Frau Marz, seit wann arbeiten Sie als freiberufliche MTAF? Wie lange waren Sie fest angestellt?
Meine Ausbildung habe ich 2012 abgeschlossen. Insgesamt war ich sieben Jahre als MTAF in einem Angestelltenverhältnis tätig. Nach drei wechselnden Arbeitgebern und der Erkenntnis, dass ich das, wonach ich suche, nicht in einem Angestelltenverhältnis finden werde, habe ich mich 2019 als MTAF selbstständig gemacht. Als freie MTA arbeite ich bis heute.
Wie sieht die typische Arbeitswoche/der typische Arbeitsmonat als Freiberufler aus? Wer bucht Sie in der Regel?
Tatsächlich sieht meine Woche als freie MTAF auf den ersten Blick sehr ähnlich aus wie in einem Angestelltenverhältnis. Das bedeutet, ich habe zwei bis drei „feste“ Auftraggeber, bei denen ich für circa ein Jahr gebucht bin. Das sind ambulante Arztpraxen, bei denen ich als Honorarkraft tätig bin. Meine Arbeitszeiten, Urlaubstage und mein Honorar lege ich selbst fest. Das bedeutet, ich fange grundsätzlich ab 9 Uhr an zu arbeiten, arbeite nie länger als 6 Stunden pro Tag, drei Mal die Woche. Meine durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt somit ungefähr 20 Stunden bei sehr guter Bezahlung. Zudem kommen vereinzelt Fortbildungen dazu, die ich deutschlandweit gebe. Je nach Fahrweg und Schulungsinhalte nutze ich diese Veranstaltungen für einen Kurztrip in eine andere Stadt.
Was würden Sie sagen, ist der größte Unterschied zur festangestellten MTAF?
Der größte Unterschied ist die Selbstbestimmung in allem, was ich tue. Von der Festlegung meiner Arbeitszeit bis hin zu sechs Monaten frei im Jahr, in denen ich um die Welt reise und somit meiner Leidenschaft nachgehe.
Wie reagieren die festangestellten Kolleginnen und Kollegen bei den Kunden, wenn Sie kommen?
In erster Linie besteht große Neugier bezüglich des freiberuflichen Konzepts. Hier entstehen meist einige Fragen aus Eigeninteresse. Die zweithäufigste Reaktion ist Dankbarkeit. Das Thema Wertschätzung findet als freie MTAF auf einem Level statt, das ich niemals in einem Angestelltenverhältnis bekommen habe.
Was waren Ihre ursprünglichen Gründe, den Weg in die Freiberuflichkeit zu gehen?
Es gibt Zeiten im Leben, in denen man zu sich findet und seine Ziele reflektiert. Als bei mir der Zeitpunkt kam, habe ich gemerkt, dass mein aktuelles Leben nicht mit meinen Werten übereinstimmte. Das waren Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, Flexibilität, Freiheit. Also musste ich mein Leben meinen Wertvorstellungen anpassen, um langfristig glücklich zu sein. Denn das ist doch der Sinn des Lebens, oder? Mir war schnell klar, dass ich diese Werte nicht in einem klassischen Angestelltenverhältnis finden werde. Da ich meinen Job liebe, kam für mich nur die Alternative der Freiberuflichkeit infrage, um meine persönlichen Bedürfnisse in mein Berufsleben zu integrieren.
Haben sich Ihre Erwartungen (auch in finanzieller Hinsicht) erfüllt und wo sehen Sie die größten Fallstricke?
Meine Erwartungen haben sich in allen Punkten erfüllt. Natürlich bringt eine Selbstständigkeit auch große Herausforderungen mit sich. Das bedeutet, man sollte stets danach streben, sein Business anzupassen, die Probleme zu erkennen und vor allem sehr lösungsorientiert sein. Die größten Fallstricke liegen meiner Meinung nach im „Mindset“ der Gesellschaft. Viele haben Angst, in die Freiberuflichkeit zu wechseln und sind sich sehr unsicher. Prinzipiell schützt uns Angst davor, Fehler zu machen. Genau das hindert uns aber auch, daran zu wachsen und uns selbst zu verwirklichen. Meiner Meinung nach gibt es keine Fehler und kein Scheitern. Diese Unsicherheiten entsprechen meist nicht der Realität. Ein Worst Case gibt es fast nicht. Bevor man eine Freiberuflichkeit startet, finde ich es ausschlaggebend, sich mit seinem „Mindset“ und seiner Persönlichkeit zu beschäftigen, um wieder in sein Selbstvertrauen und in die Eigenverantwortung zu kommen.
Wie haben Sie die finanzielle Absicherung zum Beispiel für das Alter geregelt?
Ich habe eine private Rentenversicherung abgeschlossen. Es gäbe allerdings auch die Möglichkeit, freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen. Diese Entscheidung kann aber individuell getroffen werden und hängt zudem vom jeweiligen Business ab.
Hat sich die Coronapandemie auf Ihre Freiberuflichkeit ausgewirkt?
Ja. Gerade zu Beginn des ersten Lockdowns fehlten die Patienten in den Praxen. Das hieß für mich, dass meine Auftraggeber mich nicht in der Regelmäßigkeit buchten wie zuvor. Daraus entstand die Idee der Fortbildungen. Aus der Not heraus entstand quasi mein zweites Standbein, das ich bis heute ebenfalls ausführe.
Was raten Sie MTA, die auch überlegen, den Weg der Freiberuflichkeit einzuschlagen?
Der Bedarf an freiberuflichen MTA ist längst da, das sollten wir nutzen. Halte dich an Menschen, die den Weg bereits gegangen sind und hole dir Unterstützung von ihnen. „Wer fliegen will, muss springen.“ Jedem, der also das Bedürfnis hat, mehr aus seinem Leben und seinem Job als MTA zu machen, empfehle ich den Absprung. Mit einer guten Vorbereitung und einer Strategie kann so gut wie nichts schiefgehen.
Entnommen aus MTA Dialog 6/2022
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