Interview mit der DVTA-Vizepräsidentin R/F Anke Ohmstede

Dialog
Die Fragen stellte Ludwig Zahn
Interview mit der DVTA-Vizepräsidentin R/F Anke Ohmstede
J. Kloska, B. Freese, H. Meyer, M. Forlivio, A. Ohmstede, H. Simon (von links) Für alle: © DVTA
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„Der DVTA als Dachverband aller MTA-Berufe fördert die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aller MTA-Berufe.“ Im Interview berichtet DVTA-Vizepräsidentin Anke Ohmstede unter anderem über ihre ersten Jahre im Verband sowie die Herausforderungen für den Beruf. Sie gibt zudem Tipps für junge MTA.

Frau Ohmstede, seit wann sind Sie im DVTA? Was waren damals Ihre Beweggründe, in den Verband einzutreten?

Eine Kollegin aus der Laboratoriumsmedizin hat mich 1988 in den DVTA „gelotst“. Sie nahm mich zu einer Sitzung und Fortbildung der Landesvertretung Bremen-Weser-Ems mit. Die Kolleginnen konnten mir sehr gut vermitteln, dass man als MTRA doch im DVTA sein muss. Das war quasi der Startschuss für alles Nachfolgende, im Beruf und im DVTA.

Wann und warum haben Sie sich entschieden, neben der Mitgliedschaft auch aktive Verbandsarbeit zu übernehmen? Was war Ihre Motivation?

Durch den Kontakt zur Landesvertretung wurde ich zu einer Fortbildung als Referentin über die Immunszintigrafie bei kolorektalen Karzinomen eingeladen. Unser nuklearmedizinisches Institut am Klinikum Oldenburg nahm zu diesem Thema an einer bundesweiten Studie teil und die Kolleginnen waren sehr interessiert an den ersten Forschungsergebnissen. Es war mein erster Vortrag und meine erste Erfahrung, mit MTRA aus anderen Instituten zu fachsimpeln. Ich empfand den fachlichen Austausch als eine große Bereicherung, etwas, was man in die Arbeit einbringen konnte. Der Einstieg in die berufspolitische Arbeit kam Anfang der 90er-Jahre über die Nuklearmedizin. Mit einigen Kolleginnen gründeten wir auf dem DGN-Kongress in Kiel die Arbeitsgemeinschaft Medizinisch-technischer Mitarbeiter/-innen (AG MTM). Aus- und Fortbildung in der Nuklearmedizin waren unsere wichtigsten Themen. Aber auch die Erkenntnis, dass wir für die Umsetzung von Reformen in der Ausbildung mit dem DVTA zusammenarbeiten müssen. Da ich kommissarischer Vorstand des DVTA in Bremen-Weser-Ems war, hatten wir von Anfang an einen guten Austausch und eine gute Zusammenarbeit.

Im Laufe der Zeit habe ich die verschiedenen Gremien des DVTA und die Arbeitsweise des Berufsverbandes kennengelernt. Durch meine hauptberufliche Tätigkeit als Lehrkraft und Schulleitung ab 1990 und der anstehenden Novellierung des MTA-Gesetzes sind mir die politischen Zusammenhänge viel klarer geworden. Der DVTA ist eine große Quelle von Informationen, Erfahrungen und Wissen, die auch für meine Arbeit in der Schule immer sehr nützlich war.

Struktur-Workshop 2015

1995 wurde ich in das Amt der Ressortleiterin Weiterbildung R/F gewählt. Im Herbst 1999 trat die Fachrichtungsvorsitzende R/F von ihrem Amt zurück. Dies erfolgte etwas überraschend während des Travemünder DVTA-Symposiums. Telse Jasper, selber viele Jahre Vorsitzende R/F, hat daraufhin sehr auf mich eingewirkt, für den Fachrichtungsvorsitz R/F zu kandidieren. Im Herbst 1999 wurde ich vom Gesamtvorstand kommissarisch und auf der Hauptversammlung im Frühjahr 2000 ordentlich gewählt. Bis 2004 habe ich dieses Amt ausgeübt.

