Das Vortragsprogramm am Freitag begann mit einem Referat von PD Dr. med. Percy Schröttner aus Dresden. Er berichtete über das Vorgehen im Labor bei der Sepsis-Diagnostik. Diese ist sehr wichtig, denn die Sepsis ist mit rund 85.000 Todesfällen jährlich inzwischen die dritthäufigste Todesursache in Deutschland, und circa 58 Prozent werden auf der ITS behandelt. Die Früherkennung einer Sepsis inklusive schneller Diagnostik und Therapie könnte die Sterblichkeitsrate senken. Ein erhöhtes Sepsisrisiko haben Kinder, ältere und immungeschwächte Menschen!
Beim Vortrag von Dr. med. Evelyn Heintschel von Heinegg aus Essen wurden die Anwesenden über Neuigkeiten von EUCAST, Qualitätskontrolle, E-Teste und IVDR informiert. Das NAK (Nationales Antibiotika Komitee mit Vertretern des RKI, der Paul Ehrlich-Gesellschaft und DGHM) ergänzt die EUCAST und stellt nationale Regeln bei der Resistenztestung auf.
Durchflusszytometrie in der Malariadiagnostik
Nach der Kaffeepause konnten wir ein weiteres spannendes Referat von Frau Heintschel von Heinegg hören. Sie berichtete von den Erfahrungen mit der Durchflusszytometrie in der Malariadiagnostik in ihrem Institut. Insbesondere im Nachtdienst (bei dem nur Ärzte eingesetzt sind) spielt diese ergänzende Malariadiagnostik eine hilfreiche Rolle. Viele sind in der mikroskopischen Diagnostik noch relativ ungeübt und diese ist nachts auch zeitaufwendig. Das vorgestellte Durchflusszytometergerät liefert binnen einer Minute das Ergebnis, ob, welche und wie viele Malariaparasiten in der Probe enthalten sind. Blutausstrich und Dicker Tropfen werden dann am Tag beurteilt. In einer dreijährigen Studie konnte gezeigt werden, dass von 138 Malariaverdachtsfällen 70 positiv waren. Davon 62 Pl. falciparum, 5 Pl. ovale, 3 Pl. vivax, 0 malariae und 0 knowlesi.
Im vierten Vortrag nach der Mittagspause stellte Prof. Dr. med. Ralf-Peter Vonberg aus Hannover Fälle von Raritäten in der Mikrobiologie vor. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten die Möglichkeit, sich aktiv zu beteiligen. Beim ersten Fall wurde eine Joggerin von einem Mäusebussard angegriffen. Sie erkrankte an Kopf-/Gliederschmerzen und Lymphadenitis. In den Blutkulturen konnte kein Wachstum festgestellt werden. Die Serologie ergab: Tularämie (Hasenpest). Der Erreger Francisella tularensis ist sehr schwer anzüchtbar. Zwei weitere Fälle mit Brucella melitensis wurden nach Auslandsreisen „mitgebracht“. Ebenso ein Fall mit einer Wundinfektion, bei der Burkholderia mallei nachgewiesen wurde.
Infektionen und Intoxikationen durch Lebensmittel
Über Hepatitis E informierte Prof. Dr. med. Frank T. Hufert, Senftenberg. Die Erreger, RNA-Viren, haben verschiedene Genotypen: HE V1, 2, 3 und 4. In Europa ist nicht genügend gegartes Schweinefleisch (auch Wildschweine) die häufigste Infektionsquelle. Oft ist Hepatitis E selbstlimitierend, ein akutes Leberversagen selten. Chronische Verlaufsformen sind bei Immunsupprimierten möglich und Schwangere haben ein erhöhtes Infektions- beziehungsweise Erkrankungsrisiko. Einen Impfstoff gibt es nur in China. Die Therapie erfolgt mit Ribavirin, gegebenenfalls Interferon.
