MTA-Fachkräftemangel – Politik ist in der Pflicht

(Online First) Ausreden helfen nicht mehr
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MTA-Fachkräftemangel
MTA-Fachkräftemangel macht sich zunehmend bemerkbar Fotolia/motorradcbr
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Im Koalitionsvertrag der möglichen neuen GroKo wird unter der Überschrift Gesundheitsberufe angekündigt, dass die Ausbildung der Gesundheitsfachberufe im Rahmen eines Gesamtkonzeptes neu geordnet und gestärkt werden soll. Dabei dürfen die MTA-Berufe nicht vergessen werden. Die Zeit drängt und die Probleme verschärfen sich zunehmend.

Immer wieder ist zu hören, dass MTA und vor allem MTRA eine immer knapper werdende Ressource seien. Auch eine Umfrage unter den Personalverantwortlichen im Radiologienetz1 der 100 Netz- und Clubpraxen im Jahr 2017 bestätigte diese Einschätzung. Immerhin 35 Praxen mit 1.150 Mitarbeitern (ohne Ärzte) hatten sich daran beteiligt. Dabei zeigte sich, dass 20 Vollzeitstellen im MTRA-Bereich nicht besetzt waren. Hochgerechnet ergebe sich damit ein Bedarf von 1.260 MTRA-Vollzeitstellen, die pro Jahr in radiologischen Praxen neu zu besetzen wären (Quelle: CuraCompact, Ausgabe 02/2017). Bei der Frage nach der Wiederbesetzung von MTRA-Stellen hatten schon 31 Prozent der Befragten erhebliche Probleme. Das MTRA-Angebot für die Zukunft schätzten 68 Prozent mit „nimmt ab“ ein. 72 Prozent der Befragten wären generell bereit, sich stärker zu engagieren, um MTRA zu gewinnen und zu halten. 61 Prozent betonten, dass der Wettbewerb um qualifiziertes Personal eher hoch sei. Im Radiologienetz-Powerwochenende für Praxismanager im Januar wurde dementsprechend intensiv das Thema „Stärkung der Arbeitgeberattraktivität (Employer Branding)“ diskutiert.

Auch Jan Seyfried, Personalreferent bei RADIO-LOG², bezeichnet das Problem des Fachkräftemangels in den MTA-Berufen als dramatisch und „…  in einer ländlicheren Region ohne Metropolregionen ja sogar [als] katastrophal“. In den ländlicheren Regionen sei es schwierig bis fast unmöglich, zeitnah Fachkräfte für Stellen zu bekommen, da es in der näheren Umgebung keine MTRA-Schulen gebe und das Berufsbild nahezu unbekannt sei, so Seyfried gegenüber MTA Dialog.

Bereits im Krankenhausbarometer 2016 des DKI wurden die Stellenbesetzungsprobleme bei den MTA-Berufen erfasst. Demnach konnte ein Drittel der Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten im Frühjahr 2016 entsprechende MTRA-Stellen nicht mehr besetzen. Seit 2011 haben laut Barometer die Stellenbesetzungsprobleme bei MTRA merklich zugenommen. Diese Probleme dürften sich ceteris paribus weiter verschärfen. Denn laut Marcel Apel vom VMTB ist jede dritte weibliche MTRA über 50 Jahre alt. Sollte sich somit nicht bald etwas an der Ausbildungssituation ändern, steht den Praxen und Krankenhäusern eine unangenehme Zukunft bevor. Auch die Patienten dürften den Engpass früher oder später spüren. Denn laut BARMER GEK Arztreport 2017 fielen je 1.000 Versicherte in der Radiologie/Nuklearmedizin 327 Fälle an (Basis 2015). Allein zwischen 2007 und 2014 stieg laut BfS die Zahl der CT-Untersuchungen um etwa 40 Prozent, bei MRT sogar um etwa 55 Prozent. In den Jahren 2010 bis 2014 wurden in Deutschland im Mittel circa drei Millionen nuklearmedizinische Untersuchungen pro Jahr durchgeführt, was einer mittleren jährlichen Anwendungshäufigkeit von circa 34 Untersuchungen pro 1.000 Einwohner entspricht.

