Die Mikrobenvielfalt in der Nase konnten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig jetzt erstmals auch in einer größeren Studie belegen, für die sie bei etwa 80 Patienten Abstriche und Gewebeproben aus der gesamten Nasenhöhle untersuchten. Insgesamt ließen sich dabei mindestens 13 Untergruppen von Menschen mit vergleichsweise ähnlicher „Nasen-Flora“ unterscheiden. Das könnte medizinisch bedeutsam sein, etwa wenn die betreffenden Personen auf Antibiotika-Behandlungen oder andere Therapien unterschiedlich reagieren.
MRSA sind eine Gefahr
Die meisten der zahlreichen Keime, die auf den Oberflächen des Naseninnenraums gedeihen, sind harmlos; andere können Krankheiten auslösen. Dazu zählen etwa die berüchtigten MRSA-Bakterien, methicillinresistente Staphylococcus aureus-Stämme, gegen die viele gängige Antibiotika unwirksam sind. „Meist verursachen sie keine Symptome, doch wenn sie beispielsweise in offene Wunden eindringen, kann das sehr problematisch werden“, erklärt der HZI-Wissenschaftler Prof. Dietmar Pieper, Leiter der Arbeitsgruppe „Mikrobielle Interaktionen und Prozesse“. Allein schon wegen der potenziellen Gefährdung durch MRSA und andere Krankheitserreger interessiert man sich in jüngster Zeit verstärkt für das „Nasen-Mikrobiom“, wie Biowissenschaftler die Bakterien-Gemeinschaften in den oberen Atemwegen nennen.
Nasen-Mikrobiom fast wie ein Fingerabdruck
Gemeinsam mit Partnern an der Universität Münster untersuchten Pieper und seine Arbeitsgruppe das Nasen-Mikrobiom von rund 80 Menschen mit Hilfe genetischer Analysemethoden. Dabei stellten sie fest: Jeder Mensch hat seine eigene „Signatur“ von Bakterien in Nasengängen und Nasenvorhof – beinahe so unverwechselbar wie ein Fingerabdruck.
Dabei lassen sich diese Bakterien-Profile dennoch in Gruppen mit einem ähnlichen Spektrum von Mikroben unterteilen. Am häufigsten fanden Pieper und seine Kollegen bei den untersuchten Personen Bakteriengemeinschaften, in denen die Spezies Corynebacterium accolens zahlenmäßig dominierte. Eine andere Gruppe wies – neben weiteren Keimen – besonders viele potenziell problematische Staphylococcus aureus-Bakterien auf.
Region spielt keine Rolle
An welcher Stelle man die Bakterien-Zusammensetzung untersuchte, ob vorne an den Nasenlöchern oder tief im Inneren der Nasenhöhle, machte dabei keinen Unterschied. „Das ist ein ganz anderes Ergebnis als man es etwa bei Untersuchungen der Mundhöhle erhält“, sagt Pieper. „Dort gibt es scharf abgegrenzte Bereiche mit sehr unterschiedlichen Bakterien-Gemeinschaften.“
Überraschend für die Wissenschaftler: Bei Menschen, die an chronischer Rhinosinusitis leiden – einer anhaltenden Entzündung der Schleimhäute in Nase und Nasennebenhöhlen – fanden sie die gleichen Gruppen von Bakterien-Profilen wie bei Gesunden. „Man hätte erwarten können, dass bei chronischen Entzündungen andere Keime zahlenmäßig vorherrschen – sei es als Ursache oder als Folge der Erkrankung“, erklärt Pieper. „Die Rolle der Bakterien bei der Rhinosinusitis bleibt ungeklärt.“
Für die praktische Medizin könnten die Ergebnisse der Studie dennoch von Bedeutung sein: „Es ist anzunehmen, dass das individuelle Mikrobiom die Wirksamkeit verschiedener Therapien beeinflusst“, sagt Pieper. „Wir sehen mit dem Vorhandensein einer begrenzten Anzahl an Mikrobiom-Typen das Potenzial, Behandlungen im Sinne einer personalisierten Medizin individuell an den jeweiligen Patienten anzupassen.“ (HZI, red)
Wos-Oxley M.L., Chaves-Moreno D., Jáuregui R. et al.: Exploring the bacterial assemblages along the human nasal passage. Environmental Microbiology. 2016 May 21. DOI: 10.1111/1462-2920.13378. [Epub ahead of print]
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