Wie motiviere ich (ältere, kranke) Mitarbeiter?
Die Einstellung zu diesem Thema ist bereits eine wichtige Grundlage, um die Zusammenarbeit zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitern zu gestalten und Lösungen für Probleme zu finden.
Haben Sie sich schon entschieden, wie Sie dazu stehen?
Für beide, junge wie alte Menschen, ist zwischenzeitlich nicht eindeutig klar, wann ist ein Mensch jung, zu jung … alt, zu alt, ab welchem Alter ist ein Mitarbeiter „älter“? Oder ist das doch sehr individuell? Wir haben manchmal zum „älteren Menschen“ ebenso ein Bild im Kopf wie zu den „Jungen“. Unsere Erfahrungen haben unser Bild geprägt.
Eine kleine Geschichte: „Ich finde Claudia und Marina (beide deutlich jünger als Barbara) könnten auch mal ein bisschen was tun, es sieht hier immer so unordentlich aus!“, beschwert sich Barbara P. (58 Jahre alt) bei ihrem 20 Jahre jüngeren Chef. Barbara P. ist wütend, weil „die Jungen nur den Feierabend im Kopf haben.“ Ihr Vorgesetzter sieht sie nur verständnislos an und meint dazu: „Warum nehmen Sie das denn so persönlich? Es läuft doch im Großen und Ganzen!“ Darauf Barbara P.: „Ich lasse mich nicht von Ihnen so herunterputzen, ich weiß doch, dass das nicht gut bei den Patienten ankommt.“ Barbara geht demotiviert zurück an ihren Arbeitsplatz und sagt vor sich hin: „Ich hab es doch gewusst …!“
Wer hat hier was verstanden? Wer hat hier welches Bild im Kopf? Solche und andere Fragen beschäftigen uns hier. Was die „Jungen“ von den „Alten“ denken und umgekehrt ist eines der Kernthemen in Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitern. Unterschiedliche Ansichten der Generationen sind eine ganz normale Sache.
Es geht darum, die Leistungsfähigkeit realistisch einzuschätzen, gegebenenfalls das Team eine Weile zu coachen, damit die Konfliktkompetenz zu einer konstruktiven Streitkultur heranwächst.
„Wie gehen wir mit diesen Herausforderungen um?“ Das ist die wichtige Frage. Beide Seiten müssen lernen.
Gibt es denn Konzepte, die schon bei jungen Mitarbeitern auf den Erhalt und die Förderung von Leistungs-, Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit eingehen? Eine Frage, die uns hier zusätzlich beschäftigt: Wie motivieren jüngere Vorgesetzte ältere Mitarbeiter? Und umgekehrt.
Für jüngere Führungskräfte erhöhen sich die Anforderungen an die soziale Kompetenz. Der oben beschriebene Vorgesetzte könnte sich mit den Motiven und Werten älterer Mitarbeiter intensiver auseinandersetzen. Eine wertschätzende Kommunikation an dieser Stelle hätte Barbara P. nicht frustriert sondern motiviert. Wenn Wertschätzung fehlt, kann es sein, dass sich ältere Mitarbeiter zurückziehen und innerlich kündigen, weil sie sich als nicht mehr wichtig für das große Ganze erleben.
Wäre die oben dargestellte Konstellation umgekehrt, sähe die Situation vielleicht so aus: „Ich finde Johanna (deutlich ältere Kollegin) könnte sich mal an den Putzplan halten. Es sieht hier immer so dreckig aus, immer muss ich ihr alles zweimal sagen“, beschwert sich Christine (28 Jahre alt) bei ihrem 16 Jahre älteren Chef. Der sieht sie nur verständnislos an und meint dazu: „Was wollen Sie denn? Es läuft doch!“ Er hat das Gefühl, bei den Frauen sei das nur „Zickenkrieg“. Darauf Christine: „Aber so geht das nicht weiter. Das kommt bei den Patienten nicht gut an.“ Nun geht auch Christine demotiviert zurück an ihren Arbeitsplatz und muss sich noch bei ihren Kolleginnen Luft machen, wie ungerecht der Chef war.
Sie merken, es ähnelt sich sehr. Die Bilder im Kopf führen zu bestimmten Verhalten und die Art zu kommunizieren ändert sich nicht. Auch hier haben wir wieder das Gefühl, es ist in der Kommunikation etwas nicht richtig gelaufen. Wenn die Altersangaben nicht wären, könnte es sich ausschließlich um ein Kommunikationsproblem handeln. Unsere Einstellung zu den „Älteren“ oder „Jüngeren“ führen zu Mustern im Umgang.
In diesen beiden Beispielen sind Bilder im Spiel, die zu Vorurteilen werden können. Durch eine geringe Kommunikationsfähigkeit der einzelnen Personen, kann das Arbeitsklima nicht entspannt werden. Darüber hinaus nimmt weder der ältere noch der jüngere Vorgesetzte die Mitarbeiterin ernst oder behandelt sie wertschätzend.
Dequalifikation, Demotivation oder ein schlechter Gesundheitszustand älterer Mitarbeiter sind nicht allein die Kriterien, an denen sich Unternehmen messen lassen müssen. Das lebenslange Lernen wird in der zukünftigen Arbeitswelt Aufgabe werden und Chancen eröffnen.
