MT next steps Berlin
Verändern künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung den MT-Beruf? Um diese Frage drehte sich die Podiumsdiskussion „War for Talents“, die der Publizist und Medienwissenschaftler Dr. phil. Denis Newiak moderierte. Schnell zeigte sich, die große KI-Angst war gestern. „KI ist kein Teufelswerk“, wie DVTA-Präsidentin Claudia Rössing es formulierte. Sie unterstütze bei der täglichen Arbeit, der MT-Beruf profitiere von den neuen Möglichkeiten. Es eröffneten sich ungeahnte Perspektiven, etwa im Bereich der Forschung. „Die digitale Transformation hilft uns“, findet auch DVTA-Präsidentin Christiane Maschek. Videos, Podcasts, ChatGPT und Co. erleichterten nicht nur das Lernen, sondern auch die Kontaktaufnahme mit Firmen. Dennoch sei Fachwissen natürlich nach wie vor ein Muss. Viele Literaturangaben von ChatGPT seien falsch, warnte Maschek. Sie müssten akribisch geprüft werden. Auch Studierende schrieben inzwischen reihenweise ihre Masterarbeiten mit KI, fügte Moderator Newiak an, der seit Mai 2021 auch Lehrbeauftragter der fh gesundheit Tirol, Standort Berlin, im Masterlehrgang „Pädagogik in Gesundheitsberufen“ ist. Automatische Übersetzungen per Kopfhörer in Echtzeit ermöglichten Gespräche selbst mit chinesisch sprechenden Patienten, ergänzte Diskutant René Höhne, Leitender MT der Nuklearmedizin an der Berliner Charité. Privat habe er sich das Equipment bereits besorgt. Begeistert zeigte er sich vor allem vom Remote Scanning, bei dem MTR den Prozess der Bildakquise aus der Ferne unterstützen können. Praxisanleitende, Kolleginnen und Kollegen ließen sich einfach zuschalten. Und die Weiterbildung gestaltete sich heute durch Podcasts und Onlineformate einfach und zeitunabhängig. Auch das Rollenverständnis von Teamleitenden scheint sich zu verändern. Höhne sieht sich in Zeiten des Fachkräftemangels jedenfalls in erster Linie als „Unterstützer im Arbeitsalltags“, dazu gehöre beispielsweise auch die Hilfe beim Finden von Kitaplätzen.
Lebenslanges Lernen
Allerdings bedeute die zunehmende Digitalisierung und die neuen Möglichkeiten durch KI nicht, dass das lebenslange Lernen ende, warf MTF-Auszubildende Marie-Luise Bader ein. Denn Softwareprogramme könnten durchaus auch einmal defekt sein. Entsprechende Fehler zu erkennen, erfordere erhebliches Fachwissen. Astrid Jahn, Labormanagerin der Pathologie, Labor Berlin – Charité Vivantes GmbH seit 2009 und Landesvorsitzende Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, blickt trotz des Engagements vieler junger Kolleginnen und Kollegen auch mit Sorge auf die vorherrschende Work-Life-Balance der Generation Z, die sich nicht immer mit der Arbeit im Krankenhaus vereinen lasse.
MT ist der „geilste“ Beruf
Auf die Frage „Würden Sie noch einmal eine Ausbildung als MTF starten?“, antwortete MTF-Auszubildende Bader: „Ich würde diesen Weg immer wieder gehen. Es ist der geilste Beruf.“ Aber es ließe sich auch einiges verbessern, vor allem mit Blick auf den Patientenkontakt.
Seit 1. Januar 2023 hat sich nach § 20 MTBG in der praktischen Ausbildung der medizinisch-technischen Berufsgruppen bereits viel getan. Erstmalig sind qualifizierte Praxisanleiter/-innen zwingend erforderlich, um den Lernerfolg der Aus- und Weiterzubildenden zu gewährleisten. Das heißt, dass jede Einrichtung, die aktiv an der Aus- und Weiterbildung von Auszubildenden beteiligt ist, mindestens zwei (Vertretungsregel) ausgebildete Praxisanleiter/-innen beschäftigen muss.
„Wir werden attraktiver.“
Diese Änderungen bewerteten die Diskutanten ausgesprochen positiv. „Da ist der Knopf, mach mal.“ Diesen Satz hörte DVTA-Präsidentin Maschek während ihrer Ausbildung nicht selten. „Hier ist der Schalter, du weißt, wie es geht“, davon berichtete auch MTF-Auszubildende Bader. Mit den neuen Regeln des MTBG ändere sich das, wie Rössing unterstrich: „Wir werden attraktiver.“ Vor allem bekämen die Auszubildenden nun ein Gehalt, anstatt sogar Geld in ihre Ausbildung stecken zu müssen. Der MT-Beruf erfahre mit dem MTBG auch mehr Anerkennung bei den Ärztinnen und Ärzten, ergänzte Höhne von der Charité. „Früher waren es Schülerinnen und Schüler, heute sind es Auszubildende.“ Und Labormanagerin Jahn lobt die neue Qualität der Ausbildung, vor allem mit Blick auf die Histologie. Können diese Verbesserungen den Fachkräftemangel lindern? Nur, wenn der MT-Beruf bekannter wird, meint MTF-Auszubildende Bader. „Versucht die Ausbildung weiter zu verbessern, tragt dazu bei, dass es bald heißt: MT – kenne ich“, so ihr Appell. Die kommende MT-Generation dürfte jedenfalls gute Chancen haben, sich auf dem Arbeitsmarkt sowohl mit Gehaltsforderungen als auch einem Abbau überholter Hierarchien durchzusetzen, so ein Fazit der Diskussionsrunde.
Automatisierung im Labor
Nach den Impulsvorträge zur Weiterbildung von MTL, MTR und MTF ging es weiter mit dem Thema „Automatisierung im Laboralltag“ mit Steven Bengs vom MVZ Labor 28. Laborautomation bezeichnet alle Systeme, die präanalytische Schritte wie zum Beispiel Proben und Materialerfassung, Zentrifugation, Entstöpseln, Aliquotieren, Verteilen et cetera automatisiert durchführen sowie die Probe durch ein Transportsystem (meist durch eine Art Förderband), den Analysegeräten zuführen und diese nach dem Prozessieren archivieren. Bengs skizzierte den Weg des Labors 28 vom ersten Brainstorming im Jahr 2012 bis zur heutigen Total-Lab-Automation (TLL). Die Angst vom drohenden Stellenabbau durch „Laborstraßen“ nahm er den Teilnehmenden gleich zu Beginn. „Wir haben nach der Automatisation so viele MTL eingestellt wie nie zuvor.“
Sketchnoting
Mit dem „Sketchnoting für Schule und Beruf“ endete der Berliner Nachwuchskongress. Benjamin Felis stellte in einem Kurzdurchlauf auf sehr unterhaltsame Weise und interaktiv Möglichkeiten vor, wie man seine Mitschriften schnell und effizient gestalten kann. Mit viel Spaß präsentierten die Teilnehmenden ihre „kreativen Notizen“.
Entnommen aus MT im Dialog 1/2024
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