Für welche Krebspatienten und Krebsarten die stereotaktische Bestrahlung Vorteile bringt, diskutieren die Experten auf der 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) vom 16. bis 19. Juni 2016 in Mannheim.
„Wenn der Krebs gestreut hat, standen in der Vergangenheit oft nur Systemtherapien wie beispielsweise die Chemotherapie zur Verfügung. Dabei zirkulieren gegen den Krebs wirkende Substanzen im Blutstrom und erreichen die Zellen überall im Körper. „Das kann effektiv sein, geht aber auch oft mit starken Nebenwirkungen einher“, weiß Professor Dr. med. Stephanie E. Combs, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Klinikum rechts der Isar in München. Bei bestimmten Patienten, die nur an wenigen Stellen im Körper Metastasen des Tumors haben – „Oligometastasierung“ (von griechisch oligo – wenig) genannt – ist eine Behandlung an der befallenen Stelle vorteilhaft. Das wird durch eine besondere Bestrahlungsmethode, die stereotaktischen Strahlentherapie (Stereotaxie) möglich. Sie wird individuell für den Patienten geplant und häufig mit moderner Bildgebung kombiniert.
Im Bestrahlungsplan legen die Strahlentherapeuten millimetergenau fest, welche Bereiche behandelt werden sollen. Die Behandlungsgeräte richten die Strahlen von mehreren Seiten auf den Tumor, das umgebende Gewebe wird geschont. „Wir können damit eine sehr hohe Strahlendosis direkt auf den befallenen Bereich bringen. Beim umliegenden gesunden Gewebe ist die Dosis dann sehr viel geringer.“ So sinkt zum Beispiel bei der Bestrahlung von Hirnmetastasen das Risiko auf neurokognitive Einschränkungen, betont die Münchener Expertin. „Die Hochpräzisionsstrahlentherapie ist mit einer chirurgischen Behandlung vergleichbar, beispielsweise bei kleinen Metastasen in der Lunge“, so Professor Combs.
Bei anderen Erkrankungen, wie etwa einem Prostatakarzinom mit wenigen Knochenmetastasen, kann die Stereotaxie die Krankheit zurückdrängen und eine Hormontherapie hinauszögern. Insgesamt kann die Strahlentherapie unabhängig von der zugrunde liegenden Tumorerkrankung eingesetzt werden, zum Beispiel auch bei Brustkrebs.
Voraussetzung für den Einsatz der stereotaktischen Bestrahlung sind präzise Informationen über die Größe und Ausbreitung der Metastasen. „Erst wenn diese Informationen belegen, dass die Strahlentherapie eine Erfolgschance hat, wird die Behandlung durchgeführt“, erklärt Professor Combs.
Professor Dr. med. Frederik Wenz, Tagungspräsident der DEGRO und Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim sieht in der stereotaktischen Bestrahlung besonders die Vorteile für die Patienten: „Mit der stereotaktischen Strahlentherapie behandeln wir nicht nur effektiv, sondern nebenwirkungsarm. Und wir erhöhen die Heilungschancen, auch wenn der Krebs gestreut hat.“ (idw, red)
Weitere Informationen zur DEGRO-Jahrestagung finden Sie hier.
Rieber J, Streblow J, Uhlmann L et al.: Lung Cancer. Stereotactic body radiotherapy (SBRT) for medically inoperable lung metastases—A pooled analysis of the German working group “stereotactic radiotherapy”. Lung Cancer. 2016 Jul;97:51-8.
Sterzing F, Brunner TB, Ernst I, Baus WW, Greve B, Herfarth K, Guckenberger M: Stereotactic body radiotherapy for liver tumors Principles and practical guidelines of the DEGRO Working Group on Stereotactic Radiotherapy. Strahlenther Onkol. 2014 Oct;190(10):872-81.
Kocher M, Wittig A, Piroth MD, Treuer H, Seegenschmiedt H, Ruge M, Grosu AL, Guckenberger M: Stereotactic radiosurgery for treatment of brain metastases. A report of the DEGRO Working Group on Stereotactic Radiotherapy. Strahlenther Onkol. 2014 Jun;190(6):521-32.
Professor Dr. med. Stephanie E. Combs: Redemanuskript zur DEGRO-Pressekonferenz vom 16. Juni 2016
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