COVID-19: Was passiert im Gehirn?

Hirn-Obduktion von COVID-19-Genesenen
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Prof. Dr. Marco Prinz (links) und Dr. Marius Schwabenland bei der Hirn-Obduktion
Prof. Dr. Marco Prinz (links) und Dr. Marius Schwabenland bei der Hirn-Obduktion von COVID-19-Genesenen. © Deutsche Forschungsgemeinschaft
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Ein Forschungsteam hat wichtige Fortschritte im Verständnis der immunologischen Veränderungen im Gehirn von COVID-19-Genesenen gemacht. Sie fanden eine anhaltende Aktivierung des angeborenen Immunsystems im Gehirn.

Dass SARS-CoV-2 auch Auswirkungen auf das Gehirn haben kann, steht schon länger fest. Nun gibt es ein weiteres Indiz, wie sich das Virus auf das Gehirn von COVID-19-Genesenen auswirken kann. Im Gehirn von Personen, die eine SARS-CoV-2-Infektion überstanden haben, fanden die Freiburger Forscherinnen und Forscher Anzeichen einer anhaltenden Aktivierung des angeborenen Immunsystems, wie das Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg jetzt zeigen konnte. Diese Erkenntnisse könnten entscheidend für die Entwicklung neuer Therapien für Patientinnen und Patienten mit langfristigen neurologischen Symptomen nach COVID-19 sein.

Hirneigenes Immunsystem längerfristig gestört

Die Forscherinnen und Forscher untersuchten die Gehirne von Personen, die an COVID-19 erkrankt, vollständig genesen und zu einem späteren Zeitpunkt an einer anderen Ursache verstorben waren. Bei diesen ermittelten sie immunologische Veränderungen im zentralen Nervensystem. Das Team setzte dafür hochmoderne Methoden des maschinellen Lernens und eine räumliche Auflösung auf Einzelzell-Ebene ein. Das erlaube ein deutlich besseres Verständnis der Funktion einzelner Zellen. Im Vergleich zu ebenfalls untersuchten Personen ohne vorherige SARS-CoV-2-Infektion fanden die Forscherinnen und Forscher in den Gehirnen von Genesenen zahlreiche sogenannte Mikrogliaknötchen. Diese charakteristischen Immun-Zellansammlungen weisen auf eine chronische Immunaktivierung hin, ähnlich einer Narbe, die nicht vollständig ausheilt. „Die Mikrogliaknötchen könnten eine zentrale Rolle bei den neurologischen Veränderungen spielen, die bei einigen Genesenen beobachtet werden“, erklärt Dr. Marius Schwabenland, Erstautor der Studie, Assistenzarzt am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg und Clinician-Scientist im IMM-PACT- sowie im Berta-Ottenstein-Programm der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg.

Gezielte Therapien entwickeln?

„Es ist gut möglich, dass die anhaltende Aktivierung des angeborenen Immunsystems im Gehirn zu den langfristigen neurologischen Beschwerden nach einer SARS-CoV-2-Infektion beiträgt. In einer früheren Studie hatten wir bereits Proben nach akuter SARS-CoV-2-Infektion untersucht und ähnliche, deutlich stärkere Veränderungen festgestellt“, erklärt Schwabenland. Studienleiter Prinz betont: „Unsere Studie ist ein wichtiger Schritt, um zu verstehen, wie COVID-19 das Gehirn langfristig beeinflusst. Dies könnte uns helfen, gezielte Therapien zu entwickeln, die diese Immunreaktionen modulieren und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.“ „Unsere Ergebnisse unterstreichen die zentrale Rolle, die fehlregulierte Immunreaktionen bei COVID-19 spielen können – nicht nur bei der akuten Infektion, sondern auch bei Langzeitfolgen wie Long COVID“, betont Prof. Dr. Dr. Bertram Bengsch, Sektionsleiter an der Klinik für Innere Medizin II und Mitautor der Studie.

COVID-19 bleibt ein ernstzunehmendes Problem

Die Untersuchung verschiedener Zelltypen des angeborenen und erworbenen Immunsystems und das Zusammenspiel dieser Zellen stelle einen vielversprechenden Ansatz für künftige Forschungsprojekte dar, die über COVID-19 hinausgehen. Ein besseres Verständnis dieser Prozesse könne zu neuen diagnostischen und therapeutischen Ansätzen in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Infektions- oder Krebserkrankungen führen.

Dass COVID-19 nach wie vor ein ernstzunehmendes Problem ist, bekräftigte am 19. Juli Hans Kluge auf X. Der WHO-Generaldirektor für die Region Europa betonte, dass SARS-CoV-2 immer noch Infektionen, Krankenhausaufenthalte und Todesfälle verursache. Die Pandemie habe gezeigt, wie wichtig eine robuste Überwachung sei, um Krankheitserreger über das gesamte Spektrum hinweg zu verfolgen. Er forderte die 53 WHO-Europa-Mitgliedsstaaten auf, wachsam zu bleiben – und die Überwachung und Berichterstattung zu verstärken. Die COVID-Aktivität im Auge zu behalten, sei der Schlüssel zur Notfallvorsorge und zum Schutz der öffentlichen Gesundheit.

Literatur:
Schwabenland M, Hasavci D, Frase S, et al.: High throughput spatial immune mapping reveals an innate immune scar in post-COVID-19 brains. Acta Neuropathol 148, 11 (2024), DOI: doi.org/10.1007/s00401-024-02770-6.

Quelle: Uniklinik Freiburg, X

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