Wir stellen in den nächsten Heften die Arbeitsmöglichkeiten des medizinisch-technischen Assistenzpersonals im Ausland vor: Beginn dieser Reihe ist heute Schottland, als Nächstes steht Portugal auf unserer Agenda. Wer selbst im Ausland lebt oder arbeitet (oder es in der Vergangenheit getan hat), kann sich gern melden für ein Porträt, ein Interview oder einen Bericht. Iain Christie ist Leitender Röntgenassistent in der Nuklearmedizin in Edinburgh/Schottland. Im Interview beschreibt er sein Leben und seinen Berufsalltag.
Bitte beschreiben Sie Ihren Berufsweg.
Ich habe zwölf Jahre als Röntgenassistent – das ist das britische Äquivalent zum MTRA – in Edinburgh gearbeitet. Zunächst war ich im Normalfilm-Röntgen, später in der Nuklearmedizin tätig. Daneben unterrichte ich Nuklearmedizin an der hiesigen Universität ... und habe übrigens auch schon als MTRA in Deutschland gearbeitet. Mein Arbeitgeber in Schottland ist der National Health Service (NHS). Für diese staatliche Gesundheitsorganisation sind hier die meisten Röntgenassistenten tätig.
Welche Nachweise müssten MTA aus Deutschland erbringen, um in Schottland arbeiten zu dürfen?
Wer daran interessiert ist, in Schottland zu arbeiten, muss sich mit dem Healthcare and Professionals Council (www.hcpc-uk.org) in Verbindung setzen und ein Formular zur Registrierung als internationaler Bewerber einreichen. Interessenten müssen eine Kopie ihrer Zeugnisse und Details zu ihrer Ausbildung und ihrem Werdegang vorlegen.
Welche Hindernisse gibt es für MTA aus Deutschland bei der Bewerbung?
Leider gibt es keine direkte Gleichwertigkeit der Qualifikationen zwischen Deutschland und Großbritannien, sodass eine Zulassung beziehungsweise Registrierung nicht gewährleistet ist! In Großbritannien haben wir ein auf einem Universitätsabschluss basierendes System – im Gegensatz zu Deutschland mit seinem Ausbildungssystem. Außerdem ist unsere Rolle in Großbritannien breiter aufgestellt; wir erledigen viele der Aufgaben, die andernorts ein Arzt machen würde, beispielsweise das Verabreichen von Injektionen. Man übernimmt also viel mehr Verantwortung, was gut ist, aber das kann ein Kulturschock sein!
Unterstützt der Arbeitgeber den Umzug – etwa bezüglich notwendiger Dokumente, Wohnungssuche, Weiterbildung, Erlernen der Sprache?
Leider gibt es keine Unterstützung, aber innerhalb des Teams, mit dem sie arbeiten, werden internationale MTA sicher viel Unterstützung und Hilfe bekommen.
Berichten Sie uns etwas über die möglichen Einsatzorte für diese MTA – Großstadt gegenüber ländlicher Region, Kultur, Lebensbedingungen, Lebenshaltungskosten, Freizeitmöglichkeiten et cetera.
Als MTRA hat man die Wahl, entweder in der Großstadt – in Glasgow oder Edinburgh – zu leben, oder in einem kleineren Krankenhaus auf dem Land, zum Beispiel in den Highlands, zu arbeiten. Sowohl Edinburgh als auch Glasgow sind sehr kosmopolitische Regionen, mit guten Restaurants, Bars und einer blühenden Musikszene. Manche würden sagen, dass Edinburgh mit seinen Kopfsteinpflasterstraßen und alten Gebäuden die schönste Stadt ist ... allerdings ist es auch die teuerste! Typische Mieten für eine Einzimmerwohnung liegen hier bei 750 Pfund im Monat (plus Nebenkosten). Glasgow ist sicherlich billiger und ebenfalls eine lebendigere Stadt. Wo auch immer man wohnt, man ist nie weit von den Bergen entfernt – und das ist ein tolles Ziel für Naturliebhaber.
