne aufgreifen, was schon in der Vergangenheit gut funktioniert hat. Frauen könnten die Firmenpolitik verändern, ein systematisches Talentmanagement einführen und die Diversität der Teams fördern. Dadurch werden die Kreativität und Innovation der Unternehmen gestärkt und die Wirtschaftlichkeit deutlich erhöht.
Entnommen aus MTA Dialog 4/2019
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