Gehäuftes Auftreten der Masern in Deutschland

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Trotz Impfungen stellen die Masern weltweit weiterhin eine häufige Todesursache von kleinen Kindern dar. CC0 Common Creatives
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Aus welchen Gründen gibt es Jahre, in denen in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten der europäischen WHO Region deutlich mehr Masernfälle beobachtet werden? Dieser Frage ging das Robert Koch-Institut nach.  

Die Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionen des Menschen. Sie werden hinsichtlich der Schwere der Erkrankung und der Möglichkeit auftretender Komplikationen, insbesondere bei kleinen Kindern und Erwachsenen, häufig unterschätzt, betont das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem neuesten Epidemiologischen Bulletin. Trotz Impfungen stellen die Masern weltweit weiterhin eine häufige Todesursache von kleinen Kindern dar. Im Jahr 2016 starben rund 90.000 Menschen, vornehmlich Kinder unter 5 Jahren, an der Infektion.



Die Anzahl der Masernfälle ging nach Einführung der Meldepflicht der Masern im Jahr 2001 aufgrund steigender Impfquoten von rund 6.040 Fällen im Jahr 2001 auf rund 780 Fälle im Jahr 2003 zurück. Allerdings hat sich nun seit einigen Jahren keine Tendenz eines weiteren Rückgangs der Anzahl der an das RKI übermittelten Masernfälle ergeben. Jahre mit weniger Masernfällen werden seitdem von Jahren mit zum Teil ausgedehnten Ausbrüchen und vielen Masern-fällen abgelöst. In einigen Bundesländern, so das RKI, treten die Masern nur noch selten in Erscheinung, wie in Mecklenburg-Vorpommern, dem Saarland oder Sachsen-Anhalt. Andere Bundesländer, wie Berlin, Bayern oder Nordrhein-Westfalen (NRW) sind häufiger betroffen.

Von den 929 Fällen konnten von den kommunalen Behörden 762 Fälle (82 Ausbrüche zusammengefasst werden, von denen 17 Ausbrüche 5 Fälle oder mehr umfassten. Der größte Ausbruch mit 465 Masernfällen begann in Duisburg im Januar 2017 (mit insgesamt 332 Fällen) und ging im weiteren Verlauf auf andere Stadt- und Landkreise in NRW über. Für 759 der 929 Erkrankten lagen Angaben zu Komplikationen vor. Von diesen wurden dem RKI zufolge für 703 Patienten (93 %) keine Komplikationen angegeben. Eine Enzephalitis/Meningitis erlitten 3 Patienten, bei 25 der 759 Masernfälle (3 %) wurde eine Lungenentzündung und bei 7 Patienten (1 %) eine Mittelohrentzündung dokumentiert. Der Anteil der übermittelten hospitalisierten Masernfälle lag bei 41 % (n = 376) und damit niedriger als im Jahr 2016 (52 %). Ein Todesfall trat in Essen auf.

Von 836 Masernfällen lagen Angaben zum Impfstatus vor. Von diesen waren 683 (82 %) ungeimpft, 153 (18 %) hatten bereits eine oder mehrere Impfungen gegen Masern bei Ausbruch der Masern erhalten.

Importierte Masernfälle

Aus welchen Gründen gibt es Jahre, in denen in Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten der europäischen WHO Region deutlich mehr Masernfälle beobachtet werden? „Deutschland weist nicht nur die zweithöchste Bevölkerungszahl in der europäischen WHO Region hinter der Russischen Föderation auf, sondern gehört auch zu den Ländern mit der höchsten Bevölkerungsdichte in Europa. Darüber hinaus kommen jedes Jahr Millionen Menschen nach Deutschland, um hier zur arbeiten, zu studieren oder Ferien zu machen. Die importierten Masernfälle erreichen Deutschland insbesondere in den Ballungsgebieten, in denen die Menschen besonders dicht zusammenleben und eine schnelle Masernübertragung möglich ist“, heißt es im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts vom 17. August.

Hier sei auch die Wahrscheinlichkeit am höchsten, auf Menschen zu treffen, die aus unterschiedlichen Gründen bisher noch keine Impfung erhalten hätten und an den Masern erkranken könnten. Auch wenn es noch Bevölkerungsgruppen mit verbesserungswürdigen Impfquoten in Deutschland gebe, so lägen die Masernimpfquoten in den Schuleingangsuntersuchungen schon auf einem hohen Niveau.

Bis zum Schuleingang waren im Jahr 2016, so das RKI, rund 97 % der Kinder einmalig gegen Masern geimpft. Die Impfquote für die zweite Impfung lag bei 92,9 %, sie stagniert bereits seit 2011 mehr oder weniger zwischen 92 % und 93 %. „Trotz wiederholter Informationskampagnen und einer zum Teil hohen medialen Aufmerksamkeit, insbesondere zu Zeiten von Ausbrüchen, konnten diese Impfquoten bisher nicht weiter verbessert, die Eltern also scheinbar nicht von der Notwendigkeit der zweiten Impfung überzeugt werden.“

Impfschutz beim medizinischen Personal überprüfen

Ferner werden dem RKI zufolge kleine Kinder zu spät geimpft. So waren im Jahr 2014 geborene Kinder bis zu einem Alter von 24 Monaten im Bundesdurchschnitt zu 95,6 % einmalig, jedoch nur zu 79,3 % zweimalig gegen Masern geimpft. Gründe, warum sich Eltern fast immer für eine erste, weniger jedoch für eine (rechtzeitige) zweite Impfung entscheiden, seien vielfältig. Daten von bevölkerungsbezogenen Surveys der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hätten gezeigt, dass diese Gründe weniger in einer grundsätzlich impfkritischen Haltung zu suchen sind.

Vielmehr seien Impfungen auch immer wieder aus verschiedenen Gründen verschoben und dann vergessen worden oder die Befragten hätten angegeben, über eine entsprechende Empfehlung der STIKO, insbesondere hinsichtlich der Erwachsenenimpfung, gar nicht aufgeklärt worden zu sein. „Darüber hinaus kommen jedes Jahr viele Menschen mit Migrationshintergrund nach Deutschland, die in ihren Heimatländern keine Impfung erhalten hatten. Dies betrifft nicht nur Asylsuchende und Geflüchtete aus Krisengebieten, in denen Impfprogramme mehr oder weniger zusammengebrochen sind, sondern auch Menschen aus der Europäischen Union, insbesondere aus Osteuropa. Gründe für eine fehlende Impfung sind mithin komplex und vielschichtig und müssen sorgfältig analysiert werden“, heißt es in dem Bulletin.

Die Nationale Lenkungsgruppe Impfen, in der das Bundesministerium für Gesundheit, die Gesundheitsministerien aller Bundesländer sowie die Bundesärztekammer, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung, der Verband der privaten Krankenversicherungen und der gemeinsame Bundesausschuss vertreten sind, setzt sich aktuell besonders für eine Verbesserung des Impfschutzes des medizinischen Personals ein und appelliert diesbezüglich an alle Krankenhausleiter, den Impfschutz beim medizinischen Personal zu überprüfen und einen entsprechenden Impfstatus insbesondere bei einer Tätigkeit in sensiblen Bereichen einzufordern.


Quelle: Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin (Datenstand: 30. Juni 2018), 16. August 2018


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