Was würde Ihre Arbeits- und Lebenserfahrung in Schottland anders und reicher machen?
Da kommt mir nichts in den Sinn. Für den NHS Schottland zu arbeiten bedeutet, dass es viele Arbeitsmöglichkeiten gibt, ein Engagement für die Work-Life-Balance ... und die Menschen sind sehr offen.
Wie sind die Arbeitsbedingungen – zum Beispiel Arbeitszeiten, Workloads?
Die Arbeitszeit beträgt in der Regel 37,5 Stunden pro Woche; allerdings gibt es oft die Notwendigkeit beziehungsweise Möglichkeit, Überstunden zu machen. Die Arbeitszeiten hängen stark davon ab, wo man arbeitet; in manchen Bereichen ist Schichtarbeit erforderlich. Eine CT-Abteilung in einem Großstadtkrankenhaus hat einen sehr hohen Durchsatz, während es in einem Krankenhaus auf dem Land vielleicht ruhiger ist.
Wie ist typischerweise die Teamkultur/der Umgang mit anderen Teammitgliedern?
Die Teamkultur ist herzlich, freundlich und sehr informell. Wir haben keine Hierarchie, und man spricht sich, auch mit den Ärzten, oft mit Vornamen an.
Welche Möglichkeiten gibt es, sich in Schottland weiterzubilden?
Die Möglichkeiten innerhalb des NHS sind vielfältig. Wenn man sich auf ein Gebiet spezialisiert, wird man ermutigt, einen Master-Abschluss in diesem Bereich zu machen. Dieser wird vom NHS bezahlt. Der NHS schätzt seine Mitarbeiter wert und investiert daher in ihre Aus- und Weiterbildung.
Erzählen Sie uns etwas über die Marktnachfrage nach MTA und über potenzielle und reale Karrieremöglichkeiten.
In Großbritannien gibt es einen Mangel an MTRA; daher ist es kein Problem, einen Job zu finden. Der NHS ist eine große Organisation mit vielen Karrieremöglichkeiten.
Würden Sie MTA aus Deutschland vorschlagen, nach Schottland zu kommen und dort zu arbeiten?
Auf jeden Fall! Wenn Sie für eine Organisation mit vielen Karrieremöglichkeiten in einer Region mit einer der schönsten Landschaften arbeiten wollen, dann ist Schottland genau das Richtige für Sie. Auch die Menschen: Die Schotten sind sehr gastfreundlich, und Sie werden sich nicht lange allein fühlen!
Bitte berichten Sie uns etwas über das Umfeld, in dem Sie selbst tätig sind. Hat sich diese Einrichtung auf ein bestimmtes medizinisches Gebiet spezialisiert? Wie würden Sie Ihre Patientengruppen beschreiben?
Ich arbeite in einer vielbeschäftigten nuklearmedizinischen Abteilung und scanne etwa 20 Patienten pro Tag – Knochen-Scans, DAT-Scans, Renogramme und so weiter. Die meisten meiner Patienten sind Krebspatienten.
Mit welchen Modalitäten arbeiten Sie, gehören sie zur aktuellen Generation?
Ich arbeite in einer nuklearmedizinischen Abteilung; dort haben wir zwei GE Millennium SPECT CT-Kameras. Diese „gehen bald in den Ruhestand“, sie werden also ersetzt. Ein Vorteil der Arbeit für den NHS ist, dass wir in die neueste Bildgebungstechnologie investieren.
Sind Ihre Arbeitsabläufe digital?
Alle unsere Arbeitsabläufe sind digital, von der Patienten-Management-Information, der Bildakquisition, der Bildarchivierung und der Kommunikation hin zur Befundung.
Werden bei Ihnen zusätzliche Tools eingesetzt, wie robotergestützte Patientenpositionierung, künstliche Intelligenz, automatische Bildregistrierung und so weiter?
Nicht in unserer Abteilung, aber in anderen Bereichen nutzen wir diese Technologien, insbesondere in unserem neuen Neuro-Interventionszentrum in Edinburgh.
Entnommen aus MTA Dialog 8/2021
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