Überversorgung in Deutschland

Buchbesprechung
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Überversorgung in Deutschland
Lesenswertes und unterhaltsam geschriebenes Buch
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Das Buch „Ein Schnupfen ist kein Beinbruch“ von Dr. Johannes Wimmer und Prof. Robin Haring greift ein heikles Thema auf. Zwar sind die Deutschen Arzt-Weltmeister, doch leben deshalb die Menschen hierzulande gesünder oder länger? Das leicht lesbare Buch versucht, Antworten auf diese wichtige Frage zu geben.

Nach demografischen und geriatrischen Ausführungen gehen die beiden Autoren auf den Begriff Gesundheit ein. Besonders interessant sind die Darstellungen zur Überversorgung in Deutschland, die mit statistischem Material untermauert werden. Sie geben Tipps, wie sinnlose Medizin verhindert werden kann und auf welche zehn Behandlungen verzichtet werden könnte. Aber auch die Themen Behandlungsfehler oder die nicht unumstrittenen Screeningprogramme werden kurz, aber fundiert behandelt. Ohnehin sind die einzelnen Kapitel kurz und somit schnell zu lesen. Kritisch sind die Ausführungen auch zu den „beliebten“ IGeL-Leistungen sowie zu den Nahrungsergänzungsmitteln, die als selten nützlich, aber teuer bezeichnet werden. Spannend ist außerdem das Kapitel zu Risiko. Es wird aufgezeigt, wie mit „objektiven“ statistischen Daten Politik gemacht werden kann. Ein Beispiel ist die Schlagzeile „Fleischfreunde sterben früher“.

Um die Wurzel der Überversorgung zu erkennen, blicken die beiden Autoren zurück ins Jahr 2004, als das neue System zur Kostenerstattung im Gesundheitssystem eingeführt wurde und in der Folge der Beruf des Case Managers entstanden ist. Ebenfalls gehen sie auf die Überversorgung in der Stadt und die Unterversorgung auf dem Land ein. Berücksichtigt werden zudem die zunehmenden Ausgaben für Medikamente. Kritisiert wird, dass die PRISCUS-Liste, die kritische Arzneimittel für ältere Patienten aufführt, seit 2010 nicht mehr aktualisiert wurde. Die Themen personalisierte Medizin sowie die evidenzbasierte Medizin und BigData/Digitalisierung sparen Wimmer und Haring bei ihrer Betrachtung des deutschen Gesundheitssystems nicht aus. Am Ende des Buches bringen es die beiden auf den Punkt: „Wir brauchen aber einen offenen Dialog darüber, wie wir als Gesellschaft altern wollen und wie viel oder wie wenig Medizin wir dabei brauchen.“

Ein sehr lesenswertes und unterhaltsam geschriebenes Buch, das viele Fakten und Facetten zusammenträgt und damit ein Gesamtbild der Überversorgung in Deutschland entwickelt. Das ausführliche Literaturverzeichnis hilft, wenn man sich mit bestimmten Themen intensiver beschäftigen möchte.

Ein Schnupfen ist kein Beinbruch. Warum weniger Medizin oft gesünder ist.
Von: Johannes Wimmer und Robin Haring, 2018, Ullstein, ISBN: 978-3-548-37712-4, Preis: 10 Euro

Entnommen aus MTA Dialog 7/2018

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