Den letzten Vortrag des Tages übernahm PD Dr. med. Erik Glocker aus Baden-Baden. Etliche Beispiele mit Infektionen und Intoxikationen durch Lebensmittel stellte er vor. Geschnittenes Obst, sogenannter Obstsalat to go, ist ein Risiko. Bei einer Untersuchung konnten bei rund 25 Prozent Mängel durch Schimmel oder E. coli nachgewiesen werden. Selbst in Weizenmehl wurden Shigatoxin bildende E. coli gefunden! Untersucht wurden auch 75 Proben von Wildwürsten. In 72 Prozent konnte Blei nachgewiesen werden. Eine Probe (Rehpastete) wurde als gesundheitsgefährdend eingestuft. Neurotoxine (Saxitoxin) können in Muscheln und Austern vorkommen. Zur Beruhigung: Miesmuscheln bei uns, die aus dem Wattenmeer kommen, werden untersucht. Vorsicht ist geboten bei Rucola aus Italien. In Proben wurde Salmonella Umbilo nachgewiesen. Lebensmittelbedingte Ausbrüche durch Salmonellen gibt es nach wie vor. Zum Beispiel Salmonella Typhimurium bei Schokolade aus Belgien. Probleme mit eihaltigen Lebensmitteln sind inzwischen gering, da die Hühner geimpft sind. Der neueste Ausbruch einer Lebensmittelinfektion war Ende September bis Mitte Oktober 2024 in den USA durch EHEC O 157 bei McDonalds, verursacht durch geraspelte Zwiebeln, die von einer Firma geliefert wurden.
Das Preisrätsel, das am Morgen verteilt worden war, hatten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer richtig gelöst und nach der Vortragsveranstaltung wurden 26 Preise verlost. Der Hauptpreis war ein Hotelgutschein für zwei Übernachtungen im Penck Hotel, gestiftet von der Hotelleitung. Vielen Dank den Sponsoren der Preise und vielen Dank den ausstellenden Firmen!
Das gemeinsame Abendessen im Restaurant „Zum Schiesshaus“ hat den ersten Tag stimmungsvoll ausklingen lassen.
Workshops am Samstag
Am Samstag standen dann drei Workshops auf dem Programm. Vormittags wurde ein Workshop zum Thema Mykologie angeboten, der von Waltraud Malms-Fleschenberg organisiert wurde. Prof. Dr. med. Pietro Nenoff, Rötha, gab einen Überblick über die Dermatophyten. Sowohl die Klinik wie auch der Nachweis dieser Pilze wurden in dem interaktiven Vortrag thematisiert. In der Pause konnten sich die Teilnehmenden das ausgelegte Anschauungsmaterial und laminierte Handouts zu den Pilzen ansehen. Prof. Dr. med. Peter-Michael Rath aus Essen informierte über Hefepilze und insbesondere über Candida auris, ein Hefepilz, der 2009 erstmals in Japan beschrieben wurde. Dieser Hefepilz breitet sich inzwischen weltweit aus. Er bezog die Anwesenden mit Fragen in seinen Vortrag ein. Diesen untermauerte er mit vielen Bildern und neuesten Erkenntnissen.
Der weitere Workshop am Vormittag zum Thema „Reisemitbringsel“ wurde von Marianne Vetter-Knoll organisiert. Den ersten der drei interaktiven Vorträge hielt Dr. med. Thiên-Tri Lâm aus Würzburg. Er stellte einige Fälle vor, die durch reiseassoziierte Bakterieninfektionen verursacht waren. Unter anderem eine schwere Meningitis verursacht durch Meningokokken. Eine schwere Diarrhö nach Mexikoaufenthalt mit Plesiomonas shigelloides, ein entzündeter Insektenstich mit einer Mischinfektion durch Corynebacterium diphteriae (Toxin negativ), Staphylococcus aureus und Streptococcus pyogenes. Eine Durchfallerkrankung bei mehreren Saisonarbeitern (Erdbeerernte) ergab negative Stuhlproben (pathologische Keime, Parasiten, Viren). Auch die mitgebrachten Lebensmittel aus der Heimat hatten kein Ergebnis erbracht. Die Diagnostik wurde durch serologische Untersuchungen erweitert. Das Ergebnis: Leptospiren! Infektion bei der Erntearbeit durch Kontakt mit Mäuseausscheidungen.
