Am Dietmar-Hopp-Stoffwechselzentrum des Universitätsklinikums Heidelberg sind jetzt drei innovative Analysegeräte, sogenannte Tandem-Massenspektrometer, für das Neugeborenen-Screening und die erweiterte Stoffwechseldiagnostik in Betrieb genommen worden: Die von der Dietmar Hopp Stiftung finanzierten Geräte sollen das primäre Screening und die Diagnostik zur Bestätigung einer Krankheit nach einem auffälligen Screeningergebnis radikal vereinfachen.
Auf 36 angeborene Erkrankungen erweitert
Mit ihnen kann eine Vielzahl von Stoffwechselprodukten aus der Blutprobe des Kindes in einem einzigen Analysegang untersucht werden. Bislang erforderte dies zehn zeit- und kostenaufwändige Arbeitsschritte. In den nächsten Monaten prüfen die Heidelberger Stoffwechselexperten, ob sich die Technik für ein diagnostisches Hochleistungslabor mit hohem Probenaufkommen eignet – pro Jahr werden hier 150.000 Blutproben in einem engen Zeitfenster analysiert. Spätestens ab Juli 2016 können die Heidelberger dann eine Pilotstudie zur Erweiterung des Neugeborenen-Screenings von aktuell 15 auf insgesamt 36 angeborene Erkrankungen starten. Experten gehen davon aus, dass die betroffenen Kinder von einer frühen Behandlung sehr profitieren werden und untersuchen dies im Rahmen einer Langzeitbeobachtungstudie, die jetzt bis ins Schulalter ausgeweitet wird.
Bisher mit 16,3 Millionen Euro unterstützt
"Dank der Dietmar Hopp Stiftung starten wir diese neuen Projekte, die das Neugeborenen-Screening in Deutschland weiter voran bringen werden", so Professor Dr. Georg Hoffmann, Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg. Diese aktuellen Arbeiten fördert die Dietmar Hopp Stiftung mit 3,9 Millionen Euro. Seit 2001 unterstützt die Stiftung mit mittlerweile insgesamt rund 16,3 Millionen Euro diverse Forschungsprojekte zu angeborenen Stoffwechselerkrankungen und zum Neugeborenen-Screening.
Dazu gehören unter anderem der Bau und die Ausstattung des Dietmar-Hopp-Stoffwechselzentrums im Analysezentrum III im Jahr 2014. „Es benötigte fundierte Forschung, Ausdauer und den kontinuierlichen Ausbau der Infrastruktur, damit der Standort Heidelberg heute eine High End-Diagnostik anbieten kann“, so Dr. Ingrid Rupp, Medizinreferentin der Dietmar Hopp Stiftung. „Das Neugeborenenscreening und die daran angelehnten Studien bieten jungen Familien die Sicherheit einer exzellenten Medizin.“
Pilotstudie mit 500.000 Neugeborenen
Ab sofort testen die Wissenschaftler die innovativen Analysegeräte. Mit der sogenannten dualen hochauflösenden Flüssigkeitschromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung werden die unterschiedlichen Stoffwechselprodukte aus der Blutprobe des Kindes – in der Regel bei der Routineuntersuchung U2 den Babys aus der Ferse entnommen – untersucht. Die neuen Geräte vereinfachen außerdem die selektive Stoffwechseldiagnostik, um nach auffälliger Basisdiagnostik den Verdacht auf eine Stoffwechselerkrankung zu bestätigen. Auch Untersuchungen im späteren Krankheitsverlauf, z.B. Kontrollen, um in Folge die Therapie anpassen zu können, werden erleichtert.
In Deutschland ist gesetzlich festgelegt, auf welche Krankheiten die Blutprobe beim Neugeborenen-Screening untersucht werden darf: Eine Krankheit muss schwerwiegend, früh und zuverlässig zu diagnostizieren sowie erfolgreich zu behandeln sein. Derzeit umfasst das Screening 13 Stoffwechsel- und 2 Hormonstörungen. Die Heidelberger Wissenschaftler haben aus den derzeit mehr als 600 bekannten angeborenen Stoffwechselerkrankungen weitere 21 Erkrankungen als geeignete Kandidaten für das Screening identifiziert. Eine Pilotstudie mit 500.000 Neugeborenen soll zeigen, ob diese Erkrankungen die Kriterien in der Praxis erfüllen.
Wie verläuft die Entwicklung nach dem Kleinkindalter?
Wie sich Kinder mit Stoffwechselkrankheiten, die durch das Neugeborenen-Screening entdeckt wurden, entwickeln, untersuchen die Heidelberger Wissenschaftler schon seit mehreren Jahren. Die bisherigen Studienergebnisse zeigen, dass sich die Kinder bis zu im Mittel drei Jahren sowohl geistig als auch körperlich weitestgehend normal entwickelt haben. Jetzt wird der Beobachtungszeitraum auf die ersten zehn Lebensjahre ausgedehnt. "In den kommenden Jahren stehen für diese Kinder wichtige Entwicklungsaufgaben an, wie der Eintritt in die Schule. Hier zeigt sich dann ganz deutlich, wie gut die Kinder dem gewachsen sind“, so Hoffmann. Die Langzeitbeobachtung hilft, medizinische Maßnahmen zu steuern und auch die psychosoziale Betreuung der Familien zu verbessern. „Wir sind aufgrund unserer Vorarbeiten davon überzeugt, dass eine frühe Diagnose und Behandlung den betroffenen Familien viel Leid ersparen kann“, so Hoffmann. (idw, red)
Hintergrundinformation:
Die Dietmar Hopp Stiftung wurde 1995 gegründet, um die Umsetzung gemeinnütziger Projekte zu ermöglichen. Das Stiftungsvermögen besteht überwiegend aus SAP-Aktien, die Dietmar Hopp aus seinem privaten Besitz eingebracht hat. Seit ihrer Gründung hat die Stiftung, die zu den größten Privatstiftungen Europas zählt, rund 500 Millionen Euro ausgeschüttet. Der Schwerpunkt der Förderaktivitäten liegt in der Metropolregion Rhein-Neckar, mit der sich der Stifter besonders verbunden fühlt. Auf Antrag fördert die Stiftung Projekte gemeinnütziger Organisationen in den Bereichen Jugendsport, Medizin, Soziales und Bildung in der Metropolregion Rhein-Neckar. Die Förderrichtlinien können auf der Website eingesehen und entsprechende Anträge an die Geschäftsstelle in St. Leon-Rot gerichtet werden. Darüber hinaus setzt die Dietmar Hopp Stiftung ihre satzungsgemäßen Zwecke durch eigene Förderaktionen um. Die bisher größte Aktion will unter dem Titel „alla hopp!“ alle Generationen für mehr Bewegung begeistern. Daher spendet die Stiftung Bewegungs- und Begegnungsanlagen an 19 Kommunen der Region im Gesamtwert von 42 Millionen Euro. Die Dietmar Hopp Stiftung ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Stiftungen, im Verein Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar und in der Sportregion Rhein-Neckar e.V.
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