Doch auch andere MTA-Berufe sind betroffen. Das Barometer erfasste bei den MTLA einen Anstieg bei den vom Fachkräftemangel betroffenen Häusern von vier Prozent auf immerhin schon 14 Prozent. Großhäuser (ab 600 Betten) waren sogar überproportional betroffen (23 Prozent). Wie wichtig jedoch auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige Versorgung mit Labordienstleistungen ist, zeigt der Blick in die Statistik. Immerhin rund zwei Drittel aller ärztlichen Diagnosen beruhen auf Laboruntersuchungen oder werden durch sie bestätigt. Für 376 von 1.000 gesetzlich Krankenversicherten werden pro Jahr Laboruntersuchungen durchgeführt. Laut BARMER GEK Arztreport 2017 gab es je 1.000 Versicherte sogar 808 Fälle in der Labormedizin und 169 Fälle in der Pathologie (Basis 2015).

Auch in einer Studie des BiBB (Bundesinstitut für Berufsbildung) wurde festgestellt, dass das Pflege- und Gesundheitspersonal (inklusive der MTA-Berufe) knapper wird. In der Projektion zeigte sich, dass es bereits im Jahr 2025 zu einem flächendeckenden Arbeitskräfteengpass kommen könnte. Es wurde deshalb gefordert, vor allem in die Ausbildung in diesem Bereich verstärkt zu investieren.

Mehr MTA benötigt

Jorge Fernandes, Head of People medneo GmbH³, bringt es auf den Punkt: „Der deutsche Arbeitsmarkt benötigt perspektivisch weit mehr MTA, als unser Ausbildungssystem zur Verfügung zu stellen vermag.“ Inzwischen spricht das Bündnis TA sogar von einem drohenden Kollaps, wenn die Politik die Weichenstellung nicht ändere. Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Wöllert, Sabine Zimmermann (Zwickau), Eva Bulling-Schröter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE (Drucksache 18/9298) zum Thema „Möglicher Weiterentwicklungsbedarf in der Aus- und Fortbildung sowie Berufspraxis von medizinisch-technischen Assistentinnen und Assistenten“ vom August 2016 zeigte jedoch, dass zumindest Teile der Politik den Ernst der Lage noch nicht erkannt haben. So heißt es in der Antwort zum Fachkräftemangel: „Nach aktuellen Einschätzungen gestaltet sich die Ausbildung attraktiv. So gilt die große Praxisnähe der MTA-Ausbildung als eine besondere Stärke der aktuellen Ausbildungskonzeption. Zudem begünstigt die institutionelle und räumliche Nähe von Schulen und Ausbildungsstätten eine enge Verzahnung von theoretischen und praktischen Ausbildungsinhalten und eine Ausrichtung der Ausbildung am Praxisbedarf. Aktuell besteht beim Beruf des/der MTA auch kein Fachkräftemangel.“

Diese Fehleinschätzung der Politik zum Fachkräftemangel kam für viele überraschend. Denn selbst bei der Bundesagentur für Arbeit wurden die medizinisch-technischen Assistenzberufe (operations-/medizinisch-technische Assistenz) in der letzten Enpassanalyse erfasst und auch auf der Positivliste der BA geführt. Das heißt, dass die Bundesagentur für Arbeit festgestellt hat (Juli 2017), dass für diesen Beruf die Besetzung offener Stellen mit ausländischen Bewerberinnen oder Bewerbern arbeitsmarkt- und integrationspolitisch verantwortbar sei.

Personalreferent Seyfried zeigt jedoch das Dilemma der Suche über die Bundesagentur auf: „Wir arbeiten viel mit der Agentur für Arbeit zusammen und veröffentlichen darüber auch unsere offenen MTRA-Stellen. Leider ist der Rücklauf von MTRA-Bewerbungen auf die geschalteten Stellen sehr gering bis nicht vorhanden. Bisher haben wir über die Vermittlung der Agentur für Arbeit keine Bewerbungen für diese Stellen erhalten. Im Grunde muss man festhalten, dass eine MTRA auf Stellensuche durch den vorhandenen Mangel so viele Optionen hat, dass sie schlichtweg keinen Umweg über die Agentur für Arbeit in Anspruch nehmen muss. Eine Initiativbewerbung oder eine Abwerbung per Direktansprache ist aus unserer Erfahrung der gängige Weg.“

Der DVTA hatte in einer Stellungnahme zur Kleinen Anfrage die Bundesregierung gebeten, dem Fachkräftemangel mit klaren gesetzlichen Berufsprofilen und einer gesetzlichen Vorgabe zur Personalbemessung auch im Bereich der MTA-Berufe entgegenzuwirken. Nur so könne die Qualität der Gesundheitsversorgung gewährleistet werden. „Ohne MTA keine Diagnostik – ohne Diagnostik keine Therapie“, gab der DVTA zu bedenken.