Beim zweiten Vortrag stellte Waltraud Seitz aus Würzburg Fallbeispiele aus der Blutparasitendiagnostik vor: Ein aus Nigeria stammender Patient, der seit mehreren Jahren in Deutschland lebt, war drei Wochen auf Urlaub in der ehemaligen Heimat und erkrankte an Malaria tropica. Obwohl die Einheimischen dort eine Teilimmunität haben, wird diese bei längerer Abwesenheit – wie beim vorgestellten Patienten – geschwächt. Der Verlauf der Krankheit war durch die erfolgte Therapie unkompliziert. Eine schwere Malaria tropica dagegen hatte eine 62-jährige Patientin aus Burundi, die zu Besuch in Deutschland war. Sie kam mit Verdacht auf Sepsis und Pneumonie bei Bewusstseinsstörungen in die Klinik. Sowohl im Ausstrich wie im DT war Plasmodium falciparum nachweisbar. Die Parasitämie betrug zwar nur 0,3 Prozent, trotzdem hatte die Patientin eine schwere Malaria! Nach sofortiger Therapie war die Patientin nach einer Woche gesund. Tragisch dagegen war der nächste Fall: Ein deutscher Entwicklungshelfer, der seit zwei Jahren in Malawi arbeitet, war seit zwei Wochen für eine Tagung in Deutschland. Nachdem er immer schwerer krank wurde, kam er in eine Klinik und es wurde eine Parasitämie von 30 Prozent festgestellt mit Pl. falciparum und Pl. ovale. Der Patient verstarb an Kreislaufinsuffizienz, obwohl sofort eine Therapie eingeleitet wurde. Er hatte offenbar zu lange gewartet. Aber nicht nur Malariafälle wurden vorgestellt, so zum Beispiel ein weiterer interessanter Fall von einem kleinen Mädchen, das mit den Eltern auf Mallorca im Urlaub war. Nach der Rückkehr bemerkten die Eltern einen „Punkt“ zwischen den Augen auf der Stirn, der ständig größer wurde. Die Biopsie ergab „Leishmanien“. Das Kind war anscheinend von einer Mücke gestochen worden und hatte nun eine kutane Leishmaniose. Nach erfolgreicher Therapie war die Narbe mit der Zeit verschwunden.
Marianne Vetter-Knoll, vor dem Ruhestand in der Medizinischen Mikrobiologie in Freiburg als MTA tätig, stellte in ihrem interaktiven Vortrag einige Fälle von verschiedenen Stuhlparasiten vor. Sowohl Protozoen wie auch Wurmeier werden/wurden zwar meist aus dem Ausland „mitgebracht“, aber einige der Parasiten wurden auch hier beziehungsweise in der Schweiz erworben. Erwähnt sei hier ein Patient, der eine Kanufahrt auf der Aare unternommen hatte und gekentert war. Dabei hatte er eine Menge Wasser geschluckt, das offenbar mit Giardia lamblia kontaminiert war. Weiter ein Kind, das an Durchfall (ohne Fieber) erkrankt war. Weder pathogene Darmkeime noch Rota- beziehungsweise Noroviren konnten nachgewiesen werden. Das Kind machte mit den Eltern Urlaub auf dem Bauernhof im Schwarzwald und hatte dort viel Kontakt zu den Tieren insbesondere zum neugeborenen Kälbchen. Obwohl nie im Ausland wurde eine erweiterte Diagnostik auf Parasiten gemacht. Diese ergab: Nachweis von Cryptosporidien. Bei einem weiteren Fall waren kontaminierte Lebensmittel die Ursache. Eine Gruppe von Personen war in einem Restaurant essen. Einige Tage später erkrankten die meisten an Durchfall. Es konnten weder pathogene Darmkeime noch Viren nachgewiesen werden. Eine „private“ Untersuchung ergab: Cyclospora cayetanensis. Recherchen zeigten, dass die erkrankten Personen Salat gegessen hatten, der in Marokko geerntet, gewaschen und in Plastiktüten verpackt wurde. Gekühlt transportiert und auch hier im Kühlregal gelagert war dieser Salat offenbar die Infektionsquelle.
