Vielfalt und Anspruch für medizinisch-technisches Personal in der Schlafmedizin

Esther Marasanov
Titelbild zum Beitrag über die Vielfalt und die Ansprüche, die in der Schlafmedizin an medizinisch-technisches Personal gestellt werden
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Jeder, der in einer medizinischen Einrichtung tätig ist, weiß, wie stressig und anstrengend dies sein kann. Sehr oft müssen verschiedene Tätigkeitsbereiche abgedeckt und viel Verantwortung übernommen werden. Dazu gehören Patientenversorgung, Dokumentation, Organisation und Koordination, Forschung, Mitarbeit in einem multidisziplinären Team und vieles mehr. Hinzu kommen noch Schulungen und Weiterbildungen, erwartete Effizienzsteigerung sowie das Integrieren und Umsetzen neuer Erkenntnisse und überarbeiteter Leitlinien in den Arbeitsalltag.

Speziell in einem Schlaflabor müssen täglich viele verschiedene Aufgaben erledigt werden. Im Einzelnen können dies sein: Organisation des Ablaufes, Studenten- und Mitarbeiterbetreuung, Tätigkeiten in der Ambulanz, Wochenvorbereitung, Materialbestellung, Schlafräume vorbereiten, Messaufnehmer und Materialien vor- und nachbereiten, Datensicherung, Technik funktionsfähig halten, Patientenbetreuung, Patientenversorgung Patientenführung, Untersuchungen wie Polysomnografie (PSG), Polygrafie, Pupillometrie, MSLT (Multipler Schlaflatenztest), MWT (Maintenance of Wakefulness-Test), Vigilanztest, EKG und EEG durchführen. Ein besonders anspruchsvoller Bereich der Patientenversorgung ist dabei die Maskenanpassung. Diese Aufzählung zeigt, wie vielfältig eine Tätigkeit im Schlaflabor ist.

Die Anforderungen im Berufsalltag ändern sich stetig und immer wieder stellt sich die Frage, was vom Personal erwartet wird, welche Faktoren diese Arbeit beeinflussen und welchen Veränderungen die Arbeit des Personals in den Schlaflaboren unterliegt. Zeitmangel und die mögliche Diskrepanz zwischen Anforderungen und Erwartungen und dem, was zu leisten möglich ist, kann zu Überforderung und Unsicherheiten führen. Wenn dann noch zusätzlich Neuerungen umgesetzt werden sollen, Probleme auftreten oder „schwierige Patienten“ zu betreuen sind, kann dies zur Überlastung führen. Dies ist eine stetige Herausforderung. Welche Hilfsmittel, Ansprechpartner und Informationsquellen stehen uns zur Verfügung, um genau diese Herausforderungen zu meistern?

Im Allgemeinen kann man sagen, dass dies einer guten Vorbereitung und Planung sowie ständiger Weiterbildung in unterschiedlichen Bereichen bedarf. Grundsätzlich sind eine gute Zusammenarbeit und Kommunikation unter Kolleginnen und Kollegen aller mitarbeitenden Berufsgruppen sehr wichtig. So heißt es in einem Artikel: „Mitarbeiter wissen viel, und wenn sie ihr Wissen weitergeben, profitiert das ganze Unternehmen.“ [1] Diese Aussage vermittelt uns, dass es wichtig ist, internes Wissen effizient zu nutzen und vor allem auch zu dokumentieren. Es gilt der Grundsatz, dass Erfahrungswissen wächst, wenn man es teilt. Dies heißt aber auch, dass eine regelmäßige Weiterbildung essenziell ist. Weitere Gründe dafür sind: 1. Erweiterung der beruflichen Perspektiven, 2. Verbesserung des Qualifikationsprofils, 3. besseres Ausführen der Arbeit.

