Antigentests: Wären Selbstabstriche zuverlässig?

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Ein professioneller Nasen-Rachen-Abstrich bindet medizinisches Personal, ist organisatorisch aufwendig und benötigt eine Schutzausrüstung. bizoo_n - stock.adobe.com
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Unter bestimmten Bedingungen kann für einen Antigen-Schnelltest ein Selbstabstrich aus der vorderen Nase eine verlässliche Alternative zu einem professionellen Abstrich aus dem Nasen-Rachen-Raum sein. Das geht aus einer Studie von Forschenden der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Universitätsklinikums Heidelberg hervor.

Antigen-Schnelltests sind zwar weniger genau als PCR-Tests, können aber durch ihre Schnelligkeit und einfache Durchführung einen wichtigen ergänzenden Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten und den Alltag in bestimmten Situationen risikoärmer gestalten. Antigen-Schnelltests können innerhalb von weniger als 30 Minuten direkt vor Ort Aufschluss darüber geben, ob eine Person zum Testzeitpunkt mit SARS-CoV-2 infiziert ist und andere Menschen anstecken könnte.

Die Tests könnten so beispielsweise den Besuch eines Familienmitglieds im Pflegeheim oder Krankenhaus sicherer machen. Dennoch werden sie bisher noch nicht weitflächig eingesetzt. Einer der Gründe: Ihr Einsatz ist in den meisten Fällen bisher nur möglich, wenn die Probe von medizinischem Personal aus dem Nasen-Rachen-Raum entnommen wurde.

Instruktionen für den Selbstabstrich

„Ein solcher professioneller Nasen-Rachen-Abstrich ist aus zwei Gründen eine Hürde für den breiten Einsatz von Antigen-Schnelltests“, sagt Prof. Dr. Frank Mockenhaupt, kommissarischer Direktor des Instituts für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit der Charité. „Erstens ist ein tiefer Nasenabstrich für viele Menschen unangenehm, sie werden eine regelmäßige Testung deshalb vielleicht eher meiden. Zweitens bindet der Abstrich medizinisches Personal, ist organisatorisch aufwendig und benötigt eine Schutzausrüstung.“
Zusammen mit Privatdozentin Dr. Claudia Denkinger, Leiterin der Sektion Klinische Tropenmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg, hat Prof. Mockenhaupt deshalb eine Studie aufgesetzt, um einen Selbstabstrich aus der vorderen Nase unter medizinischer Anleitung als mögliche Alternative zu einem professionellen tiefen Nasenabstrich zu prüfen.

Die Untersuchung fand zwischen Ende September und Mitte Oktober in der Coronavirus-Untersuchungsstelle der Charité statt. Menschen mit SARS-CoV-2-typischen Symptomen, die an der Studie teilnehmen wollten, erhielten vom medizinischen Personal zunächst Instruktionen für den Selbstabstrich. Danach sollten die Studienteilnehmenden einen Tupfer in 2 bis 3 Zentimeter Tiefe für 15 Sekunden in kreisenden Bewegungen an den Innenwänden ihrer Nase entlangführen. Anschließend entnahm das Personal von den Erkrankten einen tiefen Nasenabstrich (nasopharyngeal).

Kombinierter Abstrich aus dem Mund- und Nasen-Rachen-Raum

Beide Proben wurden vor Ort auf einen in Deutschland zugelassenen Antigen-Schnelltest aufgetragen und die Ergebnisse miteinander verglichen. Zusätzlich nahm das Personal einen kombinierten Abstrich aus dem Mund- und Nasen-Rachen-Raum, um per PCR eine Referenz-Diagnose auf SARS-CoV-2-Infektion stellen zu können.

39 der 289 Studienteilnehmer (13,5 Prozent) erwiesen sich auf Basis der PCR-Testung als infiziert mit SARS-CoV-2. Bei 31 von ihnen (knapp 80 Prozent) schlug auch der Antigen-Schnelltest an, wenn die Probe professionell tief aus der Nase entnommen wurde. Der Selbstabstrich aus der vorderen Nase lieferte bei 29 von den Infizierten (rund 74 Prozent) das korrekte Ergebnis. „Dass Antigen-Schnelltests nicht so sensitiv sind wie die PCR, hatten wir natürlich erwartet“, sagt Privatdozentin Dr. Denkinger.

Festere Tupfer könnten die Genauigkeit des Tests erhöhen

„Bei genauerem Hinsehen hatten die Antigentests insbesondere in den Fällen eine Infektion übersehen, in denen die Patienten nur eine geringe Viruslast hatten.“ Betrachtete das Forschungsteam dagegen nur die Erkrankten mit einer hohen Viruslast, schlugen die Antigentests bei tiefen Nasenabstrichen jedes Mal an, bei den Selbstabstrichen in knapp 96 Prozent der Fälle.

„Die Studie zeigt uns, dass die angeleiteten Selbstabstriche für den untersuchten Antigentest nicht schlechter als professionelle Abstriche aus dem Nasen-Rachen-Raum sind“, erklärt Privatdozentin Dr. Denkinger. „Festere Tupfer, die sich besser für den Abstrich im Nasenvorhof eignen, könnten die Genauigkeit des Tests noch erhöhen.“

Die Abhängigkeit von medizinischem Personal fällt weg

Im November machte der Bund rechtlich den Weg frei für den erweiterten Einsatz von Antigen-Schnelltests – sie können nun grundsätzlich auch durch geschultes Personal an Kitas und Schulen eingesetzt werden. „Mit den neuen rechtlichen Möglichkeiten fällt die Abhängigkeit von medizinischem Personal weg“, sagt Privatdozentin Dr. Denkinger. „Das macht die Antigen-Schnelltests skalierbarer. Wissenschaftliche Daten zu Selbstabstrichen wie in dieser Studie dürften den Entscheidungsträgern helfen, neue Konzepte zu implementieren.“

Prof. Mockenhaupt ergänzt: „Die Schnelltests sind eine wichtige Ergänzung der angespannten PCR-Testkapazitäten. Allerdings sind Selbstabstriche und Selbsttestungen nicht unkritisch: Eine fehlerhafte Durchführung oder ein falsches Ablesen kann eine falsche Sicherheit nach sich ziehen. Andererseits sollte ein positiver Schnelltest durch eine PCR bestätigt werden.“ Im nächsten Schritt wird das Forschungsteam deshalb untersuchen, ob Antigen-Schnelltests auch dann zuverlässige Ergebnisse liefern, wenn sie von Laien komplett ohne professionelle Unterstützung durchgeführt werden.

 

Quelle: idw/Charité, 11.12.2020

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