Am Nachmittag konnte noch ein Workshop besucht werden, der von Christina Haese organisiert wurde. Zunächst stellte Dr. Abd Alrahman Aladhan aus Rostock die Klinik von Harnwegsinfektionen inklusive der häufigsten Erreger vor. Dies sind in erster Linie die gramnegativen Keime E.coli, Klebsiella spp., Proteus spp. und Pseudomonaden. Bei den grampositiven Bakterien sind es die Enterokokken. Viele Risikofaktoren, wie Immunsuppression, Östrogenmangel und Dauerkatheter begünstigen eine HWI. Die Komplikationen bei einer nicht behandelten Harnwegsinfektion können Sepsis und akutes Nierenversagen sein. Bei der Urinprobe ist die richtige Abnahme, in der Regel Mittelstrahlurin, und die Verarbeitung der Kultur entscheidend. Falls mehr als drei Erreger nachgewiesen wurden, sollte eine neue Probe angefordert werden.
Dr. med. Valerie Le Saout-Chapot aus Essen informierte über nachgewiesene Erreger von Vaginal- und Cervixabstrichen und deren Relevanz. Normalflora bei Vaginalabstrichen sind Lactobazillen, fakultativ pathogen: Gardnerella spp., Enterobacterales, Ureaplasmen, Mykoplasma, Anaerobier und Sprosspilze. Pathogen sind unter anderem: S. pyogenes, S. aureus, Neisseria gonorrhoeae und Listerien. Sie stellte dazu einige interessante Fälle vor. Unter anderem berichtete sie, dass Infektionen mit Gonokokken zunehmen. 2022 waren es mehr als 70.000 Fälle und es waren mehr Männer als Frauen betroffen. Bei Verdacht sollte unbedingt versucht werden, die Keime anzuzüchten, da es inzwischen viele Resistenzen gibt. Insbesondere sind circa 25 Prozent der Gonokokken Azithromycin-resistent und 65,9 Prozent haben eine Resistenz gegenüber Ciprofloxacin. Es besteht eine generelle Meldepflicht seit 2022. Bei einem weiteren Fall wurde seit 20 Jahren das Intrauterinpessar nicht gewechselt. Die Patientin hatte Unterbauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, einen genitalen, purulenten Ausfluss und hohes Fieber. Im Präparat waren grampositive Stäbchen zu sehen. Nach circa zwei Wochen Bebrütung waren Kolonien von Actinomyces israelii gewachsen. Ein weiterer Fall: Eine 28-jährige Patientin bekam in der 39. Schwangerschaftswoche Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen. In der Blutkultur konnte Listeria monocytogenes nachgewiesen werden. 2022 gab es 571 Fälle, durch tierische Lebensmittel übertragen, davon 36 Todesfälle. Infektionsgefahr besteht hauptsächlich für abwehrgeschwächte Personen.
In den Pausen wurde der Stand unseres Berufsverbandes DVTA und DIW-MTA, der wieder von Ulrike Bandow betreut wurde, von den Teilnehmenden stark frequentiert. Die ausgelegten Weiterbildungsprogramme und Flyer wurden gerne mitgenommen. Interessante Gespräche, auch zur Notwendigkeit unseres Berufsverbandes DVTA, wurden geführt.
Die Veranstaltungsorganisation vor Ort im Hotel, insbesondere auch die Registrierung der Teilnehmenden, musste dieses Jahr krankheitsbedingt von Karin Thees von der DVTA Bildungsgesellschaft alleine bewältigt werden und lief hervorragend. Gegen 16.30 Uhr gingen die Mikrobiologietage zu Ende und das Organisationsteam tagte im Anschluss, um bereits das Vorprogramm für die 12. Mikrobiologietage am 14. und 15. November 2025 in Wiesloch zu beraten. Das Vorprogramm wird voraussichtlich im Februarheft der MT im Dialog veröffentlicht.
Entnommen aus MT im Dialog 1/2025
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