Die Eindämmung der Hepatitis: 
WELT-HEPATITIS-TAG 2024

Constanze Eschholz
Transparente 3D-Abbildung des Thorax mit farblich hervorgehobener Leber
© PIC4U/stock.adobe.com
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Was macht Hepatitis zu einem globalen
 Gesundheitsproblem? Alle 30 Sekunden stirbt ein Mensch an einer Virushepatitis-bedingten Krankheit. Mit den bestehenden Präventions-, Test- und Behandlungsmöglichkeiten wäre jedoch ein großer Teil der Toten im Zusammenhang mit Hepatitis vermeidbar. Hepatitis kann jeden treffen, aber sie wirkt sich unverhältnismäßig stark auf die weniger privilegierten Menschen und Gemeinschaften aus.

Was macht Hepatitis zu einem globalen Gesundheitsproblem?

Alle 30 Sekunden stirbt ein Mensch an einer Virushepatitis-bedingten Krankheit. Mit den bestehenden Präventions-, Test- und Behandlungsmöglichkeiten wäre jedoch ein großer Teil der Toten im Zusammenhang mit Hepatitis vermeidbar. Hepatitis kann jeden treffen, aber sie wirkt sich unverhältnismäßig stark auf die weniger privilegierten Menschen und Gemeinschaften aus.

Jedes Jahr sterben mehr als eine Million Menschen an Hepatitis. „Wir warten nicht auf Veränderungen – wir kämpfen dafür, dass sie geschehen.“ Darauf weist der jährliche Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli, dem Geburtstag von Baruch Samuel Blumberg, dem Nobelpreisträger und Entdecker des Hepatitis-B-Virus, hin. Impfungen können gegen Neuinfektionen mit Hepatitis-A- und Hepatitis-B-­Viren (HBV) schützen. Indirekt verhindert die Impfung gegen HBV auch eine Ansteckung mit dem Hepatitis-D-Virus, welches nur gemeinsam mit dem HBV auftreten kann. Eine chronische HBV-Infektion kann mit heutigen Medikamenten zwar wirksam unterdrückt, aber noch nicht ganz ausgeheilt werden. Es wird intensiv nach noch wirksameren Therapien geforscht. „Wir warten nicht“ ist ein Aufruf zum Handeln. Es ist ein Aufruf, die Bemühungen zum ­Eindämmen der Virushepatitis zu beschleunigen. Er soll die dringende Notwendigkeit von Test- und Behandlungsmöglichkeiten für die Menschen, die sie benötigen, aufzeigen. Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung können das Risiko senken und zudem verhindern, dass andere angesteckt werden.

Hepatitis A, B, C, D, E – hier mal kein Alphabet

Hepatitis-Viren

Hepatitis-Viren sind besonders häufige Ursachen einer Hepatitis (Leberentzündung). Die wichtigsten Viren sind Hepatitis A, B, C, D und E. Diese Viren sind völlig unterschiedlich. Sie werden anders übertragen, anders behandelt und können sich nicht ineinander umwandeln. Sie haben nur gemeinsam, dass sie zu einer Leberentzündung führen. Grundsätzlich kann jede Hepatitis-Infektion im Akutstadium (also im ersten halben Jahr der Infektion) bei einigen Menschen von selbst ausheilen. Hepatitis A wird niemals chronisch. Hepatitis B, C, D und (selten) E können jedoch chronisch werden. Oft bleiben solche Infektionen Jahre oder Jahrzehnte unbemerkt, weil die Leber kein Schmerzempfinden hat. Trotzdem kann die Leber leise und unbemerkt geschädigt werden.

 

Hepatitis A

Das Hepatitis-A-Virus (HAV) wird insbesondere im Mittelmeerraum, aber auch in Deutschland übertragen, zum Beispiel durch Schmierinfektionen über Toiletten, Eiswürfel und Badewasser sowie ver­unreinigte Nahrungsmittel. Eine sexuelle Übertragung ist insbe­sondere bei oral-analen Praktiken möglich. Hepatitis A ist nur kurz ansteckend, aber dann hochinfektiös. Da sie nie chronisch wird und immer von selbst ausheilt, gilt sie als die harmloseste Form der Virushepatitis.

Bei alten Menschen, Leberkranken und Menschen mit Immunschwäche kann jedoch eine Infektion zu Komplikationen und sogar Leberversagen führen. Gegen das Hepatitis-A-Virus gibt es eine sichere Impfung.

