Joseph Babinski (17. November 1857 bis 29. Oktober 1932)
Joseph Jules François Félix Babinski (17. November 1857 bis 29. Oktober 1932, jeweils in Paris), war ein französischer Neurologe. Joseph Babinski war der Sohn polnischer Flüchtlinge. Er studierte Medizin in Paris und spezialisierte sich danach auf die Neurologie. Babinski erwarb schließlich 1885 seinen Doktorgrad an der Universität Paris. Ab 1890 arbeitete er unter Charcot am Hôpital de la Salpêtrière. Hier verbrachte er sehr viel Zeit mit der Symptomatologie neurologischer Erkrankungen und verfasste insgesamt 288 Publikationen. 1895 wurde Babinski Direktor des Hôpital de la Pitié und leitete das Haus bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1922.
Er gehörte zu den ersten Neurologen, die sich mit der Erforschung und klinischen Diagnostik von Erkrankungen des Kleinhirns befassten und beschrieb 1896 das Auftreten des Großzehenreflexes. Nach ihm wurde die einfache Methodik zur Untersuchung auf Läsionen der Pyramidenbahn im Gehirn benannt – der Babinski-Reflex. Der auch als Fußgliederreflex bezeichnete Babinski-Reflex führt zu einer Streckung der Großzehe und Spreizung der übrigen Zehen, wenn der seitliche Fußrand und die Fußsohle gestreichelt oder mit einem Gegenstand bestrichen wird. Kommt es zu dieser Reaktion, sprechen Neurologen von einem positiven Babinski. Normal beziehungsweise als negativer Babinski bezeichnet wäre es, wenn sich beim Streichen über Fußsohle oder seitlichen Fußrand die Zehen nach unten krümmen (Greifbewegung der Zehen). Bei einem Erwachsenen ist das Vorliegen eines positiven Babinski immer ein Hinweis auf eine Schädigung des zentralen Nervensystems und entsprechende weitere Untersuchungen (wie zum Beispiel CT, MRT, EEG, EMG, Lumbalpunktion) folgen.
Zu beachten ist aber auch, dass ein positiver Babinski-Reflex eine Pyramidenbahn-Schädigung nicht beweist und ein negativer Babinski-Reflex diese auch nicht sicher ausschließt! Die Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis) ist ein Teil des zentralen Nervensystems und zieht sich vom Rückenmark bis ins Gehirn. Sie ist ein Faserbündel, welches von verschiedenen Arealen der Großhirnrinde (erstes Motoneuron) bis zum Rückenmark (zweites Motoneuron) verläuft. Vom Rückenmark ausgehend werden die Aktionspotenziale an die Skelettmuskulatur übertragen. Die Pyramidenbahn ist die längste Nervenbahn im menschlichen Körper und hat als Hauptfunktion die Aktivierung der Motoneuronen zur Durchführung von Bewegungen der Willkür- und Reflexmotorik.
Tritt nun eine Schädigung der Pyramidenbahn im Bereich des ersten Motoneurons im Großhirn auf, entfällt die Regulation des zweiten Motoneurons. Als sichtbare Symptome treten Spastiken auf. Außer einem positiven Babinski-Reflex zeigen sich Merkmale wie:
Lähmungen bei gleichzeitig erhöhter Muskelspannung
gesteigerte Reflexe
aber auch überspringende Reflexe oder verbreiterte Reflexzonen
Muskelkloni (unkontrollierte, rhythmische Zuckungen)
Eine der Hauptursachen für eine Schädigung im ersten Motoneuron sind Schlaganfälle. Patienten mit Multipler Sklerose, aber auch nach Unfall mit Querschnittslähmung können einen positiven Babinski-Reflex aufweisen. Ein Pseudo-Babinski liegt bei Patienten mit einer Parese der Zehenbeuger vor, zum Beispiel durch eine Läsion des Nervus tibialis oder nach Poliomyelitis.
Daher zeigt sich, dass die Anamnese der Ärzte äußerst wichtig ist und dass ein sehr schnell durchführbarer Reflextest dennoch Folgeuntersuchungen nach sich ziehen kann.
Literatur
1. Wikipedia: Joseph Babinski (last accessed on 5 July 2023).
2. Bashayan ALY: Neurologie: Eine Einführung für das Krankenpflegepersonal. Springer: Berlin, Heidelberg, 1986.
3. Goldberg P: Babinski Reflex: And 70 Other Useful and Amazing Metaphors from Science, Psychology, Business, Sports, and Everyday Life. Tarcherperigree, 1990.
Entnommen aus MT im Dialog 10/2023
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