Weiterbildungen nutzen

Im Leitfaden für die Akkreditierung von schlafmedizinischen Zentren der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. (DGSM) heißt es: „Es sollten für das eigene Personal regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt oder Möglichkeiten zur externen Schulung gewährleistet werden.“ [2] Zum Beispiel können hausintern oder abteilungsintern Weiterbildungen, wie Schulungen, regelmäßige Besprechungen angeboten oder Interrater-Reliabilität bei PSG-Auswertungen berechnet werden. Aber auch extern gibt es deutschlandweit ein breites Angebot an Weiterbildungen, zum Beispiel durch das Deutsche Institut zur Weiterbildung für Technologen/-innen und Analytiker/-innen in der Medizin e.V. (DIW-MTA), diverse Firmen und die DGSM oder den DVTA. Innerhalb der DGSM arbeiten verschiedene Arbeitsgruppen und Kommissionen. In der AG Technisches Personal arbeiten Medizinische Technologen (MT), welche in verschiedenen Schlaflaboren auf ambulanter und stationärer Ebene tätig sind, zusammen. Unsere AG befasst sich mit allen Belangen, welche das medizinisch-technische und pflegerische Personal in der Schlafmedizin betreffen und unser Hauptziel ist es, die Mitarbeiter im medizinisch-technischen und im pflegerischen Bereich in den Schlaflaboren zu unterstützen. Auch in der Schlafmedizin gibt es eine stetige Weiterentwicklung. Daher wird unter anderem zum jährlichen Kongress der DGSM ein Weiterbildungsprogramm angeboten. Dazu gehört eine Lernwerkstatt. In diesem Kurs werden die Funktion und die Anwendung von Messaufnehmern und Elektrodenplatzierungen nach AASM vorgestellt. Ferner wird man theoretisch und praktisch in das Ausmessen der Elektrodenpositionen nach dem 10-20-System eingeführt. In einer weiteren Fortbildung für das medizinisch-technische und pflegerische Personal gibt es Vorträge, welche auf die Anforderungen und Probleme in der täglichen Routine eingehen und Lösungsvorschläge anbieten, zum Beispiel in den Bereichen Auswertung, Maskenanpassung, Alternativen zur Ventilationstherapie, das 1x1 der Schlafmedizin und vieles mehr.

Auch ist es wichtig, sich immer wieder über Krankheitsbilder, Untersuchungen, Auswertungen und so weiter fortzubilden. Mögliche Hilfsmittel, um Wissen neu zu erlernen, zu festigen und zu erweitern, können sein: Das Kompendium Schlafmedizin, welches fortlaufend aktualisiert wird, das AASM-Manual zum Scoring von Schlaf und assoziierten Ereignissen, die Zeitschrift „Somnologie“ und andere Fachliteratur sowie die Homepages der Gesellschaften und Verbände. Dabei sind der Dachverband für Technologen/-innen und Analytiker/-innen in der Medizin Deutschland e.V. (DVTA), die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. (DGSM), die European Sleep Research Society (ESRS) und die American Academy of Sleep Medicine (AASM) zu erwähnen.

Austausch ist wichtig

Auf der Homepage der DGSM, welche kontinuierlich aktualisiert und erweitert wird, sind Informationen über Arbeitsgruppen, Schlaflabore, Leitlinien, aktuelle Themen, Kontaktdaten und immer wieder Aktualisierungen, neue Erkenntnisse sowie Anpassungen zu finden. Vieles wird durch Erfahrung in der täglichen Routine in der Patientenführung und beim Nutzen der Technik gelernt, und doch kann manchmal der Umgang mit Patientinnen und Patienten sehr schwierig beziehungsweise anstrengend sein. Auch dabei wollen wir unterstützend zur Seite stehen. Vorträge und Informationen zu speziellen Themen sind im geschützten Raum, das heißt für Mitglieder der DGSM, online gestellt.

Um eine gute Qualität im Schlaflabor gewährleisten zu können, sind auch fundierte IT-Kenntnisse wichtig, wobei auch die Technik einem steten Wandel und Fortschritt unterliegt, auf den es sich immer wieder einzustellen gilt. Eine gute Einweisung in die Bedienung der Geräte und ein guter Kontakt zum Hersteller sowie eventuell Hospitationen in anderen Schlaflaboren und der Austausch untereinander sind dabei hilfreich.

Besonders zu erwähnen wäre dabei die Telemedizin, welche eine besondere Herausforderung darstellt, da sie einen erhöhten Schulungsbedarf für Personal und Patienten sowie einen erhöhten Zeit- und Arbeitsaufwand bedeutet. Dafür steht in der DGSM auch die Arbeitsgruppe Telemedizin und Telemonitoring als Ansprechpartner bereit.

Die DGSM verweist in ihren Statuten auf Folgendes: „Das Personal muss sehr gute Kenntnisse über die Diagnostik von Schlafstörungen […] aufweisen. Es muss die diagnostischen und therapeutischen Verfahren, die polysomnografischen Messmethoden, Verfahren der Untersuchungen am Tage als auch die Auswertung des Schlafes und der Atmung beherrschen.“ [2] „Der medizinisch-technische Dienst muss mit den Methoden der Polysomnografie, der Tagesuntersuchungen zur Einschlafneigung und mit ambulanten Messmethoden vertraut sein.“ [3] Um dies gewährleisten zu können und für einen möglichst reibungslosen Ablauf, ist eine gute Vorbereitung in allem notwendig. Daher setzen wir auch auf ein verstärktes Qualitätsmanagement (QM). Qualitätsmanagement bezeichnet alle organisierten Maßnahmen, die der Verbesserung von Produkten, Prozessen oder Leistungen jeglicher Art dienen.

