Wir haben mit einem der Tagungspräsidenten, PD Dr. med. Matthias Orth, ein Interview über den Kongress geführt. Er ist Ärztlicher Direktor des Instituts für Laboratoriumsmedizin, Marienhospital Stuttgart.
2018 wird der Deutsche Kongress für Laboratoriumsmedizin (DKLM) zum dritten Mal zusammen mit dem DVTA veranstaltet. Wird es Änderungen zum Konzept des letzten DKLM 2016 geben? Wenn ja, welche?
Die Durchführung der Jahrestagungen der DGKL in Mannheim hat eine lange Tradition und wird von den Besuchern und den Ausstellern sehr gut angenommen. Wir möchten die bewährten Elemente bewahren, was aber keine kleineren Veränderungen ausschließt. Beim diesjährigen Kongress soll ein Schwerpunkt auf die Nachwuchsförderung gelegt werden. So werden die MTA-Schulen und die Universitäten im näheren Umkreis speziell eingeladen, damit auch die Medizinstudenten und MTA-Schüler schon die besondere Atmosphäre auf einem solchen Kongress erfahren können. Weiter gibt es eine separate Bühne im Loungestil für Posterkurzvorträge. Inhaltlich ist uns die enge Verbindung zu den Klinikern wichtig, die in die meisten Symposien aktiv mit eingebunden sind. Als Deutscher Kongress für Labormedizin möchten wir das ganze Spektrum der Labormedizin vorstellen und freuen uns daher sehr, dass wir auch eine Reihe von Experten aus der Mikrobiologie und der Immunhämatologie als Referenten gewinnen konnten.
Ähnlich wie in den Vorjahren werden die wissenschaftlichen Schwestergesellschaften aus Österreich (ÖGLMKC) und der Schweiz (SGKC) wie auch die Berufsverbände der Laborärzte (BDL) und Naturwissenschaftler (BNLD), die Ringversuchsorganisationen (RFB und Instand) und die Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Laboratorien (AULA) sowie die Europäischen Fachärzte (UEMS) eigene Symposien auf dem Laborkongress veranstalten. Ein wichtiger Punkt werden auch diesmal wieder die praktischen Kurse sein, die besonders von den MTA und von den Berufsanfängern bei den Laborärzten und Naturwissenschaftlern stark nachgefragt werden.
Hat sich aus Ihrer Sicht die Zusammenarbeit bewährt?
Um ein attraktives Programm gestalten zu können, benötigen wir die entsprechenden Teilnehmerzahlen. Insgesamt wird die Teilnahme an Kongressen – nicht zuletzt aufgrund der hohen Arbeitsbelastung und Rationalisierung in den Laboratorien – immer schwieriger, und deshalb bietet es sich gerade an, dass wir nicht nur einen Laborkongress für die Laborärzte und Naturwissenschaftler anbieten, sondern vor allem auch die andere wichtige Berufsgruppe im Labor, die MTLA, aktiv mit einbeziehen.
Synergien wurden als ein Grund für die Zusammenarbeit genannt. Wo sehen Sie diese?
Gerade bei Vorträgen zur Fortbildung und bei den praktischen Kursen ermöglicht der gemeinsame Kongress, dass wir ein sehr weites Spektrum von Themen anbieten können und diese Kurse dann trotz des hohen technischen Aufwandes für die Interessenten kostengünstig sind. Weiter ist ein solcher Kongress auch für die Industrie sehr attraktiv, weil so die teilweise sehr aufwendige Präsentation der neuen Geräte und Reagenzien ein größeres Publikum erreicht. Bei einer erwarteten Besucherzahl von 800 bis 1.000 können wir auch zu vielen Themen ein sehr attraktives wissenschaftliches Programm mit vielen Parallelveranstaltungen anbieten, sodass jeder Besucher mit Sicherheit immer ein Thema findet, was seinen Interessen entspricht.
Was werden die Schwerpunkte im laufenden Jahr sein?
Aufbauend auf dem diesjährigen Motto „Labormedizin – das Fundament für Diagnose und Therapie“ wird ein Schwerpunkt der Einsatz der Labormedizin zum unmittelbaren Benefit der Patienten sein. Hierzu wird es Vorträge im Sinne von Best Prac-tice geben, und aus der Vernetzung mit den Klinikern erwarten wir auch interessante Diskussionen über die mögliche klinische Anwendung von neuen Erkenntnissen der Grundlagenwissenschaften.
Gibt es schon Reaktionen seitens der Industrie zur dritten Veranstaltung?
Die Industrie hat sehr großes Interesse an der Veranstaltung, und wir können davon ausgehen, dass mehr Aussteller als in den Vorjahren nach Mannheim kommen werden.
