Lernen im digitalen Wandel

MT next steps 2024 in Berlin
Marina Görtz
Foto von der Anmeldung zur Veranstaltung
Volles Haus schon bei der Anmeldung © Anna Fiolka
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Der Kongress in Berlin im Charité Campus Virchow-Klinikum bildete im vergangenen Jahr den Abschluss unserer Kongressreihe MT next steps. Mehr als 150 Auszubildende zu Medizinischen Technologinnen und Technologen besuchten die Podiumsdiskussion, die diversen Vorträge und Workshops sowie die anwesenden Aussteller.

Labore, Kliniken und Praxen hatten hier die Möglichkeit, sich bei den Auszubildenden vorzustellen und die Auszubildenden konnten sich über mögliche Arbeitgeber der Region informieren.

Vorherrschendes Thema der Podiumsdiskussion zum Thema ­„Lernen im Digitalen Wandel“ war die Implementierung von KI in die Ausbildung und den beruflichen Alltag. Teilgenommen haben Eddie Schrade, MTF-Auszubildender aus Berlin, Astrid Jahn, Leitende MTL der Pathologie im Labor Berlin und Landesvorstand Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern für Laboratoriumsanalytik und Veterinärmedizin, sowie zwei Vertreter der Radiologie: Johann Härke, MTR-Azubi an der Medizinischen Hochschule Hannover und Mitglied des Sarstedter Stadtrats, und Nico Hillerbrand, Lehrer an der MTR-Schule Kiel. Moderator der Diskussion, Dr. Denis Newiak, Publizist und Medienwissenschaftler, startete die Runde mit einer offenen Frage zu den bisherigen Berührungspunkten mit KI. Obwohl die Ausbildung von Eddie Schrade sehr digital sei, sei künstliche Intelligenz bisher nicht so stark vertreten, wie es in anderen Bereichen der Fall ist, zum Beispiel der Radiologie. Johann Härke betonte, dass KI in der Radiologie schon längst zum Alltag gehöre. Vor allem in der Bild­analyse sei es eine wertvolle Unterstützung und diverse Algorithmen würden bereits eingesetzt, um eine Voranalyse durchzuführen. Neben den fachlichen Einsatzgebieten sei KI seiner Meinung nach vor allem im bürokratischen Bereich von Vorteil, um den MT mehr Zeit für die Arbeit an Patientinnen und Patienten zu geben.

 

Astrid Jahn sieht den Einsatz von KI bisher zwar als große Erleichterung in der alltäglichen Arbeit, doch dies berge auch Risiken. Jüngere Kollegen lernten den Beruf nur noch mit dieser Unterstützung. Sollte KI jedoch mal ausfallen aufgrund von technischen Problemen, könnte es zu großen Schwierigkeiten in der Versorgung kommen. Ihrer Meinung nach könne KI dazu führen, dass die Befähigung nachzuforschen und nachzufragen „Warum ist das so?“, verloren gehe. Johann Härke sieht hierin einen Verlust gewisser Kompetenzen. Denn viele Einstellungen würden heute „idiotensicher“ vorgegeben, während man früher noch genau wissen musste, wie viel Spannung und Stromstärke man für welche Aufnahme benötige.

Welche Kompetenzen fordert der Einsatz von KI?

Doch gehen Kompetenzen nur verloren oder kommen auch neue hinzu? Zunächst einmal herrscht bei vielen die Angst, dass KI auch die soziale Komponente übernehmen beziehungsweise einschränken könnte. Bisher sei dies noch nicht der Fall und die Kommunikation mit Patientinnen und Patienten sei den MT vorbehalten. Doch hier könnte KI irgendwann eingreifen, um den Fachkräftemangel aufzufangen und wichtige Ressourcen – die MT – zu schonen und spezifischer einsetzen zu können. In manchen Bereichen sei dies schon Wirklichkeit. Atemkommandos können beispielsweise von KI vorgegeben werden. Es gebe bereits Stellen für MT, die im Homeoffice arbeiten. Sie lösen dort den Strahlungseinsatz aus und vor Ort übernehme ihre Arbeit zwar noch kein Roboter, sondern MFA, die direkt mit Patientinnen und Patienten arbeiten und für den Einsatz entsprechend geschult werden. So könnten Kosten gespart werden und weniger MTR werden benötigt. Diesen Faktor sieht Hillerbrand sehr kritisch, da gerade beim Lagern viele Fehler entstehen können. Man müsse für seinen Beruf einstehen, als wichtige Tätigkeit, die in erster Linie vor Ort in Klinik oder Praxis gefordert sei.

Doch wohin führt dieses Schwarz-Weiß-Denken? Das Wording sei entscheidend, fügte Claudia Rössing, DVTA-Präsidentin für Radiologie und Funktionsdiagnostik, an. Man werde nicht ersetzt, sondern unterstützt. Der Fachkräftemangel und demografische Wandel machen den Einsatz von KI enorm hilfreich, wenn nicht sogar notwendig, um fehlende MT zu kompensieren und die Arbeit auf das Wesentliche zu bündeln. Für „normale“ Patientinnen und Patienten sei KI immer nutzbar. Sobald Spezialfälle kommen, bei denen Schema X nicht anwendbar sei, sei die Fachkraft gefragt.

