Was bislang über Long COVID bekannt ist

Studienauswertung
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Long COVID
Selbst nach über sechs Monaten berichteten noch bis zu 60 Prozent der ehemals stationär behandelten Patientinnen und Patienten unter anderem über Atemwegsprobleme. Dan Race – stock.adobe.com
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Eine Auswertung von 28 Studien zeigt, dass stationär behandelte COVID-19-Patientinnen und -patienten deutlich häufiger von Long COVID betroffen sind als ambulant behandelte Erkrankte. Die Bandbreite der Symptome variiert zudem stark.

Meist ist eine Coronainfektion bei Patientinnen und Patienten, die nicht im Krankenhaus behandelt werden mussten, nach etwa zwei Wochen vorbei. Bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten dauert die akute Krankheitsphase oft deutlich länger. Einige Menschen sind nach einer überstandenen Infektion aber weder geheilt noch belastbar, sie klagen auch nach Monaten über Symptome wie Erschöpfung, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Bluthochdruck, Geruchs- und Geschmacksstörungen oder Atemwegsprobleme, auch Long COVID genannt.



Um zu klären, wie hoch die Prävalenz von Long COVID nach einer bestätigten oder vermuteten SARS-CoV-2-Infektion ist, welche Symptome wie häufig auftreten und einen Überblick über mögliche Risikofaktoren zu geben, hat das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) in Zusammenarbeit mit dem Belgian Health Care Knowledge Center (KCE) die aktuelle Datenlage zu Long COVID analysiert. Mit Stand Mai 2021 konnten 28 geeignete Studien identifiziert werden, um die vorhandene Evidenz des Krankheitsbildes zusammenzufassen.

Vielfältige Symptomatik

„Schwere COVID-19-Verläufe gehen den Studien zufolge häufiger mit Long COVID einher“, sagt Studienleiterin Sarah Wolf vom AIHTA, „der Blick auf mehrere Studien zeigte aber auch, dass der Range der einzelnen Symptome sehr groß ist.“ Demnach traten bei 39 bis 72 Prozent der stationär aufgenommenen COVID-19-Patientinnen und -Patienten innerhalb von ein bis drei Monaten nach der akuten SARS-CoV-2-Infektion Long COVID-Symptome auf; in der Gruppe der ambulant behandelten Patientinnen und Patienten waren es 5 bis 36 Prozent. Selbst nach über sechs Monaten berichteten noch bis zu 60 Prozent der ehemals stationär behandelten Patientinnen und Patienten über Müdigkeit, Erschöpfung, kognitive Beeinträchtigungen und/oder Atemwegsprobleme; in der Kohorte der ambulant behandelten SARS-CoV-2-Fälle traf diese Symptomatik auf 13 bis 25 Prozent zu.

Zu den häufigsten Symptomen unter Long-COVID-Patientinnen und -Patienten zählten bis zu drei Monate nach dem Beginn der akuten SARS-CoV-2-Infektion „Müdigkeit/Erschöpfung“ mit 16 bis 98 Prozent, gefolgt von „Kurzatmigkeit“ (10 bis 93 Prozent) und Kopfschmerzen mit 9 bis 91 Prozent. Über „Husten“ klagten innerhalb der ersten drei Monate nach dem akuten Infekt 11 bis 34 Prozent der Long-COVID-Patientinnen und -patienten, von „Brustschmerzen“ waren zwischen 10 und 86 Prozent betroffen, „kognitive Schwierigkeiten“ hatten je nach Studie zwischen 4 und 89 Prozent der Probandinnen und Probanden.

Potenzielle, aber nicht bestätigte Risikofaktoren

Nach drei bis sechs Monaten zählten „Müdigkeit/Erschöpfung“ (16 bis 78 Prozent) und „kognitive Beeinträchtigungen“ (13 bis 55 Prozent) zu den häufigsten Long-COVID-Symptomen. Darüber hinaus hatten 16 bis 21 Prozent mit „Atemwegsproblemen“ zu kämpfen. Zwölf der insgesamt 28 Studien untersuchten auch mögliche Risikofaktoren. Die Ergebnisse von sechs Studien deuten darauf hin, dass das „weibliche Geschlecht“ die Entstehung von Long COVID möglicherweise begünstigt. „Der Unterschied der Erkrankungshäufigkeit zwischen Männern und Frauen könnte aber auch andere Gründe als das biologische Geschlecht und die damit im Zusammenhang stehende Immunantwort haben. So ist etwa bekannt, dass es geschlechterspezifische Unterschiede im Gesundheitsverhalten gibt, wonach Frauen in Umfragen beispielsweise häufiger einen schlechteren Gesundheitszustand angeben als Männer“, betont Studienleiterin Sarah Wolf.

Ein weiterer potenzieller Risikofaktor für Long COVID, der ebenfalls noch nicht bestätigt werden konnte, ist die hohe Anzahl an Symptomen während der akuten Infektionsphase. Auch ein höheres Alter der Patientinnen und Patienten erhöht nicht per se die Wahrscheinlichkeit, an Long COVID zu erkranken.
Die genauen Ursachen sind nicht bekannt

Die genauen Ursachen sind nicht bekannt

„Die genauen Ursachen und Risikofaktoren, welche zur Entwicklung von Long-COVID-Symptomen führen, sind derzeit nicht bekannt. Aufgrund der großen Vielfalt unterschiedlichster Symptome, ist anzunehmen, dass mehrere Ursachen miteinander verwoben sind“, heißt es im KCE- und AIHTA-Bericht. So haben etwa Patientinnen und Patienten mit schweren COVID-19-Verläufen, die künstlich beatmet werden mussten, ein erhöhtes Risiko, Long-COVID-Symptome zu entwickeln. Bei diesen Patientinnen und Patienten könnten mögliche Organschäden, die beispielsweise durch die intensivmedizinische Behandlung hervorgerufen wurden, die Ursache von Long-COVID sein.

Davon abzugrenzen sind Long-COVID-Symptome, die nicht auf eine Organschädigung zurückzuführen sind. „In den Studien wird jedoch nicht zwischen Long-COVID-Symptomen aufgrund von Organschäden und anderen Ursachen unterschieden“, erklärt Sarah Wolf. Die Studienautorinnen und -autoren betonen deshalb, „dass es für zukünftige Studien eine genauere Charakterisierung und Klassifizierung von Long-COVID Symptomen und deren Ursachen benötigt, um Behandlungsstrategien für unterschiedliche Long-COVID-Patientengruppen effizient zu gestalten.“

Eine einheitliche Definition wird benötigt

Darüber hinaus wird eine einheitliche Definition von Long-COVID benötigt, um die Symptomatik von anderen Erkrankungen (zum Beispiel das „Post-Intensive-Care-Syndrom) oder Ursachen (zum Beispiel psychische Probleme aufgrund der langen Lockdowns/psychische Probleme als Folgewirkung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung) abzugrenzen.

Originalpublikation:

Wolf, S. und Erdös, J. for the Belgian Health Care Knowledge Center (KCE). Epidemiology of long COVID: a premilinary report. Deutsche Kurzfassung zum gleichnamigen KCE-Bericht. AIHTA Projektbericht Nr. 135a; 2021. Wien: Austrian Institute for Health Technology Assessment GmbH.
Link zur Studie: https://eprints.aihta.at/1321/1/HTA-Projektbericht_Nr.135a.pdf

Quelle: AIHTA, 06.08.2021




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