Das Thema Freistellungen für Kongresse ist immer heiß diskutiert. Werden Sie speziell auf die Personalverantwortlichen zugehen, um die leichtere Freistellung der Labormitarbeiter zum Besuch des Kongresses zu erreichen?
Das ist ein Problem, das über die Jahre an Problematik zunimmt. Viele Einrichtungen sind so knapp besetzt, dass es für Kongressbesuche nur wenige Chancen gibt. Ein Vorteil des Deutschen Laborkongresses ist, dass Mannheim sehr verkehrsgünstig gelegen ist und gute Ausstellungsflächen für die Industrie bietet, sodass dank der Industrieunterstützung die Kongressgebühren moderat gehalten werden können. Wir hoffen, dass die Teilnehmer so ihre Personalverantwortlichen vom Nutzen einer Kongressteilnahme überzeugen können.
In Baden-Württemberg sind VRE in diesem Jahr ein großes Thema und das Marienhospital war bei der Beratung der betroffenen Klinik am Eichert in Göppingen beteiligt. Wird dieses Thema auch auf dem Kongress eine Rolle spielen?
Das Thema ist immer noch hochaktuell. Es wird in Mannheim eine Reihe von mikrobiologischen Vorträgen, insbesondere auch zum Thema Mikrobiom, geben. Das VRE-Thema ist aber weniger ein mikrobiologisches Problem als vielmehr ein krankenhaushygienisches Thema und dieses wird daher in Mannheim nicht im Fokus stehen. Es wird aber zu diesem Thema auch einen praktischen Kurs geben.
Wie schätzen Sie allgemein die Lage bei VRE und anderen multiresistenten Keimen in Deutschland ein?
Dank der Maßnahmen für die Eindämmung der MRSA ist die Lage in Deutschland sowohl für MRSA als auch für die 3MRGN im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch ganz gut. Die 4MRGN-Rate ist ausgesprochen niedrig, aber wenn ein Haus davon betroffen ist, wird es problematisch: Das Screening auf die 4MRGN ist derzeit unbefriedigend, da die Rate der Positiven extrem niedrig ist, sodass der Nutzen eines Screenings fast nicht darstellbar ist. Es darf nicht vergessen werden, dass bei einem kulturellen Screening der Patient oft mehrere Tage im Einzelzimmer untergebracht werden muss, was als Isolierung negativ verstanden wird und wegen der Barrieremaßnahmen oft zwangsläufig zu einer schlechteren Betreuung führt. Die PCR-Untersuchungen sind derzeit den phänotypischen (kulturbasierten) Verfahren noch sehr deutlich unterlegen in Bezug auf Sensitivität, und der Zeitgewinn der PCR-Verfahren kann diese Nachteile nicht kompensieren.
Bei den VRE ist die Lage ausgesprochen unklar, und es wird hier immer noch auf die RKI-Empfehlungen gewartet. So gibt es in vielen Krankenhäusern ein Nebeneinander von VRE-Stämmen, die im Krankenhaus übertragen werden, und daneben auch viele VRE-Stämme, die die Patienten von zu Hause mitbringen. Maßnahmen, die eine Verbreitung der VRE zuverlässig unterbinden, sind extrem komplex und daher kaum umsetzbar. Auch das Screening auf VRE ist leider noch nicht zufriedenstellend gelöst.
Was halten Sie in diesem Zusammenhang von Aufnahmescreenings?
Das Aufnahmescreening für MRSA war in den letzten Jahren extrem erfolgreich und konnte das MRSA-Problem in den Krankenhäusern sehr gut eindämmen. Auch wenn im ambulanten Bereich das MRSA-Problem noch nicht gelöst ist, so kann es im Krankenhaus als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden. Ein Problem sind derzeit noch die ca-MRSA, die beim Screening typischerweise nicht erreicht werden und die auch andere Patientengruppen als die Schwerkranken und Immunsupprimierten befallen.
Das Aufnahmescreening sowohl für die MRGN als auch für die VRE ist ausgesprochen unbefriedigend. Es gibt hierfür noch keine Konzepte, mit denen mit vertretbarem Aufwand die kolonisierten Patienten sicher entdeckt werden können. Da es leider auch keinerlei Möglichkeit zur Sanierung der Keimträger gibt, ist auch der Umgang mit den identifizierten Patienten nicht klar. Es ist zu erwarten, dass die Aufteilung der Krankenzimmer in den Krankenhäusern (das heißt ein Verzicht auf Mehrbettzimmer und eine deutliche Zunahme von Einzelzimmern) notwendig wird. Dazu gehört auch eine ausreichende Personalausstattung, um eine Barrierepflege der mit den MRE kolonisierten oder sogar infizierten Patienten auch tatsächlich leisten zu können.
Herr Dr. Orth, herzlichen Dank für das Interview.
Entnommen aus MTA Dialog 5/2018
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