Was tun gegen Fachkräftemangel im Labor?
Kurz vor dem Welttag des Labors am 23. April hat sich das Unternehmen Starlab diesem Thema angenommen. Bei der Umfrage des Hamburger Laborprodukteherstellers unter 2.000 Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren aus Deutschland und dem Vereinigten Königreich zeigte sich, dass zwar viele Jugendliche Laborjobs für sinnhaft, sicher, verantwortungsvoll und systemrelevant halten – allerdings fehlt den meisten eine genaue Vorstellung und der Zugang zu dem Thema. An erster Stelle assoziieren sie mit der Laborarbeit die Analyse von Blut und Urin in einer Arztpraxis (58 Prozent), als Zweites den Nachweis von Mikroben im Trinkwasser (49 Prozent), gefolgt von der Erfindung des nächsten mRNA-Impfstoffs (37 Prozent). Am wenigsten dagegen verbinden sie mit der Arbeit die Heilung von Krebs (27 Prozent).
Corona hat wenig verändert
Die seit zwei Jahren andauernde Corona-Berichterstattung rund um PCR-Tests, Testmangel und überlastete Labore hat kaum dazu beigetragen, dass Schüler und Schulabgänger Labor- und Wissenschaftsberufe verstärkt auf dem Schirm haben oder attraktiver finden. Im Gegenteil: 22 Prozent der Befragten erklären, dass sie genauso viel über die Arbeit in den Laboren wissen wie vor Corona. Weitere 12 Prozent geben an, überhaupt kein Bild von der Arbeit in den Laboren zu haben. „Vom Zukunftsfeld Digitalisierung über die aus ökologischer und nun auch politischer Sicht unumgängliche Energiewende und Themen wie Klimawandel, Biodiversität oder Ressourcen- und Lebensmittelknappheit bis hin zu demografischen Herausforderungen: Vielen Jugendlichen ist gänzlich unbewusst, dass alle großen Zukunftsthemen naturwissenschaftlicher Lösungen bedürfen“, sagt Starlab-CEO Klaus Ambos.
75,2 Prozent der Teens halten die Tätigkeiten im Labor für sinnhaft. Weitere 71,4 Prozent messen den Jobs viel Verantwortung zu. Das spiegelt sich aber nach wie vor nicht in den Bewerberzahlen wider. Demnach fehlen laut MINT-Report des Instituts der Deutschen Wirtschaft aktuell rund 280.000 Fachkräfte. „Wir verzeichnen seit fünf Jahren rückläufige Bewerberzahlen“, sagt auch Dr. Oliver Zschenker, Schulleiter der School of Life Science Hamburg. Weder die Corona-Pandemie noch namhafte Auszeichnungen wie das Bundesverdienstkreuz für den Biontech-CEO Ugur Sahin haben daran etwas geändert. Dabei hat sich die Corona-Pandemie laut Starlab-Umfrage ganz klar auf die Berufswahl der Jugend ausgewirkt. 29 Prozent der Teenager haben eine andere berufliche Präferenz als vor der Pandemie. Sieben von zehn (70,9 Prozent) Jugendlichen erklären, dass ihnen die Arbeit im Labor Spaß bereiten würde.
Voraussetzungen sind eigentlich gegeben
Das Interesse für die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) ist eigentlich in der Schule noch vorhanden. Für 23,2 Prozent der befragten Jugendlichen in Deutschland steht demnach das Themengebiet MINT in der Schule vor Deutsch, Fremdsprachen, Sport, den musischen oder gesellschaftswissenschaftlichen Fächern. Innerhalb der MINT-Gruppe geben vier von zehn (39,7 Prozent) an, durch die eigene Neigung zum Thema MINT auf die Fächer aufmerksam geworden zu sein, dicht gefolgt von den Lehrern (28,4 Prozent). An dritter Stelle folgen die Medien mit knapp 15,5 Prozent in Form von bekannten Wissenschaftlern (5,2 Prozent), Social-Media-Influencern (6,9 Prozent) und charismatischen Persönlichkeiten wie etwa Bill Gates oder Elon Musk (3,4 Prozent). Mit 12,5 Prozent folgt anschließend das direkte Umfeld der Jugendlichen in Form von Familie (7,3 Prozent) und Freunden (5,2 Prozent), das die Teenager auf die MINT-Themen aufmerksam gemacht haben.
Daniela Heinrich-Stiller, die 2021 den Deutschen Lehrerpreis in der Kategorie „Unterricht innovativ“ erhalten hat, gab bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse ebenfalls zu bedenken, dass es in den Gymnasien stark in Richtung Studium gehe. Es müsse jedoch viel mehr aufgezeigt werden, welche Wege es noch gebe. Ein Lehrer habe zudem einen unglaublichen Einfluss, wenn man für sein Fach brenne. Es scheine jedoch eine Lücke zu geben, die Begeisterung der Schüler für Experimente auch in die Berufswahl umzumünzen. An der Stelle könne eigentlich die Berufsberatung ansetzen. Doch von der offiziellen Berufsberatung zeigt sich Amboss enttäuscht. Es werde dort zu wenig auf MINT eingegangen, ist er überzeugt. Es gebe auch spannende Lehrberufe in Deutschland. Auch nach einer Ausbildung könne man noch studieren. Heinrich-Stiller würde es begrüßen, wenn z.B. Schülerlabore, die z.B. auch für Jugend-forscht-Projekte genutzt werden könnten, in den Schulen gefördert würden. Hier könnten sich auch Unternehmen gezielt einbringen.
Berufswahl: Starker Einfluss der Familie
Bei der Frage nach den Einflussfaktoren bei der Berufswahl geben sieben von zehn Jugendlichen (70,1 Prozent) an, ihre Wahl aufgrund persönlicher Interessen und Neigungen zu treffen. Die Hälfte (50,9 Prozent) gibt an, durch die Familie beeinflusst zu werden. Auf den Plätzen drei und vier rangieren dagegen die Impulse aus der Kindheit in Form von Büchern, Idolen und Spielzeugen (40,7 Prozent) sowie die Schule (40,3 Prozent). „Die Umfrageergebnisse lassen die Vermutung zu, dass die Jugendlichen an einem gewissen Punkt im Schulalter das intrinsische Interesse für MINT verlieren und den Karriereverlauf anhand von Kriterien wie Renommee, Gehalt und Work-Life-Balance bestimmen. Um den Forschungsstandort Deutschland und die hiesige Life-Science-Branche am Leben zu erhalten, ist es umso wichtiger, die ohnehin kaum sichtbaren Berufe im Labor sichtbarer zu machen. Die Begehung des Welttages des Labors am 23. April, der in vielen anderen Ländern längst ein wichtiger Aktionstag ist, wäre ein guter Anfang“, resümiert Ambos.
Interessant: In UK spielen die Social Media Influencer eine wesentlich größere Rolle bei der Berufswahl (36 Prozent). Die Familie rangiert dort nur auf den hinteren Plätzen (18 Prozent).
Mit einer aktuellen Nachwuchskampagne will Starlab den Laborbereich bekannter machen.
Über die Umfrage:
Die Umfrage wurde im März 2022 von dem mit ISO 20252 zertifizierten Panelanbieter Cint durchgeführt. Cint verfügt über das weltweit größte Panelisten-Netzwerk für digitale, umfragebasierte Forschung, das aus über 149+ Millionen aktiven Teilnehmenden in mehr als 130 Ländern besteht. Im Rahmen der Befragung wurden 1.000 Jugendlichen aus Deutschland und 1.000 Jugendlichen aus England zwischen 16 und 19 Jahren in Deutschland befragt.
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