Hepatitis B

Das Hepatitis-B-Virus ist ansteckend und kann über Körperflüssigkeiten wie Blut, Vaginalsekret oder Sperma übertragen werden. Sexualkontakte, Piercing, Tätowierungen ebenso wie Kontakt mit infiziertem Blut können zur Ansteckung führen. Eine Hepatitis-B-­infizierte Mutter kann ihr Kind bei der Geburt anstecken, was sich jedoch durch Vorsichtsmaßnahmen verhindern lässt. Bei Erwachsenen heilt eine Neuinfektion in 95–98 Prozent der Fälle aus, sodass nur 2–5 Prozent der Fälle chronisch verlaufen. Bei Menschen mit schwachem Immunsystem (zum Beispiel Kleinkinder, Senioren, chronisch Kranke) verläuft Hepatitis B öfter chronisch und bleibt dann lebenslang.

Medikamente können eine chronische Hepatitis B zwar noch nicht ausheilen, aber unterdrücken und Komplikationen verhindern. Die chronische Hepatitis B künftig heilbar zu machen, ist ein aktuelles Ziel der Forschung. Patienten, bei denen Hepatitis B spontan ausheilt, bleiben meist lebenslang immun. Es gibt jedoch Ausnahmen: Die ccc-DNA des Hepatitis-B-Virus bleibt ein Leben lang in den Leberzellen. Bei schwerer Immunschwäche (zum Beispiel durch HIV oder Chemotherapien) kann sogar eine „ausgeheilte“ Hepatitis-B-Infektion Jahrzehnte später wieder aktiv werden und sehr schwer verlaufen. Auch gegen Hepatitis B gibt es eine sichere Impfung.

Hepatitis C

Das Hepatitis-C-Virus ist im Alltag kaum ansteckend. Zur Infektion kommt es meist durch direkten Blutkontakt, zum Beispiel durch Blutprodukte vor 1990, Verletzungen, gemeinsam benutztes Spritzbesteck beim Drogengebrauch, Piercing, Tätowierungen oder schlechte Hygiene bei medizinischen Eingriffen. Das Risiko einer sexuellen Infektion ist deutlich geringer als bei Hepatitis B, steigt aber bei Verletzungen, Menstruation und „harten“ Praktiken. Hepatitis C wird nicht über Essen, Händeschütteln, Umarmen, Küssen oder die Benutzung der gleichen Toilette übertragen. Hepatitis C heilt im ersten halben Jahr nur in 20 Prozent der Fälle von selbst aus und wird in 80 Prozent chronisch. Es ist noch kein schützender Impfstoff gegen Hepatitis C in Sicht; doch was viele nicht wissen: Hepatitis C ist heute fast immer heilbar. Frühere Therapien waren für ihre Nebenwirkungen berüchtigt und konnten nur einen Teil der Patienten heilen. Hier hat es jedoch eine medizinische Revolution gegeben: Neue Medikamente sind meist verträglicher und heilen Hepatitis C schon beim ersten Versuch in über 95 Prozent der Fälle komplett und endgültig aus.

 

Box 1: Hepatitis-B- und -C-Fälle

2019–2021 wurden laut RKI in Deutschland durchschnittlich pro Jahr 8.240 Hepatitis-B-Fälle und 5.097 Hepatitis-C-Fälle über­mittelt. Im Jahr 2022 wurden 16.144 Hepatitis-B-Fälle und 7.919 Hepatitis-C-Fälle übermittelt. Laut WHO sind weltweit 50 Millionen Menschen chronisch mit HCV infiziert.

Hepatitis D

Hepatitis D (andere Bezeichnung: Hepatitis Delta) ist in Deutschland relativ selten, aber das gefährlichste bekannte Hepatitis-Virus. Es kann nur zusammen mit dem Hepatitis-B-Virus existieren, weil es dessen Hülle zur Vermehrung braucht: Dabei entsteht oft deutlich schneller eine Leberzirrhose als alleine durch Hepatitis B. Eine Infektion ist über Blut- und Sexualkontakt möglich; das Delta-Virus kann gleichzeitig mit Hepatitis B übertragen werden oder später zu einer chronischen Hepatitis B hinzukommen. Seit 2020 ist erstmals ein antivirales Medikament gegen Hepatitis D zugelassen. Weitere Substanzen werden in Studien erforscht. Zudem besteht die Hoffnung, dass verbesserte (heilende) Hepatitis-B-Therapien in Zukunft auch dem Hepatitis-D-Virus die Lebensgrundlage entziehen könnten. Eine Impfung gegen Hepatitis B schützt auch vor Hepatitis D.

