Basierend auf den Arbeiten zweier Tübinger Krebsforscher, die unter Laborbedingungen die Pflanzenstoffe des Hopfens untersucht haben, wollen nun Ernährungswissenschaftler der Universität Hohenheim die Bioverfügbarkeit dieser Substanzen untersuchen und verbessern. Prof. Dr. Jan Frank greift dafür zu einem Trick – nach ganz natürlichem Vorbild.
Hopfen ist einer der Grundbestandteile des Bieres – er sorgt für den leicht bitteren Geschmack und verbessert die Haltbarkeit des Getränkes. Auch als Heilpflanze wird Hopfen wegen seiner beruhigenden und schlaffördernden Wirkung seit Jahrhunderten geschätzt.
Doch in den letzten Jahren haben Wissenschaftler herausgefunden, dass bestimmte Hopfeninhaltsstoffe noch mehr können: „Hopfen enthält viele sekundäre Pflanzenstoffe, die für die Pflanze selbst eher ein Nebenprodukt darstellen. Einige dieser Sekundärstoffe können sich potenziell positiv auf die Gesundheit auswirken“, erklärt Prof. Dr. Jan Frank, Ernährungswissenschaftler an der Universität Hohenheim.
Hopfeninhaltsstoffe hemmen Krebszellen
Um diese natürlicherweise im Hopfen vorkommenden Inhaltsstoffe zu untersuchen, kooperiert der Forscher mit Kollegen von der Universitätsklinik Tübingen. Die Mediziner Dr. Christian Busch und Dr. Dr. Sascha Venturelli konnten in Laboruntersuchungen nachweisen, dass spezifische Prenylflavonoide in der Lage sind, das Immunsystem zu stimulieren und so dazu beitragen Krebszellen abzutöten. „Damit könnten diese Stoffe möglicherweise eines Tages in der Krebsprävention und therapie zum Einsatz kommen“, schätzt Dr. Dr. Venturelli.
Problem: Körper nimmt Hopfeninhaltsstoffe kaum auf
Doch die Wirkung, die die beiden Krebsforscher in vitro – also unter Laborbedingungen – entdeckt haben, zeigt sich nicht automatisch auch in einem Organismus. Und da gibt es noch ein Problem: Der menschliche Körper nimmt diese Substanzen nur in geringem Maße auf.
Hier beginnt die Arbeit von Prof. Dr. Frank und seinem Team
"Wir untersuchen derzeit die Bioverfügbarkeit dieser Stoffe, also die Transportwege in den Körper hinein“, erläutert er. „Hierdurch finden wir heraus, wieviel von diesen Prenylflavonoiden natürlicherweise bei Gesunden über den Darm aufgenommen wird. In einem zweiten Schritt wollen wir untersuchen, wie wir deren Aufnahmerate erhöhen können, damit sie ihre volle Wirkung auf die Gesundheit entfalten können.“
Verpacken von pflanzlichen Substanzen erhöht Aufnahmerate
Bei seinen Untersuchungen greift Prof. Dr. Frank auf Erkenntnisse seiner umfassenden Forschungen zu Curcumin zurück. Dieser Stoff, der für die Gelbfärbung des Kurkuma (Gelbwurz) verantwortlich ist, soll ebenfalls unter anderem Krebserkrankungen hemmen. Mit den Prenylflavonoiden hat er außerdem gemein, dass er im Körper nur in sehr geringem Maße aufgenommen wird – weshalb er den Wissenschaftlern als Modellsubstanz dient.
Um die Aufnahme solcher fettlöslicher Substanzen zu erhöhen, greifen die Forscher zu einem Trick: Sie verpacken sie in sogenannte Mizellen und erhöhen auf diese Weise ihre Löslichkeit. „Mizellen dienen natürlicherweise als Transportvehikel für die Aufnahme fettlöslicher Nährstoffe im Darm“, erklärt Prof. Dr. Frank. „Dafür schüttet der Körper Gallensäuren als Emulgatoren aus, die die Substanzen umschließen und in den Organismus einschleusen.“ Derartige Mizellen lassen sich auch künstlich nachbauen.
Bei den Hopfeninhaltsstoffen untersuchen die Wissenschaftler im Augenblick die isolierten spezifischen Reinsubstanzen. Doch im nächsten Schritt wollen sie die für Curcumin erfolgreiche Strategie des Verpackens in Mizellen auch für die Prenylflavonoide erproben.
Funktionelle Lebensmittel mit Hopfeninhaltsstoffen
Nicht zuletzt sollen die Erkenntnisse auch dazu dienen, die optimale Verabreichungsform zu ermitteln – etwa als Hopfenextrakt oder Reinsubstanz, als alkoholfreies, angereichertes Bier oder in Kapselform. Zudem sind derartige Humanstudien nicht nur für eine Medikamentenzulassung nötig, sondern auch für gesundheitsbezogene Aussagen von funktionellen Lebensmitteln.
Ein derartiges, mit einem anderen Hopfeninhaltsstoff angereichertes Lebensmittel gibt es bereits auf dem Markt, basierend auf den gesundheitsfördernden Eigenschaften der Substanz Xanthohumol. Ein Wellnessgetränk aus speziellem, alkoholfreiem Bier mit erhöhtem Xanthohumol-Gehalt und Fruchtsäften ist in einigen süddeutschen Lebensmittelläden erhältlich.
Vor einem Trugschluss warnt Prof. Dr. Frank jedoch ausdrücklich: Täglich ein Bier könne trotz der enthaltenen Pflanzenstoffe nicht automatisch vor Krebs schützen. „Die Gefahren durch chronischen Alkoholkonsum übersteigen deutlich die potenziellen Wirkungen der einzelnen untersuchten Hopfeninhaltsstoffe.“ Bevor diese tatsächlich gegen Krebs zum Einsatz kommen können, seien bei dem derzeitigen Stand der Forschung noch umfassende Studien nötig, betont der Experte. (idw, red)
Hintergrundinformation:
Das Vorhaben „Characterisation of prenylflavonoids as health-beneficial bioactives from hops and hops products“ startete am 1. Januar 2014. Es wurde durch die Wissenschaftsförderung der Deutschen Brauwirtschaft e.V. (Wifö) mit 144.900 Euro finanziert. Projektpartner von Prof. Dr. Jan Frank an der Universität Hohenheim sind Dr. Christian Busch und Dr. Dr. Sascha Venturelli (Universitätsklinikum Tübingen). Darüber hinaus wurde das übergeordnete Gesamtprojekt sowohl durch die medizinische Fakultät der Universität Tübingen (Angewandte Klinische Forschung, AKF) als auch durch die Exzellenzinitiative der Eberhard Karls Universität Tübingen (Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), ZUK 63) unterstützt.
500 Jahre deutsches Reinheitsgebot:
Zum 500. Jahrestag des deutschen Reinheitsgebots am 23. April 2016 präsentiert die Universität Hohenheim eine Serie rund ums Thema Bier.
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