Das MIT wurde als Tochterunternehmen des Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrums HIT (74,9 Prozent) sowie der RHÖN-KLINIKUM AG (25,1 Prozent) gegründet. Der klinische Betrieb wird vom Universitätsklinikum Heidelberg AöR sowie dem Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH (UKGM) getragen.
286 Therapien im zweiten Jahr
Im ersten Jahr, von Ende Oktober 2015 bis Ende 2016, konnten am MIT 171 Patientinnen und Patienten behandelt werden, im zweiten, jetzt aktuellen Jahr 2017 wurden 286 Therapien durchgeführt. Irmtraut Gürkan, Kaufmännische Direktorin und stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Universitätsklinikums Heidelberg, erklärt: „Unser bereits 2009 in Heidelberg initiiertes Konzept der Therapie mit Protonen und Schwerionen wird zunehmend auch am Standort Marburg angenommen.“ Für das UKGM ergänzt Dr. Gunther K. Weiß, Vorsitzender der Geschäftsführung und Kaufmännischer Geschäftsführer am Standort Marburg: „Die wachsenden Patientenzahlen unterstreichen die positive Entwicklung des MIT.“
Tumore durch Kohlenstoff und Wasserstoff-Ionen zielgenau erreichen
Die Strahlentherapie mit Kohlenstoff- und Wasserstoff-Ionen bietet die Möglichkeit, Tumore zielgenau und höchstdosiert zu zerstören, mit weit weniger starken Nebenwirkungen. Die Strahlen durchdringen den menschlichen Körper und entfalten erst im Tumor ihre zerstörerische Wirkung. „Mediziner, Physiker und Techniker sind an der jeweils individuellen Planung der Ionenstrahltherapie für die Patientinnen und Patienten beteiligt. Mit größtmöglicher Sorgfalt wird diese Therapie individuell vollzogen“, so Prof. Dr. Rita Engenhart-Cabillic, Direktorin der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am UKGM und MIT Marburg.
Die Therapie findet in Form von klinischen Studien statt und wird streng wissenschaftlich begleitet. Ziel dieser Studien ist es, im Vergleich zu weiteren Therapieformen die Wirksamkeit der Ionenstrahl-Therapie zu messen. Langzeitstudien in Marburg sollen zeigen, wie sich die Sterblichkeit bei bestimmten Krebsarten entwickelt. „In einer Langzeitstudie im Heidelberger Ionenstrahlzentrum zeigte sich bereits, dass sich bei Patienten mit einer bestimmten Form eines Speicheldrüsenkarzinoms durch die Kohlenstoffionen-Therapie ein ‚Überlebensvorteil‘ ergibt“, führt Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus, Geschäftsführer der MIT GmbH sowie wissenschaftlich-medizinischer Leiter des HIT, aus. Auch die Langzeit-Wirkungen im Blick auf Folgeerkrankungen stehen im Fokus klinischer Studien: „Hier sehen wir bereits jetzt positive Ergebnisse, vor allem für Kinder und Jugendliche“, ergänzt Prof. Engenhart-Cabillic. Die deutlich geringere Strahlenbelastung für den Körper insgesamt führe zudem weniger zu Spätfolgen. Die Präzision und die genau auf den jeweiligen Tumor abgestimmte Strahlungsdosis sind hierfür die Ursache.
Kleinkinder können in Narkose behandelt werden
Aktuelle Schwerpunkte der Anwendung mit der Therapie mit Protonen und Kohlenstoff-Ionen, kurz Schwer-Ionen genannt, sind Tumore im Gehirn und im Kopf-Hals-Bereich, Weichteilsarkome (Tumore in Muskeln und Fettgewebe), nicht-operable Pankreas-Karzinome sowie alle lokalisierten Tumore bei Kindern und Jugendlichen. „An neuen Indikationen und Techniken konnte die Bestrahlung der gesamten Neuroachse (Wirbelsäule) am MIT im Jahr 2017 realisiert werden“, erklärt Engenhart-Cabillic. Gemeinsam mit Prof. Dr. Hinnerk Wulf, Klinik für Anästhesie und Intensivtherapie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, sei zudem die Anästhesie aufgebaut worden, so dass seit dem Frühjahr 2017 Kleinkinder in Narkose behandelt werden können.
Ausblick in das Jahr 2018 am MIT
Als neue Indikation wurde im Rahmen der EuroNet-Studie die Behandlung des kindlichen Hodgkin-Lymphoms, ein bösartiger Tumor des Lymphsystems, mit Befall in der Brusthöhle (dem Mediastinum) initiiert. Diese europäische Studie wird von Prof. Dr. Dieter Körholz geleitet, welcher standortübergreifend die Abteilung für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie an den Standorten Gießen und Marburg führt. Im Rahmen dieser Studie wurden 2017 bereits sieben Kinder mit Protonen behandelt.
Im Jahr 2018 starten weitere wissenschaftliche Projekte im Rahmen der Forschungskooperation mit Heidelberg. Im Rahmen der Forschungsförderung durch das Land Hessen sind fünf kooperative Forschungsanträge mit Federführung GSI, THM, Uni-Marburg eingegangen. Die Begutachtung wies alle fünf Forschungsanträge als exzellent aus, so dass die Fördersumme von 418.000 Euro bewilligt werden konnte. Ab 2018 sollen zudem zellbiologische Forschungen am MIT realisiert werden.
Insgesamt 14 Studien laufen aktuell am MIT.
Quelle: idw/Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
Artikel teilen