Hepatitis E

Hepatitis E ist sehr weit verbreitet: Mindestens einer von sechs Deutschen hat bereits eine Infektion durchgemacht. Rohes Fleisch wie zum Beispiel Schweinemett ist ein häufiger Übertragungsweg; Kochen oder Braten über 70 °C legen das Virus lahm. Jäger und Schweinezüchter sind durch engen Kontakt mit Tieren gefährdet. Ansteckungen durch Blutprodukte sind möglich, daher werden Blutspenden seit Ende 2019 nun auch auf Hepatitis E getestet. Hepatitis E heilt bei 99 Prozent der Betroffenen folgenlos von selbst aus. Ein Teil der Betroffenen hat Hepatitis-Symptome wie zum Beispiel eine Gelb­färbung der Haut und Augen. In einigen Fällen wurden neurologische Komplikationen wie Schmerzen, Taubheit oder sogar Lähmungs­erscheinungen beobachtet. Bei Risikogruppen, wie zum Beispiel chronisch Leberkranken, kann eine zusätzliche Hepatitis-E-Infektion zum Leberversagen führen. Bestimmte Hepatitis-E-Virusformen (Genotyp 1 und 2), die man häufiger in Asien und Afrika findet, können auch bei Schwangeren zum Leberversagen führen. In Deutschland und Europa ist eher der Hepatitis-E-Genotyp 3 verbreitet, der für Schwangere seltener gefährlich zu werden scheint; bei Menschen mit schwachem Immunsystem (Organtransplantierten und Ähnliches) können aber insbesondere Hepatitis-E-Infektionen mit dem Genotyp 3 chronisch werden. Chronische Hepatitis E ist selten, aber kann unbehandelt in weniger als drei Jahren zu einer Zirrhose führen. Hepatitis E lässt sich in Notfällen mit Ribavirin ausheilen, welches dafür aber nicht zugelassen und fast nie nötig ist. Ein Impfstoff existiert nur in China. Dieser wurde jedoch gegen einen anderen Untertyp des Hepatitis-E-Virus entwickelt (Genotyp 1) und schützt nicht gegen den HEV-Virustyp, der in Europa verbreitet ist (Genotyp 3).

Infektionen bleiben ohne Labordiagnostik oft unentdeckt

Drei von vier ärztliche Diagnosen basieren auf Laborwerten. Auch in der Früherkennung und Präventionsmedizin ist die Labordiagnostik unverzichtbar. Anders gesagt: „Ohne Diagnostik keine Therapie.“ Die Hepatologie lebt von der Diagnostik im medizinischen Labor. Ohne die Diagnostik ließen sich die Leber betreffenden Autoimmunkrankheiten, Infektionen und Stoffwechselstörungen nicht richtig einordnen und im weiteren Verlauf nicht kontrollieren.

Auch für das Therapiemonitoring durch Bestimmung des Medikamentenspiegels sowie die Nachsorge von Tumorerkrankungen ist die Labormedizin von zentraler Bedeutung für die Patientensicherheit.

Eine Schlüsselrolle nimmt die Labormedizin im Hinblick auf die Früherkennung und Prävention von Lebererkrankungen ein, welche durch die Infektion mit Hepatitis-B-Viren (HBV) und Hepatitis-C-Viren (HCV) hervorgerufen werden können. Je früher mittels Labordiagnostik chronische Infektionsverläufe erkannt werden, ­desto früher können Therapien eingesetzt werden, um somit Komplikationen verhindern zu können.

Zusammenfassung

Laut Weltgesundheitsorganisation WHO (Stand April 2024) leiden weltweit etwa 254 Millionen Menschen an einer chronischen Hepatitis B und etwa 50 Millionen an einer chronischen Hepatitis C. Etwa 5 Prozent der Menschen mit Hepatitis B haben eine Koinfektion mit dem Hepatitis-D-Virus, welche unbehandelt zu schweren Leberschäden führen und das Risiko für andere Organerkrankungen erhöhen können. Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung können dieses Risiko senken und zudem verhindern, dass andere Menschen angesteckt werden. Infektionen mit Hepatitis-Viren verursachen oft keine eindeutigen Symptome und können daher jahrelang unerkannt bleiben. Daher ist gerade bei Risikofaktoren ein Test wichtig, zum Beispiel bei erhöhten Leberwerten. Daran erinnert der jährliche Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli. Weil die Folgen einer unerkannten chronischen Infektion mit HBV und HCV so drastisch sein können, werden sie ­mittels gezielter Labormedizin diagnostiziert.


Quellen

1.     Deutsche Leberhilfe e.V.
2.     WHO
3.     World Hepatitis Day
4.     Welt-Hepatitis-Tag
5.     RKI

 

Entnommen aus MT im Dialog 7/2024

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