Der internationale Genetically Engineered Machine (iGEM)-Wettbewerb spornt Studierende auf dem Gebiet der Synthetischen Biologie an, innovative Ideen umzusetzen und mit diesen biotechnologischen Projekten gegeneinander anzutreten. Der am Massachusetts Institute of Technology (MIT) initiierte Wettbewerb wird seit 2003 von der iGEM-Foundation veranstaltet, wobei bis 2014 das MIT in Cambridge (USA) auch Austragungsort war. Unter den 300 Finalistenteams waren in diesem Jahr 12 deutsche Mannschaften, darunter ein gemeinsames Team der TU München (TUM) und der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) aus München.
Das iGEM-Projekt des Jahres 2016, geleitet von Arne Skerra vom Lehrstuhl für Biologische Chemie der TUM und gefördert vom Graduiertenkolleg GRK 2062 an der LMU, hat sich dem wachsenden Problem fehlender Spenderorgane in der Transplantationsmedizin gewidmet. „Die beteiligten Studierenden von TUM und LMU haben eine neuartige Methode entwickelt, die es letztendlich ermöglicht, intakte Gewebe und möglicherweise sogar komplette Organe mit Hilfe eines -D-Druckers herzustellen“, sagt Skerra über seine aktuelle Projektgruppe. „Nur mit der Kombination der Disziplinen Synthetische Biologie, Molekulare Biotechnologie, Proteindesign und Ingenieurwissenschaften ist dies möglich geworden.“
3-D-Plastikdrucker wird zum "3-D-Bioprinter"
Eine Frage des Teams war: Wie wäre es, wenn das “gedruckte“ Gewebe völlig neue Funktionen im Körper erfüllen könnte, beispielsweise die Produktion therapeutischer Proteine? Das Drucken von nicht lebendigem biologischen Material – wie beispielweise Knorpel – ist bereits Stand der Technik. Auf dem Weg zum Druck komplexer Zellverbände hingegen waren noch wesentliche Hürden zu bewältigen. „An diesem Punkt hat das diesjährige Projekt angesetzt, bei dem lebende Zellen mit einem 3D-Drucker in eine biokompatible Matrix gedruckt werden“, erläutert Projektleiter Skerra. Dafür wurde ein konventioneller Plastik-3D-Drucker umgebaut zu einem "3D-Bioprinter".
Schicht für Schicht entsteht dabei ein biologisches Gewebe. Bislang wurden für derartige Zwecke sogenannte Hydrogele eingesetzt, die eine gelatineartige Gerüststruktur liefern und erst nachträglich mit den Zellen besiedelt werden. Die Studierenden der beiden Münchener Universitäten haben dies allerdings umgangen, weil der "Gerüstbau" das Drucken verkompliziert und die Zellen auf unnatürliche Weise zusammenhält. Stattdessen haben sie eine spezielle Biotinte, eine Art biochemischer Zweikomponentenkleber, für den direkten 3D-Druck lebender Zellen entwickelt.
Hauptbestandteil dieses Systems ist Biotin, den meisten als Vitamin H oder B7 bekannt, mit dem die Zellen oberflächlich beladen werden. Die zweite Komponente ist Streptavidin, ein Biotin bindendes Protein und damit der eigentliche biochemische Klebstoff. Zusätzlich sind voluminöse Proteine mit Biotingruppen ausgestattet worden, um als Quervernetzer zu dienen. „Wenn eine Suspension dieser Zellen in eine konzentrierte Lösung der Proteinkomponenten ,gedruckt‘ wird“, erklärt Skerra, „dann bildet sich die gewünschte 3-D-Struktur.“
Mit dieser Biotinte entsteht also im sogenannten biotINK-Gewebedrucker ein plastisch gestaltbares Gewebe aus lebenden Zellen – quasi bereit zur Transplantation.
Quelle: Technische Universität München, 04.11.2016
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