Der (Mit-)Entdecker des Insulins

Charles Herbert Best (1899 bis 1978)
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Charles Best (circa 1924) Quelle: Unbekannt – University of Toronto. Unbekannt - University of Toronto. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons
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Unter persönlichen finanziellen Opfern begannen Banting und Best am 27. Juli 1921 Extrakte aus der Bauchspeicheldrüse zur Behandlung des Diabetes mellitus zu isolieren.

Charles Best wurde am 27. Februar 1899 als Sohn eines kanadischen Arztes in West Pembroke, Maine (USA), geboren. Ab 1916 hatte Best an der Universität von Toronto Medizin studiert, in den Kriegsjahren zeitweilig im Militärdienst als Sanitätsgehilfe gearbeitet und war 1918 an die Universität zurückgekehrt, um seine Studien mit den Schwerpunkten Physiologie und Biochemie fortzuführen.

In seiner Freizeit arbeitete er als unbezahlter Mitarbeiter im Laboratorium von John James Richard MacLeod, der als führender nordamerikanischer Experte auf dem Gebiet des Kohlenhydratstoffwechsels anerkannt und Leiter des Physiologischen Instituts an der Universität von Toronto war.

Auch der junge kanadische Arzt Frederick Grant Banting arbeitete in diesem Labor. Banting forschte zu dieser Zeit intensiv an einer Heilmethode gegen Diabetes mellitus. Ein Jugendfreund von ihm war an Diabetes gestorben; das veranlasste ihn, sich in die Literatur dieser Krankheit einzulesen.

Er kam dann schließlich zur Annahme, dass die Misserfolge bei den Isolierungsversuchen des Insulins darauf zurückzuführen seien, dass die Verdauungsenzyme der Bauchspeicheldrüse das – zu jener Zeit noch hypothetische – Insulin bereits während der Isolierung angreifen und damit funktionsunfähig machten. Banting bat MacLeod mehrfach um einen Assistenten und einen eigenen Untersuchungsraum. Nach anfänglichen Zweifeln gestand MacLeod dem enthusiastischen jungen Mann einen Raum und die Unterstützung seines Studenten Charles Best zu.

Unter persönlichen finanziellen Opfern begannen Banting und Best am 27. Juli 1921 Extrakte aus der Bauchspeicheldrüse zur Behandlung des Diabetes mellitus zu isolieren. Den beiden gelang es, aus Drüsen toter Hunde und ungeborener Kälber einen Stoff zu produzieren, den sie für Insulin hielten.

Am 30. Juli 1921 konnten sie damit erstmals den Blutzuckerspiegel eines pankreatektomierten Hundes nach intravenöser Injektion entscheidend senken. An unzähligen Tier- und auch Eigenversuchen testeten die beiden Forscher daraufhin nicht nur die Wirksamkeit, sondern auch die Toxizität, die vor allem das Fremdeiweiß der Insulin-Extrakte verursachte.

Die erste Applikation an einem Patienten fand am 11. Januar 1922 statt, musste jedoch wegen toxischer Wirkungen abgebrochen werden. MacLeod zog den renommierten Biochemiker James Bertram Collip hinzu, der ein Verfahren zur Reinigung von Fremdeiweiß entwickelte. Das Insulin-Produkt erwies sich schon im Frühjahr 1922 als therapeutisch einsetzbar und effektiv. Der kanadische Pharmahersteller Lilly stellte es in größeren Mengen her, und der klinische Siegeszug des Pankreashormons namens Insulin begann.

Einer der ersten Nutznießer des neuen Wirkstoffs war der 13-jährige Leonhard Thomson in Toronto, der am 2. Dezember 1921 in die Torontoer Universitätsklinik eingeliefert worden war. Nach sechs Wochen im Krankenhaus verschlechterte sich sein Zustand so sehr, dass mit seinem Tod gerechnet wurde.

Vor diesem Hintergrund entschlossen sich die zuständigen Ärzte, einen Behandlungsversuch mit dem von Banting und Best aus den Bauchspeicheldrüsen von Rindern gewonnenen Extrakt zu unternehmen. Der Effekt war verblüffend: Der Blutzuckerspiegel des jungen Leonhard sank zunächst um etwa ein Viertel und dann nach Verbesserung des Extraktes noch weiter auf fast Normalwerte. Der schwerkranke Patient konnte sich dank der Insulin-Behandlung bald wieder vollständig erholen.

Ab Juli 1923 setzte auch in Deutschland eine fieberhafte Forschertätigkeit über die Eigenschaften und klinischen Einsatzmöglichkeiten des Pankreashormons ein. Schon im November des gleichen Jahres empfahl das Deutsche Insulin-Komitee das Präparat der Firma Bayer in Elberfeld für die großtechnische Produktion.

Die Reaktion auf die Entdeckung der kanadischen Forschergruppe war weltweit überwältigend. In seltener Zügigkeit verlieh das Nobel-Komitee in Stockholm schon ein Jahr später, 1923, den Nobelpreis für Medizin. Die Auszeichnung wurde allerdings nur Banting und MacLeod verliehen und nicht dem wesentlich an der Entdeckung beteiligten Best. Das überraschte die Fachwelt, da bekannt war, dass MacLeod an der Forschung überhaupt nicht aktiv beteiligt gewesen sein konnte, weil er zu der Zeit einen längeren Urlaub in seiner schottischen Heimat verbracht hatte. Banting reagierte empört und teilte demonstrativ das gewonnene Preisgeld mit seinem Assistenten Best. Danach gab auch MacLeod bekannt, dass er seine Nobelpreishälfte mit dem Biochemiker Collip teilen werde.

Im Jahr 1932 wurde Best zum Mitglied der Gelehrtenakademie Leopoldina gewählt. 1971 wurde Best mit einem Gairdner Foundation International Award ausgezeichnet. 1994 wurde er postum in die Canadian Medical Hall of Fame aufgenommen.

Im Jahr 1923 wurde das „Banting-Best-Institut“ für medizinische Forschung an der Universität in Toronto gegründet. Nach Bantings Tod wurde Best im Jahr 1941 Direktor des Instituts. Dort bearbeitete er vorwiegend Spezialgebiete der Muskel- und Sportphysiologie sowie des Kohlenhydratstoffwechsels. Er war an vielen Einzelentdeckungen beteiligt. Best veröffentlichte unter anderem wichtige Arbeiten zu Cholin, Heparin und Histaminase. Im fortgeschrittenen Lebensalter erkrankte Best selbst an Diabetes mellitus. Er starb am 31. März 1978 im Alter von 79 Jahren in Toronto als einer der bedeutendsten kanadischen Forscher des 20. Jahrhunderts.

Laura Isabel Koch


Literatur

Charles Best (circa 1924)
Quelle: Unbekannt – University of Toronto. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Common
 

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