Zellen lassen sich in zwei Klassen unterteilen. Auf der einen Seite stehen die kleinen, einfach aufgebauten Prokaryoten, die keine inneren Strukturen besitzen. Zu ihnen gehören Bakterien und Archaeen. Auf der anderen Seite gibt es die Eukaryoten, komplexe Gebilde mit Zellkern und diversen Zellkompartimenten; zu ihnen zählen alle höheren Zellen.
Die Frage, wie die komplexen Eukaryoten entstanden sind, hängt eng mit dem Ursprung ihrer inneren Strukturen zusammen. Der Schlüssel dazu ist die sogenannte Endosymbiose: Eine Zelle nimmt eine andere Zelle in sich auf, die aufgenommene Zelle lebt innerhalb der anderen Zelle als stabiler Symbiont. Nach langer Zeit wird sie zu einem Bestandteil ihrer Wirtszelle. Aus dem einstigen Endosymbionten wird ein Organell der Wirtszelle.
Was war die Wirtszelle?
Seit einigen Jahren wissen Biologen, dass eine solche Endosymbiose am Anfang der Eukaryotenevolution stand, weil die Mitochondrien – die Kraftwerke aller komplexen Zellen – aus Endosymbionten hervorgegangen sind. Aber was war ihre Wirtszelle? Dr. Filipa Sousa und ihr Team am Institut für Molekulare Evolution der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf berichten darüber, wie es zu dieser wichtigen Symbiose gekommen ist: Die Wirtszelle brauchte Wasserstoff.
Die Düsseldorfer Forscher untersuchten das Genom eines neu entdeckten Archaeen-Stammes, Lokiarchaeon genannt, kurz „Loki“. Loki ist der nächstlebende Verwandte der einstigen archaealen Wirtszelle. Er wurde von der Gruppe um Prof. Dr. Christa Schleper von der Universität Wien entdeckt. Die Düsseldorfer Forscher konnten jetzt zeigen, dass Lokis Genom bestimmte Gene enthält, die seine Wasserstoffabhängigkeit belegen.
War Wasserstoff an der Symbiose beteiligt?
Viele moderne Archaeen brauchen Wasserstoff. Er dient als chemischer Brennstoff, aus dem die Zelle biologisch nutzbare Energie in der Form von ATP gewinnen kann. Viele moderne Bakterien bilden dagegen Wasserstoff als Abfallprodukt ihrer Energiegewinnung. Sogar manche Mitochondrien bilden heute noch Wasserstoff. War Wasserstoff an der Symbiose beteiligt, die zum Ursprung der Mitochondrien führte? Dass Dr. Sousa und ihr Team Belege für die Wasserstoff-Abhängigkeit von Loki finden konnten, spricht dafür.
Dies ist ein weiterer Erfolg für Dr. Filipa Sousa. Sie erhielt im vergangenen Dezember einen Forschungspreis in Höhe von 2 Millionen Euro vom Wiener Wissenschafts- und Technologie-Fonds (WWTF). Damit wird sie ihre Arbeiten ab dem 1.7.2016 mit einer eigenen Professur und einer eigenen Forschungsgruppe an der Universität Wien fortsetzen. (idw, red)
Filipa L. Sousa, Sinje Neukirchen, John F. Allen, Nick Lane and William F. Martin: Lokiarchaeon is hydrogen dependent. Nature Microbiology, 4. April 2016
DOI: 10.1038/nmicrobiol.2016.34
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