Damit Ärzte die seltene „alveoläre Echinokokkose“ richtig erkennen, haben Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) nun eine Ultraschallklassifikation für die Leber entwickelt, die erste Station des Parasiten im menschlichen Körper. In Deutschland gilt die Schwäbische Alb als Hochburg des Fuchsbandwurms. Hier tragen bis zu 70 Prozent der Füchse den Parasiten in sich. Aber auch in Bayern ist der Erreger verbreitet und selbst im nördlichen Hamburg wiesen Amtstierärzte kürzlich bei zwei Füchsen den Parasiten „Echinococcus multilocularis“ nach. Doch obwohl der Fuchsbestand – und mit ihm die Verbreitung des Fuchsbandwurms – zunimmt, sind Infektionen beim Menschen selten: 25 bis 40 Neu‧erkrankungen registrieren die Behörden jährlich. „Selbst wenn wir davon ausgehen, dass nur etwa jede dritte Infektion gemeldet wird, ist die Zahl insgesamt sehr niedrig“, sagt Professor Dr. med. Wolfgang Kratzer, Leiter des Sonografiezentrums an der Klinik für Innere Medizin I der Universität Ulm, und ergänzt: „Nur wenige Menschen kommen überhaupt mit dem Erreger in Kontakt und von diesen erkrankt auch nicht jeder.“
Finden die Eier des Fuchsbandwurms jedoch ihren Weg in den Körper, kann die alveoläre Echinokokkose einen schweren Verlauf nehmen: Nachdem sie zunächst in die Leber gelangen, befallen die Larven im Laufe der Jahre auch andere Organe wie Gehirn, Herz oder Lunge. Ihre bläschenartigen Zysten zerstören dort Gewebe. Unbehandelt sterben etwa 95 Prozent der Erkrankten. „Die frühe Diagnose ist deshalb so wichtig“, betont Kratzer. Genau diese ist allerdings schwierig: Erst nach fünf bis 15 Jahren entwickeln die Patienten Symptome wie Bauchschmerzen oder Gelbsucht und gehen damit zum Arzt. „Mit einem Serum-Antikörper-Test und einer Ultraschalluntersuchung der Leber ließe sich die Echinokokkose schon deutlich früher nachweisen“, erklärt Kratzer. „Da die Krankheit so selten ist, machen Früherkennungsuntersuchungen aber allenfalls Sinn, wenn – wie etwa bei Jägern – ein konkretes Risiko besteht.“
Der Ulmer Arzt setzt sich dafür ein, das Wissen über die Diagnostik der Echinokokkose zu verbreiten: „Ärzte, die die Leber mittels Ultraschall untersuchen, sollten wissen, wie die typischen Schäden aussehen. Das erhöht die Chancen, dass die Erkrankung als Zufallsbefund zutage tritt“, so der DEGUM-Experte. Eine neue Klassifikation, die Kratzer gemeinsam mit Kollegen entwickelt hat, kann dazu beitragen, dass auch weniger erfahrene Fachleute die Auffälligkeiten richtig erkennen. Anhand der Ultraschallaufnahmen von insgesamt 185 Fuchsbandwurm-Patienten hatte das Team die Erscheinungsbilder der Leberläsionen in fünf Gruppen eingeteilt. „Bei 70 Prozent zeigt sich der ‚Hagelschauer‘- oder ‚Pseudozystische Typ‘“, so Kratzer. Seltener sind die drei anderen Varianten.
Um die Krankheit zu behandeln, entfernen Chirurgen zunächst die Infektionsherde – wenn möglich komplett. Außerdem verordnen die Ärzte Wirkstoffe, die den Stoffwechsel der Parasiten stören. Wer vorbeugen will, sollte Hund und Katze regelmäßig entwurmen und sich nach dem Kontakt mit den Tieren die Hände waschen. Dies ist auch nach Erdarbeiten im Wald, Garten oder Feld ratsam. Die Gefahr, die von gesammelten Waldbeeren ausgeht, ist indes eher gering. „Die meisten unserer Patienten sind Hundehalter oder Landwirte“, berichtet Kratzer. Wer ganz sichergehen will, sollte gesammelte Waldbeeren gut waschen oder Marmelade daraus kochen: bei 60 Grad Celsius sterben die Eier des Fuchsbandwurms ab. (DEGUM)
Entnommen aus MTA Dialog 7/2016.
Artikel teilen