Teilzeitausbildung wäre sinnvoll

Personalexperte Seyfried geht auf ein weiteres Problem der aktuellen Ausbildung bei MTA-Berufen ein. So gebe es bei RADIO-LOG mehrere geeignete Medizinische Fachangestellte, die im Bereich Radiologie arbeiten und sich eine Weiterqualifizierung zur MTRA sehr gut vorstellen könnten. Allerdings schrecke der Umzug in eine der nahen größeren Städte mit MTRA-Schule, die finanzielle Hürde (teure Mieten in den Großstädten, teils Schulgeld, kein Verdienst) und die Vollzeitverpflichtung nahezu alle ab, beklagt Seyfried. Es sei deswegen nicht verständlich, warum nach wie vor keine Teilzeitausbildungskonzepte bei solch einer Mangellage in Angriff genommen werden.

Hinzu komme, dass die aktuelle Ausbildung durch den Trend zum Studium den Bedürfnissen vieler junger Menschen nicht mehr gerecht werde. In Österreich, Italien und Kroatien sei die Attraktivität des Berufsbildes durch die Akademisierung größer und ziehe auch beide Geschlechter an.

Es gibt aber auch erfolgreiche Projekte von MTA-Schulen zur Bekämpfung des Mangels wie zum Beispiel die Eckert Schulen zeigen. Der größte private bayerische Weiterbildungscampus mit Sitz in Regenstauf bei Regensburg erkannte den drohenden MTRA-Mangel frühzeitig: Bereits vor fünf Jahren initiierten sie gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Regensburg und dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Regensburg ein Modell, das neue Wege bei der Nachwuchsgewinnung geht: mit einem Kooperationsmodell, das auch bundesweit Schule machen könnte. „Die steigenden Absolventenzahlen belegen den Erfolg“, sagt Antonie Roggenbuck, die die Berufsfachschulen für medizinische Assistenzberufe an den Eckert Schulen leitet.

Die MTA in spe absolvieren bei diesem Modell den praktischen Teil ihrer dreijährigen Ausbildung direkt in renommierten Kliniken, einen Großteil der Kosten können sie über Praktikumsvergütungen finanzieren. 2017 schlossen zehn MTRA die Ausbildung erfolgreich ab, 2018 werden es bereits zwölf Absolventen sein und 2019 rechnet Schulleiterin Roggenbuck mit 16 neuen MTRA. Die beiden beteiligten Regensburger Kliniken sind vom Kooperationsmodell begeistert: „Für uns ist es ein optimaler Weg, Nachwuchs in der Region zu gewinnen, den wir langfristig an uns binden können“, sagt Prof. Dr. Christian Stroszczynski, der Direktor des Instituts für Röntgendiagnostik am Universitätsklinikum Regensburg. Prof. Dr. Niels Zorger, Chefarzt des Instituts für Radiologie und Neuroradiologie am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, ergänzt: „Es wird im Moment viel zu wenig ausgebildet, mit diesem neuen Modell wirken wir dem drohenden Mangel aktiv entgegen.“

Ausländische Arbeitskräfte als Ventil?

In anderen Regionen wird versucht, die entstandenen Lücken durch ausländische Arbeitskräfte zu schließen. Durch die Grenznähe vieler Standorte mache zum Beispiel RADIO-LOG die Erfahrung, dass im Ausland teilweise über Bedarf ausgebildet werde, so Seyfried. Allerdings führe dies zu wenig Linderung, aufgrund des aufwendigen und strengen Anerkennungsverfahrens der ausländischen Berufsabschlüsse.

Der Personalexperte weist aber auch auf eine besondere Problematik im MTRA-Bereich hin, die größer klaffende Lücke zwischen dem Bedarf an strahlentherapeutischen Leistungen und den Absolventenzahlen. Im Gegensatz zur Radiologie gebe es in der Strahlentherapie für die Tätigkeit am Linearbeschleuniger keine Substitute. Dies gefährde auf mittel- bis langfristige Sicht eine fachgruppenübergreifende und moderne onkologische Versorgung außerhalb großer Ballungszentren, gibt Seyfried zu bedenken.

