Schnarchen ist für den Bettpartner belastend. Für den Schnarchenden selbst ist es darüber hinaus oft das Anzeichen einer ernst zu nehmenden Erkrankung: Obstruktive Schlafapnoe (OSA) erhöht das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Wem die gefährlichen, nächtlichen Atemaussetzer den erholsamen Schlaf verderben, der bekommt das zudem oft auch am Tag zu spüren.
Wenn PD Dr. Clemens Heiser von einer „Volkskrankheit“ spricht, ist das nicht übertrieben. „Schlafbezogene Atmungsstörungen gehören zu den häufigsten Erkrankungen in den westlichen Industrieländern“, sagt der Oberarzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und Leiter des Schlaflabors am Klinikum rechts der Isar der TU München. Laut einer Studie aus der Schweiz könnten sogar bis zu 40 Prozent der Männer und 30 Prozent der Frauen von solchen Atmungsstörungen im Schlaf betroffen sein.Lange galt in der Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe die Atemmaske (CPAP-Therapie) als Mittel der Wahl. „Doch viele Patienten, besonders Männer im mittleren Alter, wollen sich nicht für ihr restliches Leben mit einer Schlafmaske arrangieren“, sagt Clemens Heiser. Chirurgische Verfahren gewinnen zuletzt immer mehr an Bedeutung.
Neurostimulationsverfahren sind derzeit groß im Kommen
„Besonders die Neurostimulationsverfahren sind derzeit groß im Kommen“, sagt Heiser. Jetzt ist der Münchner Mediziner gemeinsam mit Prof. Dr. Thomas Verse, Chefarzt der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde am Asklepios Klinikum Harburg (Hamburg) Gastgeber der Jahrestagung der International Surgical Sleep Society, der weltweit bedeutendsten Fachgesellschaft auf dem Gebiet der Chirurgie bei schlafbezogenen Atmungsstörungen. Bis zu 400 Fachärzte erwartet Heiser vom 5. bis 7. April am Klinikum rechts der Isar, um neueste Diagnostik- und Therapieverfahren zu diskutieren.
Clemens Heiser gilt als Experte auf dem Gebiet der Neurostimulation. Das Verfahren, Patienten einen Schrittmacher einzusetzen, welcher den Unterzungennerv während des Schlafens mittels elektrischer Impulse stimuliert und damit die Atemwege in der Nacht offen hält, gilt mittlerweile als eine der wichtigsten chirurgischen Alternativen in der OSA-Therapie. Weltweit wurden bislang 3.000 Patienten erfolgreich damit versorgt, 500 in Deutschland. An 15 Zentren hierzulande werden heute bei entsprechender Indikation die Kosten für den Eingriff von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Derzeit sind in Deutschland und Europa zwei Systeme zugelassen (ImThera, Inspire), ein weiteres (Nyxoah) befindet sich in der klinischen Prüfung. Dabei konnte vor allem Inspire bisher auch mit langfristigen klinischen Ergebnissen überzeugen. Darüber hinaus gebe es zahlreiche weitere wissenschaftliche Ansätze, in Zukunft auch andere Nerven zur Öffnung der Atemwege während des Schlafens mittels Neurostimulation anzusprechen, so Heiser.
Neue diagnostische Möglichkeiten
Auch der Bereich der diagnostischen Möglichkeiten entwickelt sich. Heiser nennt beispielsweise das PAT-Messverfahren (Periphere Arterielle Tonometrie), welches lediglich über einen Fingersensor fast den kompletten Schlaf messen kann: vom Sauerstoffgehalt im Blut über die Herzfrequenz bis hin zur Schnarchintensität und den einzelnen Schlafstadien. Die Technik vermag Patienten unbequeme Nächte im Schlaflabor, hinderliche Brust- und Bauchgurte sowie die nasale Luftstrommessung zu ersparen. Stattdessen erfolgt die Schlafdiagnostik bequem zu Hause. Andererseits werde etwa auch die Schnarchgeräuschanalyse immer weiter vorangetrieben, sodass in Zukunft womöglich mithilfe von Apps der Entstehungsort des Schnarchens analysierbar wird. Technisch möglich ist das zum Teil schon heute.
Schnarchen selbst ist übrigens keine Erkrankung. Aber viele Menschen, die an einer schlafbezogenen Atmungsstörung leiden, schnarchen. Die Prävalenzzahlen für das Schnarchen bei Männern variieren je nach Studie zwischen 30 und 80 Prozent.
Quelle: ISSS, 29.3.2018
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