Gefährliche Keime haben leichtes Spiel in deutschen Kliniken. Wenn OP-Besteck verunreinigt ist, wenn beim Putzen gespart wird, wenn sich Mitarbeiter nicht oft genug die Hände desinfizieren. Vor allem aber: Wenn zu wenig Fachkräfte vor Ort sind, die etwas von Hygiene verstehen, die all diese Missstände beheben könnten.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung der Krankenhausqualitätsberichte und Daten des BKK Landesverbands Nordwest durch Correctiv und das ARD-Magazin „Plusminus“. Demnach verfügte im Jahr 2014 mehr als jede vierte Klinik in Deutschland nicht über die vom Robert-Koch-Institut (RKI) empfohlene Zahl an Hygienepersonal. Im Jahr 2011 beschloss die Bundesregierung, dass diese Empfehlungen verpflichtend werden sollen. Die Analyse der Daten aus dem Jahr 2014 zeigt, dass die Empfehlungen des RKI in vielen Kliniken noch nicht umgesetzt wurden. Schlusslicht ist demnach Bremen, wo 43 Prozent aller Kliniken die Empfehlungen nicht erfüllen, auf dem vorletzten Platz liegt Thüringen mit 42 Prozent, danach folgt Berlin mit 37 Prozent. Am besten schneidet dagegen Hamburg ab, wo nur 10 Prozent der Kliniken die Hygienevorgaben verfehlen.
Die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts sind klar: Jede Klinik ab 400 Betten soll mindestens eine Person aus jeder dieser vier Berufsgruppen beschäftigen:
- Krankenhaushygieniker – Ärzte, die eine gesonderte Ausbildung durchlaufen haben. Sie sind verantwortlich für die Hygiene im Krankenhaus. Sie müssen auf dem neuesten Stand der Forschung sein, einen Blick für den Alltag haben, Mitarbeiter schulen und bei Problemen die Geschäftsführung des Krankenhauses informieren und bestenfalls Lösungen durchsetzen.
- Hygienefachkräfte – Pfleger oder Krankenhelfer, die die Vorgaben der Hygieniker umsetzen und in enger Bindung zum Krankenhauspersonal stehen.
- Hygienebeauftragte Ärzte – Sie setzen die Vorgaben in der Ärzteschaft der jeweiligen Station durch, fungieren als Ansprechpartner und Schnittstelle.
- Hygienebeauftragte Pflegekräfte – Jede Station im Krankenhaus soll einem Mitarbeiter die Gelegenheit geben, sich zum Hygienebeauftragten in der Pflege zu qualifizieren. Sie setzt dann die Vorgaben unter den Pflegern der Station um.
Hat eine Klinik weniger als 400 Betten, entfällt die Vorgabe des Krankenhaushygienikers, lediglich die drei anderen Berufsgruppen sollen vorhanden sein.
Problem der antibiotikaresistenten Erreger
Der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Thomas Reumann, erklärt zu diesen Vorwürfen: „Das zentrale Problem bei Infektionen insbesondere im Krankenhaus sind antibiotikaresistente Erreger. Diese weltweit große Problematik in der Medizin, die die G20-Länder dazu bewogen hat, eine gemeinsame Antibiotika-Strategie aufzulegen und im Pharmadialog wesentlicher Diskussionspunkt war, führt dazu, dass Infektionen zum Tode führen können, da kein Antibiotikum greift. Grundsätzlich ist festzustellen, dass Deutschland im weltweiten Vergleich keine Auffälligkeiten bei den Infektionen hat. Die MRSA-Fälle sind rückläufig und liegen unter dem europäischen Durchschnitt.“
Die Anzahl der Krankenhaushygieniker habe sich seit 2010 fast verdoppelt. Bei den Hygienefachkräften in der Pflege konnte bis 2015 binnen drei Jahren eine Steigerung von 23 Prozent erreicht werden. Dass noch nicht überall die vorgesehene Quote erfüllt werden könne, liege auch daran, dass Weiter- und Fortbildung zeitintensiv sei. Die Mittel aus dem Hygieneförderprogramm von 460 Millionen seien für sechs Jahre bis Ende 2019 angesetzt. Zu beklagen sei allerdings, dass die Krankenkassen extrem restriktiv bei der Anerkennung und Finanzierung von Maßnahmen zum Personalaufbau sind.
„Die Daten, die Plusminus verbreitet, sind veraltet. Zudem bewertet Plusminus nicht nach den gesetzlichen Vorgaben, sondern nach offensichtlich selbst gesetzten Kriterien. So bezieht man sich auf das Jahr 2014, als das Förderprogramm gerade anlief. Die Ausstattung ist heute bereits deutlich besser“, so die DKG
Quelle: Correctiv, DKG 11.01.2016
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