Im Laborbereich wird teilweise versucht, durch den verstärkten Einsatz von Laborrobotern und automatisierten Analysestraßen das Problem des Fachkräftemangels abzufedern. So geht die Hans-Böckler-Stiftung in einer Studie davon aus, dass bis 2019 ein jährliches Wachstum von sieben bis acht Prozent beim Einsatz solcher Technologien erwartet werden kann. Auch VDK-Präsident Josef Düllinger machte sich auf dem Krankenhaustag 2017 für eine schnelle Digitalisierung der Kliniken stark. Dies werde dazu beitragen, viele der aktuellen Probleme zu lösen, und es sei auf jeden Fall unabdingbar zur Behebung des akuten Personalmangels, so der VDK-Präsident. Doch wer sich den Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte näher betrachtet, wird feststellen, dass es auch dort einen eklatanten Fachkräftemangel gibt. Eine repräsentative Umfrage von Bitkom Research unter 1.530 Geschäftsführern und Personalleitern von Unternehmen ab drei Mitarbeitern aller Branchen ergab, dass die Zahl der offenen Stellen für IT-Spezialisten in Deutschland 2017 gegenüber dem Vorjahr in der Gesamtwirtschaft um acht Prozent auf 55.000 gewachsen ist. Wie in solch einem Umfeld die hochgesteckten Pläne der Digitalisierung in vielen Bereichen umgesetzt werden sollen, dürfte somit mehr als fraglich bleiben.

1) Das Radiologienetz Deutschland ist der führende genossenschaftliche Verbund niedergelassener Radiologen und Nuklearmediziner. Im Verbund kooperieren deutschlandweit 360 Ärzte in 100 Praxen und 70 Krankenhausabteilungen. Das Radiologienetz wird von der Curagita AG in Heidelberg gemanagt. Mit etwa 60 Mitarbeitern unterstützt Curagita die Radiologienetzmitglieder in den Bereichen IT, Medizingeräte, Einkauf, Zubehör, Fortbildungen, Berufspolitik, Versorgungsprojekte sowie betriebswirtschaftliche Beratung.

2) RADIO-LOG ist ein mittelständisches, ärztlich geführtes, überörtliches Unternehmen. Es versteht sich als wohnortnaher medizinischer Dienstleister und betreibt mehrere Versorgungszentren in Bayern. Radiologie, Strahlentherapie, Kinder- und Jugendmedizin, Allgemeinmedizin, Innere Medizin, Neurologie und Frauenheilkunde stellen den Leistungsschwerpunkt dar.

3) Die medneo GmbH ist ein junges und innovatives Unternehmen mit Hauptsitz in Berlin, das sich auf Radiology as a Service – einem neuen Betreibermodell für die Radiologie – für den ambulanten und stationären Sektor spezialisiert hat. Dabei wandelt medneo ein klassisches Hardwaregeschäft in ein Dienstleistungsgeschäft um.