Nico Hillerbrand sieht eine zu lernende Medienkompetenz als einen der wichtigsten Faktoren im Umgang mit KI. Man müsse hinterfragen können, wie die KI funktioniert, welche Geräte und Algorithmen angewendet werden und was dies beinhaltet. Dieses vertiefte Wissen sei ebenso essenziell für die spätere Diagnostik, um hier nichts zu übersehen. Die originären Handlungsfähigkeiten dürften nicht verloren gehen bei der Arbeit mit künstlicher Intelligenz – sei es in der Radiologie, Laboratoriumsanalytik, Veterinärmedizin oder Funk­tions­diagnostik.

Verkürzung der Ausbildung nicht sinnvoll

Es gelte, „Knöpfchendrücker“ zu vermeiden. Eine flächendeckende Ausbildung in allen Bereichen der MT sollte angestrebt werden, so Schrade. Auch wenn KI in der Ausbildung mehr Raum einnehme, eventuell in Form von Virtual Reality (VR), sollte der Einsatz additiv und nicht ersetzend erfolgen. Die plastische und haptische Arbeit vermittele wichtige Kompetenzen für die Praxis, die via KI und VR nicht übertragen werden könnten.

Den Vorschlag aus dem Publikum, die Ausbildung teilweise zu ­verkürzen und bereits nach zwei Jahren zu beenden, sahen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer kritisch. Zum einen sei seitens des Gesetzgebers nicht vorgesehen, die Ausbildung zu verkürzen. Vorbehaltstätigkeiten, die man nach der dreijährigen Ausbildung durchführen dürfe, könnten wegfallen. Eine zweijährige Ausbildung hätte zudem tarifliche Auswirkungen; man könne nur eine Stufe niedriger eingruppiert werden, fügte Jahn an. Den wichtigsten Punkt für eine dreijährige Ausbildung sieht Hillerbrand jedoch in der Vermittlung der essenziellen Kompetenzen. Man müsse auch die Sicht der Patientin/des Patienten einbeziehen: Man möchte nicht nur MT, die das technische Wissen, sondern alle Kompetenzen erlernt haben. Dies sei der Standard, den man für den eigenen Beruf setzen sollte.

 

Sich selbst weiterentwickeln

Während die Podiumsdiskussion den größten Teil des Vormittags einnahm, teilten sich die anwesenden MT anschließend entsprechend ihrer Bereiche auf die unterschiedlichen Workshops auf.

Astrid Jahn und Claudia Rössing informierten die MTL/MTV beziehungsweise MTR/MTF über mögliche Weiterbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten. Hier müsse jeder individuell entscheiden: Wo liegen meine Kompetenzen? Was sind meine Stärken?

Obwohl Fortbildungen nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, sei für MT lebenslanges Lernen ein Muss. Wissen sei Macht und befähige, Standpunkte zu vertreten und sich im Team als wertvolles Mitglied zu positionieren.

Weiterbildungen böten die Möglichkeit, einen anderen Aspekt dem eigenen Berufsalltag hinzuzufügen oder sogar ganz zu ändern. Ob als Datenschutzbeauftragte/r, im Qualitätsmanagement oder Hygienemanagement sowie im nun wichtigen Bereich der Praxis­anleitung: Es stünden viele Möglichkeiten zur Verfügung, den eigenen Werdegang weiter zu gestalten.

Egal ob Fort- oder Weiterbildung: Es lohne sich immer, betonte Rössing. Jeder Kurs sei eine Möglichkeit, sich selbst weiterzuent­wickeln.

Abteilung mit Köpfchen

Den Bereich der Neuroradiologie am Beispiel des Universitätsklinikums Gießen und Marburg stellte Prof. Dr. Tobias Struffert vor. Neben der interdisziplinären Zusammenarbeit mit allen Abteilungen des ­Klinikums stellte Struffert vor allem die Teamleistung in den Vordergrund. Die Neuroradiologie sei kein Gebiet für Einzelkämpfer. Nur im Team könne man schnell genug agieren, um beispielsweise Schlag­anfallpatientinnen und -patienten zu versorgen. Ohne ein gut funktionierendes und vor allem zusammenarbeitendes Team brauche man gar nicht erst starten, so Struffert, denn „time is brain“. Medizinische Technologinnen und Technologen seien für eine gute und schnelle Versorgung genauso wichtig wie das ärztliche Personal.

Dabei nehme nicht nur die Bildgebung einen wesentlichen Teil der Arbeit in der Neuroradiologie ein. Auch die Therapie, in Form von Schmerztherapie oder minimalinvasiven endovaskulären Neurointerventionen, gehöre zum Aufgabengebiet.

Neben der Schlaganfallbildgebung und -behandlung seien ebenfalls die Lokalisation und Behandlung von Aneurysmen Teil der ­Neuroradiologie. Betroffene müssten auch hier so schnell wie möglich neuroradiologisch behandelt werden, um das Risiko einer zweiten Blutung innerhalb der ersten 48 Stunden (Mortalitätsrate circa 90 Prozent) zu verhindern.

Insgesamt fiel das Resümee der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum letzten Kongress des Jahres 2024 positiv aus. Instagram-Nutzerin „strahlenkunst“ fasste den Tag passend zusammen: „Zwischen ­spannenden Diskussionen über KI, digitale Lernmethoden und die Zukunft der Radiologie habe ich nicht nur neue Einblicke gewonnen, sondern auch gemerkt: Wir sind die Gestalter/-innen dieser Ver­änderungen.“

 

Entnommen aus MT im Dialog 1/2025

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