Diese viereinhalb Jahre hatten es in sich. Anfang 2000 wurde das Strahlenschutzrecht novelliert. Die für die Fachrichtung Radiologie neben dem MTA-Gesetz essenziellen Regelungen der Strahlenschutz- und Röntgenverordnung wurden aufgrund der Euratom-Bestimmungen angepasst. Mit Unterstützung von Telse Jasper, berufspolitisch außerordentlich versiert, und Dr. Uwe-Jens Friedrich, Syndikus des DVTA, haben wir drei gemeinsam die Interessen der MTRA weitgehend auch in den Anhörungsverfahren durchsetzen können. So gelang es zum Beispiel, endlich die Regelungen des MTA-Gesetzes im Hinblick auf die sogenannten Hilfskräfte nach der alten Röntgenverordnung abzuschaffen und die Bestimmungen des MTA-Gesetzes in der Strahlenschutz- und Röntgenverordnung zu verankern. Durch die juristische Beratung von Dr. Friedrich haben sich mir die Rechtsgrundlagen des Strahlenschutzes erschlossen. In vielen Vorträgen konnte ich dies unseren Mitgliedern vermitteln, unter anderem auch in den Aktualisierungskursen zur Fachkunde im Strahlenschutz. Dieses Wissen kam mir auch wieder in der Ausbildung zugute.

Gesamtvorstandssitzung 2016

Außerordentlich bereichernd waren für mich die Arbeitsgruppen mit vielen versierten Kolleginnen, seien es die SOPs zu gängigen Untersuchungen in der Radiologischen Diagnostik, die Entwicklung der Inhalte für die Fachkraft Mammografie oder die SOPs in der Strahlentherapie. Hier wurde auch die Basis für die Zusammenarbeit mit den MTRA in den Fachgesellschaften (VMTB, VMTRO und AG MTM) gelegt.

2001 gründeten wir eine Arbeitsgruppe, die FLOBPS (B. Freese, B. Lenz, AO, S. Becht, C. Steuler). Wir waren eben dank des DVTA gut informiert über das neue Strahlenschutzrecht und wussten, dass künftig für alle häufig vorkommenden Untersuchungen schriftliche Arbeitsanweisungen vorliegen müssen. Also machten wir uns daran, für die Mitglieder des DVTA die SOPs exemplarisch für alle Modalitäten zu erarbeiten, die von den Abteilungen nur noch angepasst werden mussten. Denkwürdig war der Röntgenkongress 2002, als ich in einem Vortrag das neue Strahlenschutzrecht und die SOPs vorstellte. Danach wurde der DVTA-Stand förmlich überrannt mit der Nachfrage nach den SOPs. Gleichzeitig entwickelten wir ein Seminar, um den MTRA den Hintergrund und die Vorgehensweise zu vermitteln. Stefanie Becht, Dr. Friedrich und ich haben viele Seminare gemeinsam angeboten. Bis heute wird das immer wieder aktualisierte Seminar von Claudia Steuler für die DVTA Bildungsgesellschaft angeboten.

Verabschiedung I. Schmidt und F. Neugebauer 11/2015

Hat Ihnen die DVTA-Mitgliedschaft auch bei der persönlichen beruflichen Entwicklung geholfen?

Das kann ich mit einem ganz klaren Ja beantworten. Durch die Verbandsarbeit ergeben sich vielfältige Kontakte, wie beispielsweise zu Kolleginnen und Kollegen, aber auch zu anderen Verbänden, Fachgesellschaften und Politikern. Fachlich und politisch ist man auf dem Laufenden und über das Netzwerk weiß man, wen man fragen kann. Durch den fachlichen Input konnte ich gemeinsam mit meinem Kollegium an der MTA-Schule frühzeitig die Weichen für neue Ausbildungsinhalte stellen. 2004 habe ich den ersten Kurs für die Aktualisierung der Fachkunde im Strahlenschutz für Ärzte und MTRA für das Klinikum Oldenburg konzipiert und durchgeführt. In Zusammenarbeit mit Helga Herrmann, Bettina Freese, Claudia Steuler und Hans Werner Oetjen haben wir unmittelbar nach der Novellierung schon die ersten Kurse für den DVTA angeboten. Viele der Referenten habe ich durch meine Arbeit im DVTA kennengelernt und konnte sie wiederum als Referenten für die Kurse gewinnen, die ich bis 2018 am Klinikum Oldenburg durchgeführt habe.