STELLUNGNAHME DES DVTA

MTRA-Fachkräftemangel
Die bereits im Juli 2015 vom Institut der deutschen Wirtschaft veröffentlichte Studie zum Fachkräfteengpass hat auch die Situation des Berufsfeldes „Gesundheit, Soziales und Bildung“ untersucht, welches besonders stark von Engpässen betroffen ist. So wurden 20 der insgesamt 98 Berufsgattungen mit einem besonderen Engpass identifiziert. Von diesen 20 Berufen gehören 15 zu den frauentypischen Berufen, so auch der MTRA-Beruf. Laut einer Erhebung der Bundesagentur für Arbeit gab es im Juni 2014 19.109 sozialversicherungsbeschäftigte MTRA, davon 86,7 Prozent weiblich. Das DKI-Gutachten zur Weiterentwicklung der medizinisch-technischen Assistenzberufe hatte bereits 2009 festgestellt, dass circa 20 Prozent der Vollzeitstellen in deutschen Krankenhäusern nicht besetzt sind, die niedergelassenen Radiologien nicht mitgezählt. Übrigens liegt der Anteil der Teilzeitbeschäftigten bei 39 Prozent, bei dem hohen Frauenanteil nicht verwunderlich. Die Autoren der Studie empfehlen zur Verringerung des Engpasses einen weiteren Ausbau der Kinderbetreuung, eine familienfreundliche Personalpolitik, die Rückkehr nach Auszeit (zum Beispiel Familie) erleichtern sowie die Überwindung von geschlechterspezifischen Stereotypen. Was nicht untersucht wurde, ist die Ursache des Fachkräftemangels, die sicherlich auch branchenabhängig ist. Wir haben einen großen Wandel des „radiologischen Arbeitsmarktes“. Die Anzahl der Computertomographen und Magnetresonanztomographen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen, ebenso hat sich die Zahl der niedergelassenen Strahlentherapien erhöht. Im Mammographiescreening sind circa 2.000 MTRA beschäftigt, die interventionelle Radiologie hat ihr Leistungsspektrum deutlich ausgeweitet. Das heißt, wir haben eine deutliche Zunahme an Arbeitsplätzen, aber eine nahezu konstante Anzahl an MTRA-Schulen/Ausbildungsplätzen und einen Bewerberrückgang. Fachkräftemangel kann auch behoben werden, wenn die Ausbildungsbedingungen attraktiver werden und dem Vergleich mit der übrigen Wirtschaft standhalten. Das Bundesgesundheitsministerium als Hüter des MTA-G und der APrV ist dringend gefordert, hier für Anpassung an das 21. Jahrhundert zu sorgen. Teilzeitausbildung, Legalisierung des Homburger Modells (Fernstudium), Ausbildungsvergütung und hochschulische Ausbildung sind alles denkbare Wege. Das Notfallsanitätergesetz von 2014 zeigt, dass es geht. Das BMG steht auch in der gesellschaftlichen Verantwortung, die Zukunft einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung zu gewährleisten. Die Studie: „Fachkräfteengpässe in Unternehmen: Geschlechterunterschiede in Engpassberufen“, herausgegeben vom Institut der deutschen Wirtschaft e.V., gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (www.iwkoeln.de).

All dieses ist seit Jahren bekannt, aber es passiert von politischer Seite gar nichts!

Anke Ohmstede, Vizepräsidentin DVTA (R/F)


Fachkräftemangel in den MTLA-Berufen
Der Fachkräftemangel in den MTLA-Berufen steigt seit Jahren stetig bei gleichzeitiger Abnahme an ausgebildeten MTLA. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen eine Abnahme der MTLA-Absolventen um 4,4 Prozent in den Jahren 2014 bis 2016. Gleichzeitig führt die demografische Veränderung zu einem nicht unerheblichen Ausscheiden von Mitarbeitern. Es werden in den nächsten Jahren aufgrund der Altersstruktur circa 22,5 Prozent aller MTA in den Ruhestand gehen (laut Daten des Statistischen Bundesamtes). Diese Zahlen entsprechen auch dem in 2015 in Rheinland-Pfalz durchgeführten Branchenmonitoring, das von einem Bedarf an MTLA bis 2030 von 22 Prozent ausgeht.

Laut Krankenhausinstitut im Krankenhausbarometer 2016 haben die Stellenbesetzungsprobleme bei den MTA-Berufen seit 2011 merklich zugenommen. Ein Drittel der Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten konnte im Frühjahr 2016 den Fachkräftemangel an MTLA nicht mehr decken, so stieg der Anteil der vom Fachkräftemangel betroffenen Häuser von vier Prozent (2011) auf 14 Prozent bei überproportionaler Betroffenheit der Großkrankenhäuser ab 600 Betten (23 Prozent).

Betrachtet man die Statistik der Bundesanstalt für Arbeit über die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, so ist die Zahl der MTLA von 66.274 im Jahr 2013 auf 66.769 im Jahr 2015 gestiegen. Diese Daten sind unter anderem auch auf die Zunahme an spezialisierten Untersuchungsmethoden im Sinne der personalisierten Medizin zurückzuführen.

Von Laborseite ist zu hören, dass MTLA im niedergelassenen Labor zunehmend händeringend gesucht werden. So wird berichtet, dass der Stellenmarkt in manchen Regionen wie leergefegt sei. Niedergelassene Privatlabore sind deshalb zunehmend gezwungen, auf CTA, BTA und gar MFA auszuweichen, was mit einem sichtbaren Qualitätsrückgang einhergehen kann und rechtlich problematisch erscheint. Bei Ausscheiden von MTLA in den Mutterschutz oder Erziehungsurlaub sind derzeit praktisch keine Angebote von der Agentur für Arbeit zu erhalten. Ähnlich sieht es bei den Personalagenturen aus. Umso unverständlicher ist es, dass es offenbar immer noch in einigen Regionen Tendenzen gibt, Ausbildungsstellen für MTA abzubauen. So ist zu hören, dass teilweise der Bedarfsplan nur in Bezug auf die MTA-Stellen im Krankenhausbereich gesehen werde. Der niedergelassene Bereich, der sicherlich 50 Prozent der labormedizinischen Versorgung ausmacht, wird dann jedoch völlig außer Acht gelassen.

