Seltene Erbkrankheiten: Diagnose auf Umwegen

Forscher suchen verantwortliche Gene per RNA
sh
DNA
Beispielbild Genforschung YinYang/iStock
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.


* Pflichtfeld

Etwa acht Prozent der Weltbevölkerung leiden an einer sogenannten seltenen Erkrankung. Die Ursache ist oft genetisch. Bei gut der Hälfte der Patienten bleibt unklar, welche Stelle im Genom für die Krankheit verantwortlich ist. Ein neues Verfahren soll jetzt helfen, die Trefferchancen bei der Suche zu erhöhen.

Im menschlichen Genom ist eine so gigantische Menge an Informationen gespeichert, dass die krankmachenden Veränderungen nur sehr schwer zu finden sind. Forscher der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München untersuchen jetzt nicht nur die DNA, sondern auch die RNA der betroffenen Patienten. RNA (kurz für Ribonukleinsäure) ist eine Gruppe von Molekülen in er Zelle, die unter anderem Bauanleitungen in der DNA umsetzen. Die Forscher konnten aus dem Aufbau der RNA-Moleküle und ihrer Anzahl Rückschlüsse auf bestimmte Probleme in der DNA ziehen.

Neue Ergebnisse durch einen neuen Ansatz

Das Team aus Medizinern und Informatikern um Holger Prokisch (Gruppenleiter am Institut für Humangenetik der TUM) und Julien Gagneur (Professor für computergestützte Biologie an der TUM) untersuchte Kulturen aus Hautzellen von 48 Patienten mit mitochondrialen Erberkrankungen. Mithilfe neuer Algorithmen konnten die Forscher in zehn Prozent der Fälle das auslösende Gen ermitteln. Bei den restlichen 90 Prozent konnte die Zahl der möglichen Kandidaten auf wenige Gene eingegrenzt werden.

„Ein besonderer Vorteil dieser Methode ist, dass eine Sequenzierung der RNA Fehler zeigt, die bei der Umsetzung des Codes aus der DNA entstehen. Auch wenn in der Bauanleitung für ein Molekül selbst keine Abweichung enthalten ist, können Variationen in den nicht-codierenden Teilen des Genoms beeinflussen, wie dieser Plan umgesetzt wird“, erläutert Daniel Bader, Erstautor der Studie. Wenn man nur die codierenden Teile des Genoms untersucht, werden diese Variationen nicht erfasst. Eine Sequenzierung des gesamten Genoms würde dagegen zwar alle Abweichungen zeigen, aber keine Schlüsse auf ihre Auswirkungen zulassen.

Neuer Standard für Routinemethoden?

Julien Gagneur ist überzeugt: Die RNA-Sequenzierung wird künftig zur Routinemethode werden – neben der Genomanalyse. Um die Ursachen für seltene Krankheiten zu finden, sei es unbedingt notwendig, auch den nicht-codierten Teil des Genoms zu untersuchen. Das könne die neue Methode leisten. Schon seit einigen Jahren können Forscher das gesamte menschliche Genom sequenzieren und verschiedene Datensätze vergleichen. Dabei helfen spezielle Computerprogramme. Bisher liegt die Erfolgsquote bei gerade einmal 50 Prozent – der neue Ansatz bietet da eine deutliche Verbesserung. Das kommt natürlich den Patienten zugute: Um Therapien entwickeln zu können, ist es wichtig zu wissen, welche Gene eine Krankheit auslösen. (Technische Universität München, red)
 

Literatur:

L. S. Kremer, D. M. Bader, C. Mertes, et al.: Genetic diagnosis of Mendelian disorders via RNA sequencing. Nature Communications 8 (2017), DOI: 10.1038/ncomms15824.

www.nature.com/articles/ncomms15824

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige