In der Inneren Medizin und in seinem Spezialgebiet der Kardiologie war er vielseitig tätig. Auch heute noch profitieren die Patienten durch seine wissenschaftliche Arbeit im Bereich der Lehre von der unregelmäßigen Herztätigkeit und der Entdeckung des Sinusknotens.
Viele seiner vertretenen Ansichten waren zukunftsweisend und gehören heute zum medizinischen Grundverständnis. Wenckebach und Herzrhythmusstörungen ist das, woran jeder zuerst denkt, aber erwähnenswert ist ebenso, dass er schon 1936 die pharmakologische Dilatation der arteriellen Gefäßperipherie zur kardialen Entlastung bei chronischer Herzinsuffizienz empfahl. Als Mittel der damaligen Zeit empfahl er Nitroglyzerin und krampflösende Medikamente. Er konnte nachweisen, dass Nitroglyzerin eine sofortige und erhebliche Erweiterung des gesamten peripheren Kreislaufs bewirkt. Klinisch etablierte sich das Medikament aber erst Ende der 1950er-Jahre.
Durchbruch 1899
Im Jahr 1899 gelang ihm der Durchbruch bei der Erforschung von un- regelmäßigen Pulsen und der Begriff der Extrasystole als Erklärung von unterschiedlichen Pulsauffälligkeiten wurde durch Wenckebach eingeführt. Unter dem Begriff Extrasystole wurden auch Erscheinungen wie Bi- und Trigeminie verständlich. Dass das alleinige Auftreten beziehungsweise Vorhandensein von Extrasystolen keine ungünstige Prognose für den Patienten darstellt, konnte er durch Langzeitbeobachtungen erläutern. Dies widersprach der damals gängigen Meinung.
Seine weiteren Veröffentlichungen in den Jahren 1906, 1907 und 1908 widmeten sich umfangreich der gesamten Herztätigkeit („Beiträge zur Kenntnis der menschlichen Herztätigkeit“ im Archiv für Anatomie und Physiologie). Begriffe wie „Wenckebach-Bündel“ und „Wenckebach-Phänomen“ oder auch „Wenckebach-Periodik“ entstanden. Das Wenckebach-Bündel ist die Verbindung von Sinus- und AV-Knoten im Reizleitungssystem des Herzens. Das Wenckebach-Bündel ist einer der drei internodalen Bahnen und hat seinen Ursprung im oberen und hinteren Rand des Sinusknotens. In der Arbeit von Wenckebach heißt es, dass „… immer oberhalb der rechten Vorkammer, an der Vena cava superior, sich eine kleine, aber interessante Muskulatur befindet, welche deutlich von der Vorhofmuskulatur geschieden ist“. Diesem Bündel schrieb er die Funktion der Erregungsleitung vom Ort des Beginns der Herzaktion in der Vene zur Vorhofmuskulatur zu und dessen pathologischen Veränderungen eine Mitursache des Vorhofflimmerns.
Das Wenckebach-Phänomen ist ein physiologisches Verhalten der AV-Knoten-Leitung bei nicht sympathikusbedingter Frequenzerhöhung der Vorhöfe (atriale Tachykardie), aber auch Ausdruck eines erkrankten AV-Knotens bei normaler Sinusfrequenz. Heute bezeichnen es die Kardiologen als „AV-Block II. Grades“. Die inzwischen offizielle Beschreibung des Wenckebach-Phänomens lautet: AV-Block II. Grades Typ 1 (Wenckebach), progressive Verlängerung des PQ-Intervalls bis zum Auftreten einer einmaligen Blockierung. Das erste PQ-Intervall nach einer Blockierung ist das kürzeste. Die nachfolgende Zunahme der PQ-Dauer ist am größten vom ersten zum zweiten Schlag, die Folge ist eine konsekutive Abnahme der Dauer der RR-Intervalle. Wenckebach-Blockierungen finden sich häufig bei erhöhtem Vagotonus. Ein ähnliches Phänomen kann auch im Sinusknoten auftreten und wird hier dann SA-Block II. Grades Typ 1 genannt.
Klassiker in der rhythmologischen Literatur
1914 erschien sein Werk „Die unregelmäßige Herztätigkeit und ihre klinische Bedeutung“, welches heute ein Klassiker in der rhythmologischen Literatur ist. Durch dieses Werk ist Wenckebach auch als Begründer der medikamentösen Arrhythmiebehandlung anzusehen. Denn durch Zufall erfuhr er von einem seiner Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern, dass dieser durch Einnahme seiner Malariaprophylaxe seine Vorhofflimmer-Anfälle zum Erliegen bringen konnte. Chinin wurde schließlich zur Beseitigung des Vorhofflimmerns in zahlreichen anderen Fällen von ihm nachgewiesen. Auch zur Behandlung von Extrasystolen und paroxysmalen Tachykardien empfahl er die Einnahme von Chinin. Individuelle Kombinationen von Chinin, Strychnin und Digitalis in Tablettenform machten Wenckebach bekannt.
Um seine Leistungen im Bereich der Herzrhythmusstörungen einordnen zu können, muss man sich vor Augen führen, wie weit die Wissenschaft Ende des 19. Jahrhunderts erst war. Die myogene Theorie hatte sich durchgesetzt; die Physiologie hatte die Grundeigenschaften des Herzmuskels beschrieben. Das komplexe System des Herzens war aber noch unbekannt. Lediglich das von Wilhelm His entdeckte AV-Bündel, das damals als kurze Muskelbrücke zwischen Vorhof- und Kammerseptum verstanden wurde, war physiologisch bekannt. Zur Untersuchung des Herzrhythmus der Patienten standen nur einfachste klinische Mittel zur Verfügung. Die grafische Registrierung der mechanisch erfassbaren Herzaktion sowie die Röntgendurchleuchtung steckten noch in den Kinderschuhen, die Elektrokardiografie war noch unbekannt. Als Ausdruck der Herztätigkeit wurde die fühlbare Stärke des einzelnen Pulsschlags und seine Regelmäßigkeit beziehungsweise Unregelmäßigkeit von den Ärzten beschrieben. Spezialisierte Ärzte unterschieden dann noch in Tachykardie und Bradykardie, das Vorkommen vereinzelter vorzeitiger Pulse und den Pulsus bigeminus, trigeminus et cetera, den intermittierenden Ausfall einzelner Aktionen (Pulsus intermittens, Intermissionen) bei regelmäßigem Puls, sowie den „fortwährend unregelmäßigen Puls“, bei dem „kein Puls dem anderen gleicht“. Auch galt jede Unregelmäßigkeit des Pulses als Ausdruck einer ernsten organischen Herzerkrankung.
Auch Themen wie Röntgendiagnostik, Lungenerkrankungen und Tuberkulose, der Zusammenhang von Thoraxform und Atmung, Sepsis, Mangelernährungen unter Kriegsbedingungen interessierten Wenckebach und wurden von ihm in seinen zahlreichen Aufzeichnungen analysiert. Er widmete sich in seinen Untersuchungen auch Themen wie der Endo- und Perikarditis, die Wechselwirkung von Atmung und Kreislauf, dem Zusammenhang von Herz und Rheumatismus, der Therapie der Herzinsuffizienz, vermehrten Herzproblemen bei Kriegsteilnehmern sowie der Angina pectoris.
Zu Beginn sowie am Ende seiner klinischen Laufbahn setzte sich Wenckebach mit der Beriberi-Erkrankung beziehungsweise dem Beriberi-Herz auseinander. Karel Frederik Wenckebach starb am 11. November 1940 an einer Urosepsis. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Friedhof Grinzing in Wien.
Literatur
1. Wenckebach KF: Die unregelmäßige Herztätigkeit und ihre klinische Bedeutung. Inktank-Verlag, 2020.
2. Cooper J, Marriott HJ: To Wenckebach: a centenary salute. Tex Heart Inst J. 1999; 26 (1): 8–11.
3. Fye WB: Karel Frederik Wenckebach, 1864–1940. Clin Cardiol. 1990; 13: 146–8.
4. Knorre GH von: Die Erstbeschreibung des Sinusknotens vor 100 Jahren und die Rolle K.F. Wenckebachs. Herzschr. Elektrophys. 2007, 18: 112–8.
5. Lüderitz B: Geschichte der Herzrhythmusstörungen – Von der antiken Pulslehre zum implantierbaren Defibrillator. Springer, 1993.
6. Wikipedia: Karel Frederik Wenckebach (letzter Zugriff am 11.01.2024).
Entnommen aus MT im Dialog 6/2024
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