Qualifikationsnachweis (QN) Somnologie

Nach der Definition der DGSM im Leitfaden für die Akkreditierung von schlafmedizinischen Zentren bedeutet QM die „Bemühung um Sicherung und Verbesserung der Qualität der Patientenversorgung in der Schlafmedizin“. [2] Eine gute und fundierte Ausbildung hilft uns, Situationen besser einzuschätzen, auf Patientinnen und Patienten einzugehen und lösungsorientiert zu arbeiten. Wesentlich dafür ist ein solides Wissen im Fachbereich Schlafmedizin. Dafür bietet die DGSM den „Qualifikationsnachweis (QN) Somnologie“ an. Voraussetzungen dafür sind unter anderem mindestens eine 12-monatige ganztägige Tätigkeit in einem Schlaflabor, Hospitation in einem akkreditierten Schlaflabor einer anderen Fachrichtung, Durchführung und Auswertung von Polysomnografien, MSLT- oder MWT-Untersuchungen, apparative Untersuchungen zur Erfassung der Vigilanz, Aktimetrie-Untersuchungen, ambulante Untersuchungen zum Monitoring schlafbezogener Atmungsstörungen, Mitbetreuung und Überwachung von PSG unter nasaler Ventilationstherapie (nCPAP, BiPAP).

Zu einem guten QM gehören auch Standard Operating Procedures, welche sehr hilfreich, ich würde sogar sagen, erforderlich sind. Diese Standardarbeitsanweisungen enthalten detaillierte Anweisungen und sollen den Beschäftigten helfen, komplexe Aufgaben korrekt und sicher auszuführen. „Standard Operating Procedures (SOP) haben das Ziel, transparente Abläufe zu schaffen, um eine bestmögliche Patientenversorgung zu gewährleisten. Sie sind Teil klinischer Behandlungspfade, in denen die Abläufe von der Aufnahme bis zur Entlassung des Patienten dargelegt sind. Die SOPs dienen dem Berufsanfänger, aber auch dem erfahrenen Kollegen als hilfreiche Unterstützung bei seiner klinischen Arbeit. Sie ersetzen nicht das eigene Denken und Bewerten in speziellen Situationen, sondern bieten Anregungen für ein pragmatisches und gesichertes Vorgehen.“ [3]

SOPs können gemeinsam im Team in folgenden Schritten erarbeitet werden: 1. Erstellen und Überprüfen, 2. Prüfen, 3. Genehmigen, 4. Freigeben, 5. Schulen und 6. Inkrafttreten. In SOPs können Abläufe festgelegt oder Formblätter erarbeitet werden. Hilfreich ist es, wenn sich jeder einbringen kann und so das interne Wissen genutzt wird. SOPs erleichtern den Ablauf, geben Struktur sowie Sicherheit im Umgang mit Patientinnen und Patienten und in besonderen Situationen und sie helfen, Richtlinien zum Beispiel des Arbeitgebers oder der Krankenkassen umzusetzen. Dabei ist es wichtig, dass ein Verantwortlicher festgelegt wird, ständige Kommunikation stattfindet, die SOPs in der Anwendung kontrolliert und bei Bedarf angepasst werden.

Zusammenfassend gilt, dass eine Qualitätssicherung unumgänglich ist. Sie gibt dem Einzelnen Sicherheit im Ausführen der Arbeit, verbessert und sichert die Qualität der Arbeit und macht die Ergebnisse vergleichbarer. Allerdings muss ein Prozedere gefunden werden, welches im jeweiligen Schlaflabor umsetzbar ist. Wichtig dabei ist, dass eine verantwortliche Person festgelegt wird und Probleme auch angesprochen und diskutiert werden können.

Wie anfangs bereits erwähnt, sehen sich die Mitarbeiter in den Schlaflaboren vielen Anforderungen und Veränderungen ausgesetzt. Um diesen Herausforderungen vorbereitet entgegentreten zu können und die Arbeit zu erleichtern, lohnen sich in jedem Fall Investitionen in Aus- und Weiterbildungen. Dabei gilt: Bereits kleine Veränderungen im Arbeitsalltag können eine große Erleichterung bringen.

Besonderer Dank gilt Priv. Doz. Dipl.-Ing. Dr. rer. physiol. Friedhart Raschke und Susanne Schehl für ihre Unterstützung!

Kontakt:

Esther Marasanov
Charité Berlin
Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie
Sprecherin AG Technisches Personal der DGSM
esther.marasanov@charite.de


Literatur

1. Hommel EM: Der Kollege, mein Lehrer. manager magazin online, 5. Oktober 2015. https://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/wissen-teilen-unternehmen-unterstuetzen-lernen-vom-kollegen-a-1054521.html (last accessed on 24 May 2023).

2. Homepage der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin e.V. (https://www.dgsm.de/).

3. Spies C, Kastrup M, Kerner T, Melzer-Gartzke C, Zielke H: SOPs in Intensivmedizin und Notfallmedizin. Thieme, 2013.

 

Entnommen aus MT im Dialog 8/2023

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