Der DVTA als Dachverband aller MTA-Berufe fördert die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aller MTA-Berufe und mir ist bewusst geworden, welchen Beitrag wir leisten für eine qualitativ hochwertige Diagnostik und Strahlentherapie.

FG Funktionsdiagnostik 2011

Wo sehen Sie die zukünftigen Herausforderungen für die MTA-Berufe?

Wenn wir uns die Stellungnahmen der Funktionsträger des DVTA in den 50 Jahren unseres Bestehens ansehen, geht es immer um die rasante technische Entwicklung. Das scheint eine allgemeingültige Aussage zu sein, unabhängig davon, in welchem Jahrzehnt wir uns bewegen. Die Digitalisierung, die derzeit auf allen gesellschaftlichen Ebenen bis in unser privates Leben eine Rolle spielt, hat in unseren Berufen schon vor mehr als 20 Jahren Fahrt aufgenommen. Wir sind es gewohnt, uns diesen Veränderungen schnellstmöglich anzupassen und wissen auch die Vorteile zu schätzen. Kein Mensch möchte heute noch Röntgenbilder auf allen möglichen Schreibtischen in der Röntgenabteilung suchen, und wir wissen Barcode, QR-Code oder RFID als Informationsquelle zu schätzen.

Medizinisch-technisch ist der wesentliche Bestandteil unserer Berufsbezeichnung, und Industrie und Forschung geben den Takt der Veränderung vor. In diesem Zusammenhang erweist sich die Politik als „Lame Duck“, sie verweigert sich dem Innovationsbedarf der MTA-Ausbildung, seit 1994 hat das Bundesministerium für Gesundheit nichts getan. Schlüsselwörter wie Telemedizin, künstliche Intelligenz oder auch personalisierte Medizin werden auf Podiumsdiskussionen verhandelt, ohne dass sich an unseren Ausbildungsinhalten etwas verändert. MTA stellen sich diesen Herausforderungen in ihrem Arbeitsalltag durch Learning by Doing, Fortbildung und Erfahrungsaustausch ohne jegliche politische und gesellschaftliche Anerkennung. Es wird viel von der Qualität der medizinischen Versorgung gesprochen, die ist nicht nur von der ärztlichen Heilkunst abhängig. „Ohne MTA keine Diagnostik – ohne Diagnostik keine Therapie“ sind keine leeren Worte. Röntgenstrahlung ist gefährlich, wenn sie nicht sachgerecht angewendet wird; Laborergebnisse können ohne eine vernünftige Präanalytik zu keinem guten Ergebnis führen; die Lungenfunktionsdiagnostik ist völlig sinnlos, wenn Patienten nicht richtig angeleitet werden, um nur ein paar Beispiele zu nennen. In der Aprilausgabe der MTA Dialog 2019 werden wir uns deshalb besonders dem Thema „Zukunft Arbeitswelt“ widmen.

MTA-Kongress 2011, zusammen mit A. Michelsen und K. Thees

Was raten Sie jungen MTA, die sich überlegen, berufspolitisch aktiv zu werden?

Für viele klingt Politik nicht wirklich positiv und Berufspolitik, was ist das eigentlich? Die Frage habe ich mir in den ersten Jahren auch gestellt, wenn die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen im Vorstand davon sprachen. Im Laufe der Zeit ist mir klar geworden, dass eine wesentliche Voraussetzung die Identität mit dem Beruf ist. Auf der einen Seite sichert mir der Beruf meinen Lebensunterhalt, ein ganz wesentlicher Aspekt. Aber alles, was wir tun, trägt zu einer Diagnose bei und hat Auswirkungen auf die ärztlich verordnete Therapie.

Eine wesentliche Erkenntnis – das ist auch bis heute mein Motivator – ist, dass Veränderungen der MTA-Berufe nur mithilfe eines starken Berufsverbandes möglich sind. Bei Gesetzesänderungen werden die Verbände zu den Anhörungen eingeladen – siehe auch aktuell das Strahlenschutzgesetz und -verordnung – und nicht einzelne Personen. Der DVTA als Dachverband aller MTA-Berufe fördert die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen aller MTA-Berufe, und mir ist bewusst, welchen Beitrag wir leisten für eine qualitativ hochwertige Diagnostik und Strahlentherapie.

Die Fragen stellte Ludwig Zahn

Entnommen aus MTA Dialog 2/2019

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