Um die Bedarfe für eine patientengesicherte Diagnostik zukünftig zu decken, sind dringende Umstrukturierungen der Ausbildungen vorzunehmen. Hierzu ist das Bundesministerium für Gesundheit seit Langem aufgefordert, und es geschieht nichts. Unsere Forderung zur Novellierung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung des MTA-G von 1994 muss dringend umgesetzt werden. Des Weiteren sollte auch die Einführung einer berufsbegleitenden Ausbildung ermöglicht werden. Wir können einem Fachkräftemangel nur entgegenwirken, wenn die Ausbildungen attraktiver gestaltet werden und den Absolventen im anschließenden Berufsfeld eine Perspektive geschaffen wird. Ohne MTA keine Diagnostik, ohne Diagnostik keine Theapie!

Christiane Maschek, Präsidentin DVTA (L/V)


Fachkräftemangel MTAF
Laut einer Primärerhebung, die im Rahmen des Branchenmonitorings in Rheinland-Pfalz im Jahr 2015 durchgeführt wurde, waren hier im Bundesland im Jahr 2015 insgesamt 677 MTAF beschäftigt. Aufgrund fehlender Ausbildungskapazitäten standen lediglich zwölf vermittelbare Arbeitslose zur Verfügung, während es eine Nachfrage nach 80 MTAF in Krankenhäusern und Arztpraxen gab. Während kurzfristig also 68 MTAF fehlten, werden bis zum Jahr 2025 bereits 124 und im Jahr 2030 schließlich 212 MTAF fehlen.

Damit zeigen die Ergebnisse der Prognoserechnung in Rheinland-Pfalz, dass sich die Arbeitsmarktlage in den kommenden Jahren weiter verschärft. In den kommenden 15 Jahren scheidet ein knappes Viertel der heute in Rheinland-Pfalz tätigen MTAF altersbedingt aus. Dazu kommt eine steigende Nachfrage nach MTAF in Krankenhäusern/Rehakliniken, aber auch zunehmend in Arztpraxen. Dieser Trend ist in anderen Bundesländern ähnlich zu erwarten, zum einen bedingt durch steigende Patientenzahlen infolge der demografischen Entwicklung und zum anderen durch die medizinisch-technische Entwicklung und dem damit wachsenden Anspruch an die Handlungskompetenzen der nichtärztlichen Untersucher.

Das Branchenmonitoring Rheinland-Pfalz gilt beispielhaft und es wäre für die zukünftige Patientensicherheit wünschenswert, wenn andere Bundesländer folgen würden, in ähnlicher Weise die Prognoseberechnung und Szenarien zur Fachkräftesicherung zu ermitteln.

Eine dreijährige Ausbildung zur/m MTAF erfolgt derzeit bundesweit an insgesamt zehn Schulen, in nur neun Bundesländern. Hier werden, nach einer Umfrage des DVTA vom Mai 2017, aktuell zwischen 160 bis 178 Schüler pro Jahrgang ausgebildet, davon bleiben geschätzt 140 bis 150 Absolventen/Jahr für den Arbeitsmarkt verfügbar. Dies reicht also bei Weitem nicht aus, um die Nachfrage bundesweit zu decken. Es müssen dringend flächendeckend in allen Bundesländern Ausbildungsstätten für MTAF geschaffen und für alle MTA-Berufe eine Ausbildungsvergütung ermöglicht werden, um Ausbildungsanreize zu schaffen.

Die MTAF sind aufgrund der Ausbildung in der Lage, eigenständig und kompetent nicht nur funktionsdiagnostische Untersuchungen durchzuführen, sondern diese auch zu bewerten und den Arzt damit entscheidend zu unterstützen. Dass aktuell vielfach examinierte Pflegekräfte in den sogenannten Funktionsdiensten eingesetzt und aufwendig geschult werden müssen, um fehlende MTAF zu ersetzen, scheint im Hinblick auf den drohenden Pflegenotstand keine Lösung!

Grit Fürst, Sprecherin der Fachvertretung (Fachrichtung Funktionsdiagnostik)

Entnommen aus MTA Dialog 3/2018 (Online First)

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