Demographie erfordert neue Wege
Für eine demographiefeste Personalpolitik ist es wichtig, dass sich Arbeitgeber damit beschäftigen, wie man Mitarbeiter längerfristig im Unternehmen bindet. Die Anpassung von Arbeitsplätzen, Motivationsinstrumente für ältere Mitarbeiter und das Aufzeigen neuer Perspektiven sind dabei Hauptaufgaben.
Ältere Mitarbeiter haben besondere Stärken und Potenziale. Diese gilt es zu erkennen und zu fördern. Beziehen Unternehmen alle Mitarbeiter bei der Anpassung der Arbeitsplatzstruktur mit ein, können hier insbesondere ältere Mitarbeiter an der Veränderung beteiligt werden und diese leichter akzeptieren.
Die besonderen Hemmnisse zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern gilt es zu thematisieren. Daraus kann sich eine gute Konfliktkultur entwickeln, was die Bereitschaft zur Veränderung bei allen erhöht. Konflikte gehören zum Arbeitsalltag. Je besser wir damit umgehen können, desto leichter finden wir konstruktive Lösungen in Konfliktsituationen.
Ältere Mitarbeiter haben ein anderes Lernverhalten als jüngere. Vor allem durch mehr Wertschätzung kann aus dem veralteten Defizitmodell ein Positivbild des älteren Mitarbeiters werden. Wie können wir diese festgefahrene Meinung vom „älteren“ oder „jüngeren“ Mitarbeiter auflösen? Sind wir bereit, etwas zu ändern? Riskieren wir mal einen Perspektivwechsel?
Wie können Sie nun ältere Mitarbeiter motivieren?
Älter werdende Mitarbeiter entwickeln im Laufe der Jahre bereits spezifische Qualitäten und Stärken. Es ist wichtig, diese Stärken früh zu fördern, nicht erst, wenn die Mitarbeiter schon älter sind.
Altersspezifische Kompetenzen sind zum Beispiel ein großes Erfahrungswissen, größerer Überblick und das Erkennen von Gesamtzusammenhängen. Langjährige Routine bringt ein hohes Maß an Fertigkeit und Sicherheit. Mitarbeiter sind ihrem Arbeitgeber gegenüber loyal und haben eine höhere Problemlösefähigkeit, je länger sie im Betrieb sind. Motivierend wirkt schon, wenn Sie respektvoll anerkennen, welche Leistung diese Mitarbeiter über die Jahre kontinuierlich gebracht haben.
„Gut-Älter-Werden“ ist das Ziel. Über eine altersgerechte Prävention wird noch zu wenig nachgedacht. Es gilt, die Mitarbeiter körperlich und psychisch gesund zu halten. Die Herausforderung besteht darin, mit den Mitarbeitern gemeinsam neue Modelle zu entwickeln, wie zum Beispiel eine Mitgliedschaft in einem Fitnessclub oder Jogastunden als Bonus. Für einige jung Gebliebene genau das Richtige, andere benötigen mehr Förderung der sozialen Einbeziehung, weniger körperliche Arbeit oder mehr Verantwortung.
Betrachten wir noch einmal die Beispiele von vorhin.
Barbara P. beschwert sich über die jüngeren Kolleginnen, weil sie eine gewisse Arbeitsweise gewöhnt ist und Erfahrung hat. Der Vorgesetzte hätte sich beispielsweise für die Hintergründe interessieren können. Auf diese Weise hätte er Barbara P. wertgeschätzt und gleichzeitig herausgefunden, ob an der Arbeitsorganisation etwas geändert werden muss.
Im zweiten Beispiel mit Johanna. „Deutlich älter“ kann heißen, dass Beweglichkeit nachlässt und gegebenenfalls eine neue Brille oder ein Hörgerät angeschafft werden muss. Möglicherweise gibt es hier keinen Grund für eine Beschwerde, sondern die Notwendigkeit zu handeln. Gemeinsam mit allen Beteiligten könnten hier die Gründe für die Konfliktsituation gefunden und bearbeitet werden. Auch hier können Fragen weiterhelfen. Zum Beispiel wäre interessant, warum die Kollegin das Gefühl hat, Johanna putzt nicht und welche tieferen Ursachen dem zugrunde liegen.
Gemischte Teams werden dann zu Hochleistungsteams, wenn für eine gute Teambildung gesorgt wird. Gemeinsame Aktivitäten, wie zum Beispiel einem Abteilungsfrühstück oder regelmäßige kurze Teamtreffen, dienen zum Abbau von Spannungen und Aufbau von Vertrauen. Wenn in einer Situation die Mitarbeiter jeweils einzeln zum Vorgesetzten gehen und sich beschweren, wäre es die Aufgabe des Chefs, dass die an diesem Konflikt Beteiligten ins Gespräch kommen. Wir stehen schon lange diesen Veränderungen am Arbeitsmarkt gegenüber und müssen uns neue Konzepte überlegen. Da wir nicht mehr so viele Fachkräfte haben, ist abzusehen, dass Mitarbeiter länger im Betrieb bleiben. Ältere wie jüngere Mitarbeiter haben unterschiedliche Anforderungen an Arbeitsplatz und Leitung. Wenn wir Mitarbeiter länger im Unternehmen halten wollen, sollten wir uns darauf einstellen und für eine gute Kommunikation zwischen den Generationen sorgen.
Die Autorin
Heike E. M. Jänicke
Gesundheits- und Sozialökonomin
Training & Organisationsentwicklung
Pestalozzistr. 83
10627 Berlin
Entnommen aus MTA Dialog 11/2015
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